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Das Dunkle Muster

Das Dunkle Muster

Titel: Das Dunkle Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
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Chicago Tribüne gegriffen. Ob es ihm nun paßte oder nicht: Frigate war in die Sonntagsschule gegangen und hatte sich den Sermon angehört.
    So war er zu zwei unterschiedlichen religiösen Erziehungen gelangt.
    Die eine glaubte an den freien Willen, das Böse, das sich in Illusionen zeigte, und den Geist als einzige Wirklichkeit.
    Die andere glaubte an die Vorherbestimmung. Gott suchte sich ein paar Leute aus, führte sie der ewigen Seligkeit entgegen und überließ die anderen der Hölle. Ob sich das reimte oder der Logik entsprach, kümmerte niemanden. Es gab auch keine Möglichkeit, dies zu verändern. Sobald der göttliche Wille seine Auswahl getroffen hatte, war die Angelegenheit erledigt. Es nützte dann auch nichts mehr, wenn man den Rest seines Lebens mit Gebeten und inbrünstiger Hoffnung zubrachte: wenn der Jüngste Tag vor der Tür stand, hatte man sich auf seinen vorherbestimmten Platz zu begeben. Jene Schäfchen, die Gott aus nur ihm bekannten Gründen seiner Gnade hatte teilhaftig werden lassen, würden dann zu seiner Rechten sitzen. Die Ziegen jedoch, jene Menschen, die er aus unerfindlichen Gründen ablehnte, rutschten dann durch einen vorbereiteten Schacht in das Höllenfeuer hinein, und dann spielte es keine Rolle mehr, ob es sich bei ihnen um Heilige oder Sünder handelte. Als er zwölf Jahre alt gewesen war, waren dann die Alpträume gekommen, in denen Mary Baker Eddy und John Calvin um seine Seele gerauft hatten.
    Es war also nicht verwunderlich gewesen, daß er im Alter von vierzehn Jahren mit beiden Religionen gebrochen hatte. Mit allen Religionen. Dennoch war er ein Ausbund des allerprüdesten Puritanismus geblieben. Keine Anzüglichkeiten kamen über seine Lippen; er war rot geworden, wenn jemand einen schmutzigen Witz erzählte. Der Geruch von Bier und Whisky hatte in ihm Übelkeit erzeugt, und selbst wenn er diese Getränke gemocht hätte, hätte er sie entrüstet zurückgewiesen. Und wäre sich noch den anderen gegenüber moralisch überlegen vorgekommen.
    Seine frühzeitig einsetzende Pubertät war eine Qual gewesen. Wenn man ihn in der siebten Klasse zur Rezitation eines Gedichts aufrief, wurde er rot, weil er das Klopfen seines erigierten Penis’ spürte, der sich beim Anblick der kaum verhüllten Brüste der Lehrerin wie zu einem Fanfarenstoß steil aufrichtete. Niemand schien es zu bemerken, aber jedes Mal, wenn er aufstand, rechnete er damit, daß man ihn in Ungnade fallen lassen würde. Und einmal, als er mit seinen Eltern ins Kino gegangen war, hatte er beim Anblick einer leichtgeschürzten Wandheldin die Hände in den Schoß legen müssen, um die plötzliche Erektion zu verbergen.
    Das Licht der Leinwand mußte seine Sündhaftigkeit offenbaren, dann würden seine Eltern seine Gedanken kennen und aufs äußerste entsetzt sein. Und er würde ihnen nie wieder ins Gesicht sehen können.
    Sein Vater hatte zweimal mit ihm über Sex geredet. Einmal, als er zwölf gewesen war. Anscheinend hatte seine Mutter einen Blutfleck auf seinem Badetuch entdeckt und darüber mit seinem Vater gesprochen. James Frigate, dem die Sache sichtlich peinlich war (sein verlegenes Grinsen offenbarte es), hatte ihn daraufhin gefragt, ob er masturbierte. Peter war daraufhin ebenso entsetzt wie entrüstet gewesen. Er hatte es abgestritten, aber sein Vater hatte sich benommen, als würde er ihm nicht glauben.
    Nachforschungen ergaben jedoch schließlich, daß Peter, wenn er badete, nicht einmal die Vorhaut zurückzog, um sich darunter zu waschen. Er hatte einfach seinen Penis nicht berühren wollen. Weißliche Absonderungen hatten sich darunter festgesetzt. Ob dies eine Blutung hervorgerufen haben mochte, wußte weder er noch sein Vater, aber von nun an sagte man ihm, daß er sich auch dort zu waschen habe, wenn er in die Badewanne stieg. Gleichzeitig schärfte man ihm ein, daß Onanieren unweigerlich zu Gehirnerweichung führe, und wies als Beispiel auf den Dorftrottel von Terre Haute an, einen Jungen, der sogar in aller Öffentlichkeit wichste. Mit Leichenbittermiene machte ihm sein Vater klar, daß aus jedem, der sich einen von der Palme schüttelte, ein sabbernder Idiot würde. Wahrscheinlich hatte sein Vater sogar selbst daran geglaubt. Die meisten Angehörigen seiner Generation vertraten diese blödsinnige Ansicht. Vielleicht verbreitete er diese entsetzlichen Geschichten aber auch nur deswegen, weil man sie seit Gott weiß wie vielen Jahrtausenden gedankenlos weitergab und er seinem Sohn das Fürchten

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