Das Dunkle Netz Der Rache
denn heute Abend?«, fragte Terry.
»Ein Freund aus New York kommt heute Nachmittag. Wir gehen zusammen zu der Feier im neuen Hotel.«
Courtney strahlte. »Ehrlich? Shaun und ich auch! Ich habe mir in Manhattan ein fabelhaftes Kleid gekauft.« Sie senkte die Stimme, ungeachtet der Tatsache, dass nur Clare und Terry zuhörten. »Wir werden am VIP-Tisch sitzen, da wollte ich Eindruck machen.«
Clare lächelte matt. Sie würde ein Kleid tragen, das sie während eines dreitägigen Aufenthalts in Deutschland im Ausverkauf erstanden hatte, während sie darauf wartete, dass die Helikopter ihrer Einheit in eine C-141 verladen und nach Saudi-Arabien geflogen wurden. Es war topaktueller europäischer Designer-Chic – von 1991.
»Einer der Gastgeber des Abends, GWP, bemüht sich heftig um Reid-Gruyn.« Angesichts Clares leerem Blick erklärte sie: »Shauns Firma. Pulpe und Papier. Sie wollen sie unbedingt.« Diese Aussicht ließ Courtney erglühen. »Ich kann es kaum erwarten. Wenn sie kaufen, muss Shaun nie wieder arbeiten. Wir könnten reisen und Spaß haben …« Sie bemerkte Terry McKellans erstaunten Gesichtsausdruck. »Oh, und für gute Zwecke arbeiten, die uns am Herzen liegen. Wie St. Alban’s.«
»Das klingt wunderbar.« Clare bemühte sich, etwas Begeisterung in ihre Stimme zu legen. Nach einer halben Stunde ununterbrochener Aktivitäten ließ die Pause den Hunger und das eisig-klebrige Gefühl mit Macht zurückkehren. Sie hätte schwören können, dass sie einen Hamburger an Courtneys Gesicht vorbeischweben sah.
»Sie sehen erschöpft aus«, meinte Terry. »Erlauben Sie, dass ich Sie zum Pfarrhaus begleite.«
Sie richtete sich auf. »Mir geht’s gut.« Das fehlte ihr gerade noch, dass eines der älteren Mitglieder des Gemeindevorstands glaubte, sie besäße nicht genug Ausdauer, um ein paar Klappstühle aufzustellen.
»Tun Sie mir den Gefallen«, sagte er. »Ich würde gern mit Ihnen über ein paar Gemeindeangelegenheiten reden.«
Überrascht nickte Clare. »Ich schätze, wir sehen uns heute Abend«, verabschiedete sie sich von Courtney.
»Na ja … beim Tanz. Beim Essen sitzen wir am VIP-Tisch, erinnern Sie sich?«
»Hm.« Dieses Lächeln war noch weniger überzeugend als das letzte. Terry McKellan hakte sie unter und watschelte mit ihr zur Hintertür hinaus. »Was für Gemeindeangelegenheiten«, fragte sie, sobald sie außer Hörweite waren.
»Gar keine. Ich wollte nur mit Ihnen allein sprechen, ohne Courtney Reid alles erklären zu müssen.« Sie überquerten den vergilbten Rasen in Richtung Bürgersteig. »Es fällt vermutlich nicht unter die Rubrik ›Wissenswertes‹, aber ich weiß, dass sie gern den Finger am Puls der Gemeinde haben.« Sein großes, volles Gesicht legte sich in ernste Falten. Clare hatte Terry schon vor langer Zeit unter »jovial« in ihr mentales Gemeindeverzeichnis eingetragen, deshalb verunsicherte es sie, ihn so düster zu sehen.
»Was ist denn?«
»Es geht um das, was Courtney Reid eben gesagt hat. Dass ihr Mann verkauft und sich zurückzieht.«
Sie erreichten den Bürgersteig. »Ja«, sagte Clare und gestattete ihm damit, weiterzusprechen.
»Das wird nicht passieren. Gut, eigentlich schon, aber nicht so, wie sie es beschrieben hat.«
Sie gingen an der Hecke entlang, die die Kirche vom Pfarrhaus trennte. »Ähem«, sagte sie. Was hatten die Geschäfte von Courtney Reids Mann mit ihr zu tun? Sie fragte sich, ob die langen Jahre in der Kreditabteilung Terrys Weltsicht verzerrt hatten.
»Soweit es Shaun Reid betrifft, will GWP die feindliche Übernahme. Ich glaube, er wird alles tun, sogar sein Haus, seine Ersparnisse und die Aktien der Familie opfern, um GWP aufzuhalten.« Er schüttelte den Kopf. »Er wird nicht gewinnen. Und wenn er die Kontrolle über das Familienunternehmen verliert, verliert er alles, soweit es ihn betrifft.«
Während Terry redete, waren sie die Einfahrt hinaufgelaufen und standen jetzt vor Clares Küchentür. Sie legte die Hand aufs Geländer und drehte sich zu ihm um. »Und der glückliche Ruhestand und die Reisen und all das?«
»Sind Courtneys Wunschvorstellungen.« Terry seufzte, sein brauner Schnurrbart sträubte sich, was seine Ähnlichkeit mit einem Walross noch verstärkte. »Ich fühle mich ein bisschen … schuldig, weil ich ihm heute ein Darlehen verweigert habe. Die Entscheidung war richtig, aber …«
Sie lächelte. »Sie haben ein gutes Herz, Terry.«
Er errötete. »Das klingt, als wäre ich eine Gestalt aus einem
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