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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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eine Frau im Kofferraum und einen Mann auf dem Gewissen, wünschte er, wie er sich niemals etwas gewünscht hatte, dass er sein Büro an diesem Morgen nicht verlassen hätte.
    Sein Büro. Er zwinkerte. Vor ihm hielt eine rote Ampel den Verkehr an, und er bremste. Sein Büro. Nein, die alte Fabrik. Das ursprüngliche Gebäude, das mittlerweile halb in den Fluss gerutscht war und seit zwanzig Jahren nicht mehr genutzt wurde, außer zur Lagerung von Maschinenteilen, die zu wertvoll für die Müllhalde waren. Sie wurde nie betreten. Die Türen waren abgeschlossen, um Vandalen von Einbruch und Zerstörung abzuhalten. Sie hatte Fenster, aber die gingen zum Millers Kill hinaus, dem Fluss, der der Stadt ihren Namen gegeben hatte. Niemand konnte nah genug herankommen, um über das Flussrauschen und den Wasserfall hinweg, der über den Damm in das Mühlbecken floss, eine einzelne Stimme zu hören.
    Sie war perfekt. Und sie gehörte ihm.
    Zum ersten Mal am schlimmsten Tag seines Lebens grinste Shaun Reid.

14:25 Uhr
    Suzanne Castle schwankte vom Schwesternzimmer, in das man sie vor einigen Minuten zum Telefon gerufen hatte, zurück in den Warteraum. Grau im Gesicht starrte sie ihre Tochter und Clare blicklos an. »Das war Ed. Er ist …« Sie unterbrach sich. »Dein Vater ist verhaftet worden.«
    Bonnie Liddle fuhr in ihrem Stuhl auf. »Was? Verhaftet? Um Himmels willen, weswegen?«
    Suzanne schüttelte den Kopf. »Nicht verhaftet. Tut mir leid. Er sagte, sie würden ihn zur Vernehmung mitnehmen. Das war es. Vernehmung.«
    Clares Magen verkrampfte sich. »Weswegen will man ihn vernehmen, Mrs. Castle?«
    Suzanne wandte sich zu Clare, doch Clare hätte nicht darauf gewettet, dass die ältere Frau sie wahrnahm. »Wegen Eugene van der Hoevens Tod. Ed sagte, er hätte seine Leiche gefunden. Aber die Polizei nimmt ihn zur Vernehmung mit.«
    Bonnie stand auf, legte ihrer Mutter den Arm um die Schultern und drückte sie an sich. »Es ist ein Irrtum, Mom. So muss es sein.«
    »Er bat mich, ihm so rasch wie möglich einen Anwalt zu besorgen. Und zum Polizeirevier zu kommen.« Sie drehte sich zu ihrer Tochter. »Soll ich Woodrow Durkee anrufen?« Suzannes Stimme klang losgelöst, schwebte irgendwo jenseits der Wirklichkeit. »Er hat sich immer um die Sachen gekümmert, die mit Dads Geschäft zusammenhängen.«
    »Ich glaube, wir brauchen einen Strafverteidiger, Mom.«
    Suzanne runzelte die Stirn. »Dein Vater ist kein Verbrecher. Ist er nicht. Ist er nicht.« Sie brach in Tränen aus.
    Bonnie sah Clare an. »Was unternehmen wir denn jetzt wegen des Anwalts? Wie findet man am Samstagnachmittag einen?« Suzanne Castle weinte an der Schulter ihrer Tochter. Bonnie hielt sie fest an sich gedrückt und sprach über ihren Kopf hinweg. »Ich weiß nicht mal, was für Fragen ich stellen muss. Von unserer Familie wurde noch nie jemand verhaftet.« Einen Moment lang entglitten ihr die Gesichtszüge, und hinter der tüchtigen, verantwortungsvollen Frau erkannte Clare flüchtig die verängstigten Augen eines kleinen Mädchens, das sich im Wald verirrt hatte. Dann zwinkerte sie, und das Kind war fort. »Kennen Sie jemanden?«
    Clare zögerte. »Ich glaube nicht, dass ich einen Anwalt für Ihren Dad empfehlen sollte. Das ist eine schwerwiegende Entscheidung.«
    »Wir müssen ihn ja nicht behalten. Im Augenblick brauchen wir nur jemanden, der Dad bei der Vernehmung zur Seite steht. Jemand, der weiß, was zu tun ist, falls Dad … wenn die Polizei sich entschließt, ihn doch zu verhaften. Damit Dad nicht im Gefängnis bleiben muss.«
    Suzanne Castle wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Nein«, stimmte sie mit zittriger Stimme zu. »Er geht nicht ins Gefängnis. Was immer es kosten mag. Wir nehmen eine Hypothek auf das Haus auf, wenn es sein muss.«
    Bonnie beugte sich zu einem der Beistelltische und zog ein paar Papiertücher aus einer bereitstehenden Schachtel. Sie reichte sie ihrer Mutter. »Ich glaube nicht, dass es so weit kommen wird, Mom.«
    Clare stieß einen resignierten Seufzer aus. »Ein Mitglied unseres Gemeindevorstands arbeitet auch als Strafverteidiger. Er heißt Geoffrey Burns. Ich könnte ihn anrufen.«
    »Mrs. Castle?« Ein gut gebauter Mann in OP-Kleidung stand im Eingang des Wartezimmers.
    Suzanne nickte, während sie sich in ein durchnässtes Kleenex schneuzte. »Das ist Dr. Gupta, Beckys Chirurg.« Dr. Gupta kam zu ihnen herüber. Aus der Nähe wirkte er eher wie ein fescher Bollywoodstar, der eine Rolle spielte, als

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