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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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sicheren Ort. Vermutlich ist es unbequem, aber das kann ich nicht ändern.«
    »Sie könnten mich gehen lassen«, sagte sie bitter.
    Shaun ignorierte sie. Er ließ ihren fest verschnürten Körper nach vorn gleiten, bis er sie auf die Schulter hieven konnte. Als er sie an Ort und Stelle wuchtete, hörte er sie wimmern, ein Eingeständnis ihrer Angst, das sie nicht unterdrücken konnte.
    »Ich werde Ihnen nicht weh tun«, versicherte er, wütend, dass sie seine Handlungen ständig falsch verstand, dass sie ihn in diese Position gedrängt hatte, weil sie sich zu glauben weigerte, dass ihr Bruder der Schurke in diesem Stück gewesen war, nicht er.
    Er legte sie in den Kofferraum. Er hatte genug Zeit, ihre vor Angst geweiteten Augen zu bemerken, ehe er den Deckel zuschlug. Er schob die Karre in die Garage, holte seine Jacke – das einzige Kleidungsstück, auf dem sich kein Blut von ihm befand – und ging zurück zum Auto. Seine Beine gaben nach, als er sich hinter das Steuer setzte. Er ließ den Motor an und k.d. lang begann zu singen: »Black Coffee …« Er warf einen Blick auf die Uhr. Er war vor einer Stunde in Haudenosaunee eingetroffen. Eine Stunde. Einen Moment war er fast überzeugt, in der Zeit zurückgereist zu sein. Im Getränkehalter stand seine Wasserflasche. Sein Handy ruhte in der Halterung, und auf dem Beifahrersitz lag sein CD-Player. Als ob nichts geschehen wäre.
    Dann hörte er das Hämmern vom Kofferraum, und als Reaktion darauf pochte sein Arm. Er schlüpfte in seine Jacke, die die meisten Blutspuren verdeckte, und fuhr auf den langen Feldweg. Die Weinflaschen auf dem Rücksitz klirrten, k.d. lang sang davon, um drei Uhr morgens auf und ab zu gehen, und er weinte fast vor Erleichterung, als er auf den asphaltierten Highway abbog.
    Als er auf der Fahrt den Highway entlang in den Rückspiegel blickte, sah er einen brutalen Geländewagen mit einem Fahrradständer, der den Frontgrill verdeckte, in den Weg nach Haudenosaunee einbiegen. Er nahm den Fuß vom Gas und starrte in den Spiegel. Kein Irrtum. Noch jemand war auf dem Weg nach Haudenosaunee. Er hielt den Atem an. Das war der Spielraum, der Erfolg von Versagen trennte. Eine Minute. Vielleicht weniger.
    Er gab Gas. Er wollte weit weg von Haudenosaunee sein, wenn die Bullen eintrafen.

14:00 Uhr
    Russ ließ die Sirene aufheulen, damit jeder im Camp Bescheid wusste, dass die Polizei unterwegs war. Seiner Erfahrung nach fanden beginnende Auseinandersetzungen, sobald ein Polizeiwagen auftauchte, stets ein rasches Ende, es sei denn, zwei Männer hatten bereits angefangen, aufeinander einzuprügeln. Er hoffte, dass der Anblick seines roten Pick-up dieselbe Wirkung haben würde.
    Eds Geländewagen stand mitten in der Einfahrt, nicht ordentlich abgestellt, sondern eher hastig verlassen. Die Fahrertür war offen. Russ parkte hinter dem Wagen seines Freundes und stellte Sirene und Blaulicht ab. Als er vom Sitz glitt, schien das Echo noch nachzuhallen.
    »Ed?«, rief er. »Eugene?« Er ging ein paar Schritte in Richtung der offenen Garage, nahe genug, um zu sehen, dass Eugenes und Millies Autos noch darin standen. Er legte den Kopf in den Nacken und holte tief Luft. »Hier ist Russ Van Alstyne. Ich möchte mit euch reden!«
    Reden, reden, reden, reden, sangen die blauen Hügel.
    Die Haustür schwang auf, und Ed Castle taumelte auf die Veranda. »Jesus Christus«, sagte er. »Gott sei Dank, dass du da bist. Er ist tot. Van der Hoeven. Er ist tot.«
    Russ spürte, wie das Gewicht der Furcht sich auf seine Schultern senkte. Gott, er hasste es. Er war verdammt zu alt, um diese Szene noch einmal zu spielen. Und er mochte Ed Castle. Mochte ihn sehr. »Was ist passiert?«, fragte er dumpf.
    »Ich weiß es nicht.« Ed polterte die Verandastufen hinunter. »Ich bin hergefahren, und er war nicht im Haus. Deshalb habe ich mich umgeschaut, weil ich dachte, er versteckt sich vielleicht, und da habe ich den Pfad entdeckt.«
    »Welchen Pfad?«
    »Komm und sieh’s dir an.« Ed winkte Russ zu der von Hortensien gesäumten Öffnung zwischen Haus und Garage.
    Hinter der niedrigen Steinmauer, die auf Haudenosaunee die Grenze der Zivilisation kennzeichnete, teilte sich der Pfad in drei Richtungen. »Ich bin hier entlanggelaufen, verstehst du.« Er merkte, wie aufgeregt Ed war. »Ich konnte die Stelle sehen, an der die Rettungsmannschaft heute Morgen ihre Strecke markiert hat.« Ed zeigte auf einen Baum am Rand des breiteren mittleren Pfads, auf den ein orangefarbener Streifen

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