Das dunkle Paradies
kannst du mir sogar was über Tom Carsons Tod erzählen und über den von Lou Burke.«
»Darüber weiß ich nichts.«
»Zu schade.«
Jo Jo ging zur hinteren Zellenwand, drehte sich um und kam wieder ans Gitter.
»Was für einen Deal?«
»Kommt darauf an, was du mir zu sagen hast.«
Jo Jo ging wieder zurück zur Wand, drehte sich um, lehnte sich dagegen und starrte Jesse an.
»Also soll ich alles ausplaudern und weiß nicht, was ich dafür bekomme.«
Jesse grinste. »Genau so«, sagte er.
»Keine Chance.«
Jesse wartete ab.
»Sie können mich nicht mal wegen Tammy drankriegen, weil Sie es nicht beweisen können.«
Jesse wartete.
»Falls ich was wissen sollte, würde ich es nicht ausplaudern, solange nicht mehr für mich drin ist.«
»Du brauchst ein bisschen Zeit, um darüber nachzudenken und darüber, wie dein Leben sich in Zukunft gestalten wird. Ich komme bald wieder und dann sehen wir weiter.«
»Ich will wissen, was für mich drin ist.«
Jesse drehte sich um und ließ ihn in dem dämmrigen Licht seiner kleinen Zelle stehen, vor der das Tonbandgerät auf dem Boden neben dem Klappstuhl stand.
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73
Als ihr Mann nach Hause kam, hatte Cissy Hathaway bereits den ersten der üblichen zwei abendlichen Manhattans gemixt. Wie immer ging Hasty ins Wohnzimmer,während sie die Gläser auf einem silbernen Tablett hineintrug, das ihnen jemand zu ihrer Hochzeit geschenkt hatte. Sie stellte das Tablett auf den Wohnzimmertisch. Sie fühlte sich schwach, wie nach einer Krankheit, aber einigermaßen gefestigt und ruhig, nachdem die Sache endlich ans Tageslicht gekommen war. Hasty nahm seinen Drink und trank einen Schluck, ohne auf sie zu warten. Dann zog er ein Polaroid-Foto aus der Innentasche seines Jacketts und warf es auf den Tisch.
»Oh Gott«, sagte sie.
»Das war heute Morgen in meiner Post.«
Sie nickte.
»Erklär mir das bitte.«
Die Stimme ihres Mannes klang dünn und sehr angespannt. Sein Gesicht war bleich und auf seinen Wangen waren einige vertikale Furchen zu erkennen. Seine Hand, in der er den Manhattan hielt, zitterte leicht. Sie spürte, wie ein Schwächeanfall sie übermannte, und fühlte sich, als würde sie in einen Abgrund gezogen. Sie wollte nichts trinken. Ihr Manhattan stand auf dem Tablett direkt vor ihr, in diesem kleinen, wulstigen Glas, und schimmerte bernsteinfarben. Sie schüttelte langsam den Kopf. Sie würde das alles nicht noch mal verkraften.
»Erklärung.« Hasty trank sein Glas aus. »Ich fordere eine Erklärung.«
Sie starrte auf ihre im Schoß gefalteten Hände. Sie kamen ihr fremdartig vor. Ihre Knie sahen ebenfalls seltsam aus, als würden sie gar nicht zu ihr gehören. Das Wohnzimmer hier in dem Haus, in dem sie den größten Teil ihres erwachsenen Lebens verbracht hatte, sahaus wie ein Museum. Nicht ihr eigenes, das von jemand anderem. Warum wurden solche Stühle gebaut? Warum saßen Leute auf solchen Stühlen?
Die Stimme ihres Mannes klang so erstickt, als würde er gewürgt.
»Also? Ich will es wissen.«
»Jo Jo«, flüsterte sie.
Sie sagte es so leise, dass er es nicht verstehen konnte.
Er lehnte sich nach vorn.
»Was?«
»Jo Jo. Er hat die Fotos verschickt. Ich hab es schon der Polizei erzählt.«
»Welcher Polizei?«
»Jesse.«
Sie flüsterte immer noch. Er lehnte sich immer noch nach vorn. Sein Gesicht war blutleer und über seiner Oberlippe hatten sich Schweißperlen gebildet.
»Hat er dich dazu gezwungen?«
»Nein.«
Ihre Stimme war kaum zu vernehmen.
»Du verdammte …«
»Jo Jo hat auch das Mädchen getötet«, flüsterte sie.
»Ich hab’s Jesse erzählt.«
Hasty sagte nichts. Er lehnte sich noch weiter nach vorne, bis er das Gleichgewicht verlor und sich festhalten musste. Er stöhnte. Dann stand er auf und ging zur Zimmerwand und trommelte mit beiden Fäusten dagegen. Er schrie. Dann hörte er auf und drehte sich wieder zu ihr um.
»Du … weißt ja gar nicht …«
Er schüttelte den Kopf. Er suchte nach Worten. Sieschwieg und starrte auf ihre im Schoß gefalteten Hände.
»Mir ist schlecht«, hauchte sie. »Bitte, Hasty, es geht mir nicht gut.«
»Du gottverdammte …«, sagte er, »du gottverdammte …«
Mit dem Handrücken stieß er eine Stehlampe um und trat dagegen, als sie auf dem Boden lag. Dann wandte er sich ab und rannte aus dem Zimmer. Nach einer Weile hörte sie, wie die Hintertür geöffnet wurde, und etwas später,
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