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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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wiederholt der Wachmann.
    »Geh!«, schnauzt der Bürgermeister ihn auf einmal an, und der rothaarige Soldat rennt los, dorthin, wo die Antwort ist. Das Gewehr in der Hand, schreit er unverständliche Worte vor sich hin und rennt zurück zur Antwort , genauso schnell, wie er zuvor vor ihr weggelaufen ist.
    Verblüfft schauen wir ihm dabei zu.
    Als der Bürgermeister bemerkt, dass Todd ihn mit offenem Mund anstarrt, sagt er: »Ja, mein lieber Junge, auch was das angeht, bin ich besser als du.«
    »Ihr habt ihn in den sicheren Tod geschickt«, sage ich.
    »Ich habe ihn nur dazu gebracht, seine Pflicht zu erkennen«, verbessert mich der Bürgermeister. »Nicht mehr und nicht weniger. Aber wie spannend diese Diskussion jetzt auch sein mag, wir werden sie auf später verschieben müssen. Es tut mir leid, aber ich muss Davy bitten, euch beide zu fesseln.«
    »Pa?«, fragt Davy bestürzt.
    »Und danach«, fährt der Bürgermeister fort, »wirst du zu Käpten Hammar reiten und ihm sagen, er soll die Armee schnell und ohne Umschweife hierher zurückführen.« Er lässt seinen Blick zu den Hügeln schweifen, wo die Armee auf weitere Befehle wartet. »Es ist an der Zeit, dass wir es zu einem Ende bringen.«
    »Ich kann ihn nicht fesseln, Pa, es ist doch Todd.«
    Der Bürgermeister blickt ihn nicht einmal an. »Ich habe jetzt genug davon, David. Wenn ich dir einen ausdrücklichen Befehl erteile …«
    Wumm!
    Wir alle blicken nach oben.
    Denn diesmal ist es anders. Es klingt anders. Wir hören ein leises Zischen und dann ein Donnern, das mit jeder Sekunde lauter wird.
    Todd wirft mir einen beunruhigten Blick zu.
    Ich zucke mit den Schultern. »So etwas hab ich noch nie gehört.«
    Das Donnern wird lauter, es breitet sich über den ganzen Abendhimmel aus.
    »Das ist nie im Leben eine Bombe«, sagt Davy.
    Der Bürgermeister schaut mich an. »Viola, gibt es …« Er hält inne, dreht den Kopf.
    Und wir alle merken: Es kommt nicht von Osten.
    »Dort drüben!« Davy zeigt zu den Wasserfällen, wo der Sonnenuntergang den Himmel rot erglühen lässt.
    Der Bürgermeister sieht mich an. »Das ist viel zu laut für eine Leuchtspurbombe.« Seine Miene verfinstert sich. »Haben sie Raketen?« Er baut sich drohend vor mir auf. »Sag mir: Haben sie Raketen?«
    »Weg da!«, brüllt Todd und will sich zwischen uns werfen. »Ich will wissen, was das ist, Viola«, schreit mich der Bürgermeister an. »Und du wirst es mir sagen!«
    »Ich weiß es doch auch nicht«, sage ich.
    Todd sagt drohend: »Wagt es nicht, sie anzufassen …«
    »Es wird immer lauter!«, ruft Davy und hält sich die Ohren zu. Wir drehen uns nach Westen und suchen den Horizont ab. Da ist ein Pünktchen, das immer größer wird, das von der untergehenden Sonne verschluckt wird und wieder auftaucht und immer größer wird, je näher es kommt.
    Und es kommt geradewegs auf die Stadt zu.
    »Viola!«, brüllt der Bürgermeister und schleudert mir seinen Lärm entgegen, aber ich spüre nichts von dem, was Männer dabei spüren.
    »Ich weiß es nicht!«, schreie ich.
    Und dann sagt Davy, der den Punkt keine Sekunde aus den Augen gelassen hat: »Es ist ein Raumschiff.«

41
    Die Stunde des Davy Prentiss
    [TODD]
    Es ist ein Raumschiff. Ein verdammtes Raumschiff.
    »Deine Leute«, sage ich zu Viola.
    Sie schüttelt den Kopf, aber sie meint damit nicht: »Nein, sind sie nicht«, sie schüttelt nur den Kopf, während sie zusieht, wie es über den Wasserfällen auftaucht.
    »Für ein Schiff mit Siedlern ist es zu klein«, sagt Davy.
    »Und es kommt zu früh«, sagt der Bürgermeister und zielt mit seinem Gewehr auf das Raumschiff, als könnte er es aus dieser Entfernung abschießen. »Die Siedlerschiffe sind bestenfalls in zwei Monaten hier.«
    Viola scheint von all dem nichts mitkriegen. Ihr Gesicht leuchtet hoffnungsvoll, und das tut so weh, dass mir das Herz brennt. »Ein Späher«, flüstert sie so leise, dass ich der Einzige bin, der es hören kann. »Ein Späher, der ausgeschickt wurde, um mich zu suchen.«
    Das Schiff steigt langsam über den Scheitel des Wasserfalls und schwebt über den Fluss.
    Es ist ein Erkundungsschiff, genau so eines wie das, mit dem sie abgestürzt ist, damals im Sumpf, in dem ihre Eltern gestorben sind und in dem sie hier vor so vielen Monaten, vor so vielen Ewigkeiten gestrandet ist. Es ist so groß wie ein Haus. Dabei sind die Stummelflügel so klein, man glaubt kaum, dass sie das Schiff in der Luft halten können. Flammen schlagen aus dem Heck, während

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