Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
Gewalttätigkeiten, Beleidigungen und öffentliche Neugier geschützt werden. Vergeltungsmaßnahmen an ihnen auszuüben, ist verboten.«
Die Nazis haben Lynchmorde an alliierten Soldaten nicht nur geduldet, sondern gefördert. Heinrich Himmler, der berüchtigte Reichsführer SS und seit 1943 Innenminister und damit Chef der Polizei, gab Anweisung, dass die deutsche Polizei sich nicht in die Auseinandersetzungen zwischen »deutschen Volksgenossen« und abgeschossenen alliierten Fliegern einzumischen hat. Zuvor hatte schon der mecklenburgische Gauleiter Hildebrandt verlangt, alle britischen Bomberpiloten summarisch hinzurichten. In einem Artikel im »Völkischen Beobachter« vom Mai 1944 schreibt Josef Goebbels, die Reichsregierung sehe sich nicht imstande, die »feindlichen Terrorflieger« vor den Angriffen der Bevölkerung zu schützen, was einem Aufruf zum Lynchmord gleichkommt und von Amtsträgern des Regimes auch so verstanden wird. Zwei Tage später befiehlt Reichsleiter Bormann in einer geheimen Order an alle NS-Gau- und Kreisleiter, dass bei Lynchjustiz an alliierten Fliegern von »polizeilicher und strafrechtlicher Verfolgung der dabei beteiligten Personen« abzusehen sei. Entsprechend reagierte das Oberkommando der Wehrmacht: Generalfeldmarschall Keitel untersagte in einem geheimen Befehl den Schutz von alliiertem Flugpersonal, wenn diese angegriffen wurden. Am 26. 2. 1945 schreibt Albert Hoffmann, der Gauleiter Reichsverteidigungskommissar des Gaues Westfalen-Süd, an alle Landräte, Oberbürgermeister, Polizeiverwalter, NS-Kreisleiter und an die Kreisstabsführer des Deutschen Volkssturms, abgeschossene Piloten seien »grundsätzlich der Volksempörung nicht zu entziehen. Ich erwarte von allen Dienststellen der Partei, dass sie sich nicht als Beschützer dieser Gangstertypen zur Verfügung stellen. Behördliche Dienststellen, die dem gesunden Volksempfinden zuwiderhandeln, werden von mir zur Rechenschaft gezogen«. Der Volkszorn stellt sich bei näherer Betrachtung als ein staatlich geschürtes Massaker heraus.
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Bereits im März 2000 war mir ein Artikel in der Frankfurter Rundschau über die Tuskegee Airmen aufgefallen, den ich so interessant fand, dass ich ihn aufhob. Jörg Michael Dettmer hatte ihn geschrieben und die eingängige Überschrift »Helden in der Luft, Nigger auf der Erde« gefiel mir so gut, dass ich sie an einer Stelle auch Steven Blackmore in den Mund legte. Diesen Artikel zog ich wieder hervor, als ich bereits ein Skizzenbuch unter dem Thema »Absturz« angelegt hatte, in das ich u. a. auch die ersten Entwürfe über den Charakter des Piloten notierte. Hilfreich bei der Recherche war auch der Film »Die Ehre zu fliegen«, in dem Laurence Fishburne (Matrix 1–3) seine erste große Rolle spielt.
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Von großer Hilfe für die Recherchen zu diesem Buch war Peter Huber, der mir wichtige Hinweise gab. Er überließ mir freundlicherweise auch ein Exemplar seines Buches Als der Himmel Feuer spie, eine materialreiche Untersuchung über den Luftkrieg im Kraichgau, Hardt und Buhrain, das er 1996 herausgab. In diesem Buch ist der bemerkenswerte Bericht des englischen Bordschützen Richard Dyson abgedruckt, der mir als Material für die Abschussszene von Steven Blackmore diente.
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Bei den Kapiteln und Passagen, die in Bruchsal spielen, stützte ich mich neben Hubers Buch auf folgende Untersuchungen: Hubert Bläsi, Stadt im Inferno, Bruchsal im Luftkrieg 1939/45, eine Veröffentlichung der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Verlag Regionalkultur 1995, Diesen Augenblick werde ich nicht vergessen ... Die Zerstörung Bruchsals am 1. März 1945 in Augenzeugenberichten, eine Veröffentlichung der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Verlag Regionalkultur 1995. Bruchsal 1945; Stolzenberg, Stecher, Bläsi, Ende und Anfang, Heimatgeschichtliche Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Bruchsal, Bruchsal 1971. Für mich war die Arbeit der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal eine unschätzbare Quelle. Um keine alten Wunden aufzureißen, verlegte ich jedoch die Geschichte in den fiktiven Ort Gündlingen.
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Wenn der Autor schon »Gott spielen« darf und Figuren und Schauplätze mit Leben füllt, dann darf er auch Tote wieder zum Leben erwecken. Junior Wells starb am 15. Januar 1998 nach einem viermonatigen Kampf gegen den Krebs in einem Krankenhaus in Chicago. Falls er vom Blueshimmel hinab mir bei der Arbeit zugesehen hat: Ich hoffe, der Vater, den ich ihm gegeben
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