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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Gelassenheit, die nichts mit der Mühsal des Sisyphus zu schaffen hatte. Dengler mochte diese Aufnahme besonders: Es war ein Live-Konzert in dem Chicagoer Club Buddy Guys Legend. Bald würde er nach Chicago reisen und selbst diesen Club besuchen. Junior sang und spielte, nur begleitet von einer Orgel.
    Denglers Laune stieg.
    Er ging zurück ins Bad und wusch sich das Gesicht. Dann duschte er. Das heiße Wasser weckte ihn endgültig auf. Es war ihm, als sähe er durch den dünnen Wassernebel Christiane nackt neben sich stehen. Er spürte, wie diese Vorstellung ihn erregte. Er hielt die Augen geschlossen und sah Christiane vor sich, die ihn lächelnd ansah. Dann verwandelte sich die Frau in Olga. Dies irritierte ihn, er versuchte, sich Christianes Gesicht zurück ins Gedächtnis zu rufen, aber es gelang ihm nicht. Bald wusste er nicht mehr, wer die Frau gewesen war, die er sich vorgestellt hatte.
    Nachdem er sich abgetrocknet hatte, ging er nackt zurück ins Wohnzimmer. Junior spielte das schnellere »What My Momma Done Told Me«.
    Dengler begann mit seinen morgendlichen Kniebeugen. Hin und wieder sah er zu der Madonnenstatue an der Wand, von deren Holz die blaue Farbe fast vollständig abgeplatzt war. Und er fragte sich, ob Olga noch schlief.
    * * *
    Vom Basta aus ging er hinüber in Brenners Bistro. In der Nacht war wieder Schnee gefallen, Bürgersteige und Straßen strahlten in reinstem Weiß. Nur vor dem Brenners hatte man den Schnee zur Seite geräumt, auf zwei große Haufen. Er bestellte einen doppelten Espresso mit etwas Milch und blätterte in den ausliegenden Tageszeitungen.
    Der amerikanische Präsident besuchte Europa. Noch nie in der europäischen Geschichte gab es einen vergleichbaren Sicherheitsaufwand. In Brüssel schweißten Sicherheitsleute alle Kanaldeckel zu, in Mainz durften sich die Bewohner der Innenstadt nur mit Sonderausweisen aus ihren Häusern bewegen. 30 Millionen Euro gab die Bundesregierung für die Sicherheit eines der meistgehassten Politiker der Welt aus. In Slowenien wurde er tags darauf empfangen, als sei der Messias erschienen. Der Ministerpräsident von Luxemburg, Jean-Claude Junkers, erklärte, wenn Dummheit tödlich wäre, läge Brüssel voller Leichen.
    Dengler sah auf die Uhr. Er musste sich beeilen.
    * * *
    Um elf Uhr wurde Georg Dengler von einer brünetten Sekretärin in das Besucherzimmer des Notars Dillmann in Bruchsal geführt.
    Sie brachte ihm eine Tasse Kaffee und die aktuelle Ausgabe der Badischen Neuesten Nachrichten. Dann ließ sie ihn allein. Er wusste nicht mehr genau, wie lange er gewartet hatte, als sie wieder eintrat und ihn in ein Büro bat.
    Hinter dem Schreibtisch saß ein alter Mann in einem blauen Anzug. Seine linke Hand lag auf der Schreibtischplatte, die rechte in seinem Schoß. Seine Schultern schienen vor seiner Brust zusammenklappen zu wollen, und der große Kopf war zu schwer für den dünn gewordenen Körper. Es strengte ihn an, so dazusitzen, doch seine braunen Augen wirkten wach und interessiert. Sie quollen aus den Augenhöhlen hervor. Vor ihm auf dem Schreibtisch lag eine rote Mappe.
    Mit einer knappen Geste deutete er auf den Besucherstuhl. Dengler setzte sich ihm gegenüber. Der ehemalige Notar musterte ihn interessiert.
    »Sie wühlen in alten Sachen«, sagte Herr Dillmann und blies etwas Staub von der roten Akte.
    »Sie sind Heinz Dillmann, und Sie haben den Vertrag zwischen Volker Sternberg und Kurt Roth beurkundet«, sagte Dengler.
    Der alte Mann nickte.
    »Das Schlosshotel wurde ohne erkennbare Gegenleistung an Kurt Roth übertragen. Wissen Sie, warum?«, fragte Dengler.
    Der alte Notar dachte nach.
    Dengler wartete.
    Nach einer Weile befürchtete er, sein Gegenüber sei in eine Art Trance gefallen, und sah dem Mann in die Augen. Sie standen offen, und die Basedow'sche Krankheit schien sie noch mehr aus den Augenhöhlen herauszudrücken.
    »Erinnern Sie sich an den Vorgang?«, setzte Dengler nach.
    »Es ist lange her«, sagte der alte Mann, »damals war ich sehr jung.«
    »Aber es war doch sicherlich gerade 1947 ungewöhnlich, eine Immobilie zu verschenken. War Volker Sternberg denn ein so freigiebiger Mensch?«
    Der alte Notar verzog das Gesicht, aber wegen der vielen Falten konnte Dengler nicht erkennen, ob es ein schmerzliches oder ein amüsiertes Grinsen war, das sich über das greise Gesicht Dillmanns zog.
    »Ich kannte die Motive meiner Kunden nicht immer«, sagte Dillmann, »und in diesem speziellen Fall ... Es ist einfach zu lange

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