Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
mal meinen Schmuck ausführen.«
Sie trug ein blitzendes Kollier über ihrem üppigen Dekolleté. Die Steine lagen in vier Halbkreisen angeordnet über künstlich gebräunter, bereits faltig gewordener Haut. Die Armreifen waren im gleichen Stil gearbeitet. An ihren Händen loderten Diamanten an mehreren Ringen.
Nach einer Weile kam Dengler zu der Einsicht, dass man die Frauen in zwei Kategorien unterteilen konnte: Die älteren Frauen, braun gebrannt, zeigten viel Haut und trugen Vermögen an Schmuck und Stoff. Einige von ihnen hatten sich sogar Steine in die durchsichtigen Absätze ihrer hochhackigen Schuhe einmontieren lassen. Die zweite Kategorie: Das waren junge Frauen, meist in Begleitung älterer Herren in dunkelblauen Anzügen und blauen Hemden oder Smokings. Auch sie wirkten auf bemerkenswerte Weise gleich: groß gewachsen, schlank, aber mit üppigen Oberweiten, blond, die Haare hoch gebunden, kurze, teure Röckchen. Das »kleine Schwarze« als Uniform, dachte Dengler. Sie waren nicht mit Schmuck behängt wie die älteren Frauen, sondern trugen meist nur ein oder zwei wertvolle Stücke um Hals oder Handgelenk, selten Ringe, und sie wirkten, als kämen sie auf Bestellung alle von der gleichen Begleitagentur.
Kurz nach halb neun, so schätzte Dengler, waren etwa 200 Personen eingetroffen. Sie versammelten sich alle vor dem Pool. Die Gastgeberin hielt eine Ansprache, und ihr Mann stand, ein Champagnerglas in der Hand haltend, neben ihr. Kaum hatte sie ihre Rede beendet, erschien eine Kolonne von weiß befrackten Dienern und stellte weiße Stehtische auf den Rasen.
»Das Büfett ist eröffnet«, verkündete ihr Mann und trank sein Champagnerglas aus.
Dengler und Klein patrouillierten am Rand der Gesellschaft entlang.
»Wo ist Olga?«, fragte Georg Dengler, aber Martin Klein zuckte nur mit den Schultern.
Sie gingen hinüber zum Pool.
Es war ein King-Size-Pool, von innen erleuchtet. Obwohl es draußen schneite, war es unter der Überdachung dank zahlloser Heizstrahler so warm, dass man den Pool sofort hätte benutzen können.
Auf der Längsseite des Pools war ein Graben ausgehoben worden, einen halben Meter tief und einen Meter breit. Der Graben war mit einer blauen Plane ausgebettet und wurde ebenfalls von innen beleuchtet.
Das Wasser in diesem Graben muss Meerwasser sein, dachte Dengler, der nun davor stand, denn er sah kleine Rochen, einige Tintenfische und Makrelen. Zwei Doraden schwammen träge dahin, und einige Seeforellen schossen pfeilschnell an den Leuchten entlang, Hummer mit abgebundenen Scheren schienen sich ihrem Schicksal bereits ergeben zu haben, und Scharen von Langusten wedelten mit ihren überlangen Fühlern.
Dengler und Klein standen vor dem Graben und staunten über das Meeresgetier.
»Guten Abend, meine Herren, ich bin Fotis Timmitiotis, einer der Grillmeister. Was darf es für Sie sein?«
Dengler und Klein begriffen nicht, was der Mann wollte. »Suchen Sie sich etwas aus«, sagte er.
Jetzt bemerkte Dengler, der Mann trug in der linken Hand einen Kescher.
»Suchen Sie sich etwas aus«, ermunterte sie der Mann, »ich fange es für Sie und bereite es zu.«
Er deutete auf einige große offene Feuer, die in der Nähe aufgebaut waren. Dort wendeten bereits drei weitere Grillmeister Fische im Feuer.
»Danke, danke. Vielleicht später«, sagte Klein und wandte sich an Dengler: »Ich weiß, ich weiß, wir sind im Dienst.« Er ging weiter.
Dengler folgte ihm.
Die kubanische Band setzte ein. Sie spielten Lieder vom Buena Vista Social Club. Sie spielten sie so gut, dass Dengler für einen Augenblick dachte, es wären die berühmten Künstler selbst. Die meisten Gäste schienen die Melodien zu kennen, denn hier und da wippte jemand mit dem Fuß. Eine Frau wiegte sich in der Hüfte.
Auch Klein schnalzte mit den Fingern. Dengler sah ihn ernst an, und Klein hörte sofort mit dem Schnippsen auf. Dann lachten sie beide.
Heerscharen von Kellnern in weißen Jacken liefen umher und servierten das Essen. Wer nicht selbst zum Büfett gehen wollte, den fragten die Kellner nach seinen Wünschen. »Wir machen ein ernstes Gesicht und gehen zwischen den Tischen umher«, sagte Klein und setzte eine Sonnenbrille auf.
»Sehe ich einigermaßen cool aus?«, fragte er Dengler. »Harrison Ford würde vor Neid erblassen, wenn er dich sehen würde.«
An einem Tisch führte ein dicker Mann in einem weißen Smoking das große Wort.
»Meine Klinik ist die größte in ganz Deutschland«, sagte er in hohem und
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