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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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fliegen könnten. Immer wieder war von so genannten wissenschaftlichen Gutachten der besten Professoren des Landes die Rede, Gutachten von weißen Professoren natürlich: Sie schrieben, den Schwarzen fehle es an Gehirnmenge, ihre Kapillargefäße seien zu eng, alles fehle ihnen, um ein kompliziertes Fluggerät zu steuern und dabei noch einen Luftkampf zu bestehen.
    Er schaffte es, wie die meisten der anderen Kadetten. Dann aber weigerte sich die Generalität, die schwarzen Flieger einzusetzen. Diese hingen auf dem Stützpunkt herum, absolvierten ihre Flugstunden, aber niemand schien daran zu denken, ihnen die Chance zu geben, ihre Fähigkeiten im Einsatz zu erproben.
    Bis zu dem Tag, an dem die Wagenkolonne aus Washington eintraf.
    Die weißen Offiziere hatten den ganzen Standort antreten lassen, als die alte Lady aus dem schwarzen Cadillac ausstieg. Es dauerte eine Weile bis Blackmore klar wurde, wer Tuskegee besuchte – Eleanor Roosevelt, die Frau des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie ließ sich die Einrichtungen erklären und wollte dann eine Runde über den Flugplatz fliegen. Der Kommandeur wies ihr einen der weißen Ausbilder als Piloten zu, aber sie deutete auf Blackmore, der in der vordersten Reihe der Kadetten angetreten war.
    »Kann ich nicht mit ihm fliegen?«, fragte sie.
    Schweigen bei den Offizieren.
    »Haben Sie die jungen Kadetten nicht ausreichend genug ausgebildet?«, fragte die Lady.
    Und so flog er mit der Gattin des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika drei große Runden über den Flugplatz und legte die beste Landung seiner Karriere hin.
    Vier Wochen später wurden sie nach Übersee verschifft, zunächst nach Afrika, dann nach Italien und ein paar Mustangs nach Toul-Ochey. Er würde für seine drei Abschüsse das Distinguished Flying Cross erhalten, den Tapferkeitsorden der Luftwaffe. Wie Onkel John würde er aussehen, wenn er nach Chicago zurückkäme, behängt mit Orden und Auszeichnungen.
    Dann fiel ihm die Schlägerei im Kasino wieder ein. Er setzte sich auf einen Stein und fühlte sich plötzlich müde: In der Luft sind wir Helden, dachte er, und auf der Erde nichts als Nigger.
    Er stand auf und hörte plötzlich ein Geräusch. Scharrend wie Blech auf Blech. Blackmore erhob sich vorsichtig und versteckte sich hinter dem Stamm einer Buche.

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    22. Dengler parkte am Straßenrand
    Dengler parkte am Straßenrand vor dem Schlosshotel. Auf dem Bürgersteig lag eine dünne Schneedecke.
    »Dies ist das Objekt Ihrer Begierde«, sagte er und stieg aus.
    Robert Sternberg folgte ihm und musterte das Gebäude mit zusammengekniffenen Augenwinkeln.
    »Wir sind hier einmal vorbeigefahren, sonst nie hier gewesen. Auch nicht mit Großvater. Dem hat das schließlich einmal gehört. Aber er hat nie ein Wort darüber verloren.«
    Er schüttelte den Kopf.
    Im Restaurant gab es nur noch einen freien Tisch direkt an der Tür. Sie hängten ihre Mäntel an die Garderobe und setzten sich.
    Das Lokal war gut besucht. An allen Tischen saßen Gäste. In dem offenen Kaminofen drehten sich drei große Rollbraten über der Glut. Die Tochter von Kurt Roth eilte durch den Saal und stellte große Teller mit Fleischscheiben, Kartoffeln und kleinere Teller mit Rettichsalat auf die Tische. Eine ältere Frau, die ihr ähnlich sah, kassierte an einem anderen Tisch. Hinter der Theke stand Kurt Roth und zapfte Bier. Der alte Mann mit der Schiebermütze saß an seinem runden Tisch neben der Tür und hatte wieder eine Flasche Bier in einem Wärmebad vor sich stehen.
    Eine familiäre Stimmung herrschte in dem Lokal, die entspannte Atmosphäre eines gemeinsamen Essens unter Freunden. Dengler fühlte sich erinnert an den morgendlichen Betrieb im Frühstücksraum der Pension seiner Mutter, den er bei seinen seltenen Besuchen in Altglashütten erlebt hatte. Auch dort saßen morgens einander fremde Menschen fröhlich beisammen, schmierten sich Brötchen und Brote für die bevorstehende Wanderung, tranken Kaffee oder Tee, blätterten in ihren Wanderkarten und planten ihre Routen. Essen und Trinken hält nicht nur Leib und Seele zusammen, sagte seine Mutter immer, es bringt auch die Leute zusammen. Eine gute Suppe hätte schon manchen Krieg verhindern können.
    Sternberg blätterte in der Speisekarte.
    »Sie haben hier eine Spezialität aus Idar-Oberstein«, sagte er, »Spießbraten. Direkt über dem Feuer gebraten. Nicht mal teuer. Wird mit Rettichsalat serviert.«
    Unschlüssig legte er die

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