Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
Diese nahmen verschiedene Blätter, mischten und zerkleinerten sie und wickelten sie in ein bereitliegendes Deckblatt. Den letzten Schliff gaben sie der Zigarre, indem sie sie mehrmals auf ihrem Oberschenkel rollten. Eine der beiden trug einen durchsichtigen Slip, und jedes Mal, wenn sie mit der rechten Hand eine Zigarre auf der Innenseite ihres Schenkels rollte, konnten die Umstehenden ihre kurz geschnittenen Schamhaare sehen. Und jedes Mal kommentierten die umstehenden Männer diesen Vorgang mit einem Raunen.
Die Kellner trugen das Essen fort, und die Band spielte lauter. Trotzdem tanzte niemand.
Die Gäste standen zusammen und redeten, aber sonst herrschte nur Öde, und Dengler langweilte sich. Er drehte seine Runden und schwieg.
Eine Stunde später leerte sich die Party.
Martin Klein gesellte sich zu ihm.
»Meinst du nicht auch«, fragte er, »dass das viele Geld bei den Reichen schlecht angelegt ist?«
Dengler nickte. Der Frau, in deren Wohnung er mit dem Wiesel eingedrungen war, hätte ein Bruchteil davon zu einem sorgenfreien Leben verholfen.
Später stellte die Band ihre Arbeit ein. Aus der Lautsprecheranlage dröhnte Tom Jones' »Sex Bomb«. Niemand nahm davon Notiz. Die Hausherrin legte das gleiche Lied noch einmal auf und drehte sich im Kreis. Sie hatte die Arme erhoben wie eine Flamencotänzerin, drehte den Kopf zur Seite und versuchte auch die stampfenden Schritte dieses Tanzes anzudeuten.
»Wenn du mich fragst: wie ein Teletubbie auf Drogen ...«, knurrte Klein.
Heidrun winkte den anderen restlichen Gästen zu: Tanzen Sie, tanzen Sie doch. Doch nur ein lesbisches Paar kam dazu, und nun drehten sie sich zu dritt im Kreis.
Sie mussten noch zwei Stunden warten, bis der letzte Gast aufbrach: ein sturzbetrunkener Mann mit seiner ebenfalls betrunkenen Frau, die in ein Taxi verfrachtet wurden. Der Fahrer weigerte sich zunächst, diese Gäste zu befördern, doch der Hausherr überzeugte ihn mit einigen Geldscheinen.
Georg nutzte die Situation, um sich von ihm auf dem Formular von Nolte & Partners seine Dienste quittieren zu lassen.
Dann verließen sie die Villa und setzten sich in den Audi.
»Ich bin sicherer denn je, dass ich den ehrlichsten Beruf ausübe, den es gibt«, sagte Olga auf dem Rücksitz. Dengler fuhr los.
»Martin, ich brauche eine Wirtschaftsauskunft. Kennst du jemanden, der sich damit auskennt?«, fragte er nach einer Weile.
Klein gähnte: »Ich stehe noch völlig unter Schock. Aber was willst du denn wissen?«
»Ich brauche Informationen über die wirtschaftliche Situation eines Hotels.«
Klein kratzte sich am Kopf.
»Ich kenne einen Wirtschaftsredakteur«, sagte er, »eines der Blätter, die meine Horoskope drucken. Ist ein netter Kerl. Wahrscheinlich hat der Zugang zu den Schimmelpfeng-Da-tenbanken. Ich kann ihn morgen Abend ins Basta einladen.« Dengler nickte.
Sie bogen auf die B27 ein, und keiner von ihnen sprach mehr ein Wort.
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19. Denglers Wecker klingelte um halb sieben
Denglers Wecker klingelte um halb sieben. Im Traum hatte er eine Fledermaus über einen unendlichen langen Tisch flattern sehen, auf dem sich eine ebenso lange Linie Kokain hinzog. Von Zeit zu Zeit schoss die Fledermaus hinunter und zog im Fliegen eine Prise in das weit geöffnete rechte Nasenloch. Die Gastgeberin mit den rosigen Schultern schaute zu, und ihre Nase glich der eines Schweins, so riesig waren ihre Nasenlöcher vergrößert. Sie applaudierte der Fledermaus, die nun den Graben mit dem Salzwasser entlangflog. Von weitem sah er Christiane mit einem Glas Champagner stehen, und er wusste sofort, die Fledermaus wollte ihr in den Hals beißen wie ein Vampir. Er rannte los, um sie zu retten, aber er kam nicht von der Stelle.
Der Wecker klingelte immer noch. Er erwachte. Brust und Gesicht nass vom Schweiß.
Er stand mühsam auf und schleppte sich hinüber ins Badezimmer. Mit der linken Hand hielt er sich am Rand des Waschbeckens fest und betrachtete sich im Spiegel. Er sah sein Gesicht mit den Stoppeln zweier Tage. Seine Augen waren müde und rot. Sein Blick gefiel ihm nicht. Er überlegte, woran es lag, und dann bemerkte er, dass das Weiß der Augen mit kleinen roten Äderchen durchzogen war.
Junge, du bist völlig hinüber.
Er ging ins Wohnzimmer und legte eine Junior-Wells-CD ein.
Help me,
I can't all do by myself
Juniors minimalistische Mundharmonika kletterte die Tonleiter hinauf, ließ sich fallen, kletterte erneut, fiel, begann von vorne und dies alles mit einer heiteren
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