Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
mich nicht?«
»Das habe ich schon beim ersten Mal nicht getan.«
»Der Arme. Er hat es schwer mit seiner untreuen Ehefrau.«
Sie trat zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Der Geruch eines süßen Parfüms stieg ihm in die Nase.
»Danke. Vielen Dank.« Sie drehte sich um und lief ihrer Kollegin nach.
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54. Steven Blackmore saß gefesselt im Spritzenhaus
Steven Blackmore saß gefesselt im Spritzenhaus. Seine Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden. Ein weiteres Seil band ihn an ein Holzgitter, das die gesamte hintere Wand des Schuppens bedeckte. In dem Holzgitter hingen an großen Haken Löscheimer, alte Feuerwehrmäntel und einige Ersatzspritzen. Feuerwehrwagen sah Blackmore nicht. Wahrscheinlich waren sie in Bruchsal und löschten die Flammen, die die US Air Force gelegt hatte.
Ein Arzt hatte ihm wortlos das Bein verbunden. Außer ihm und den beiden Buben hatte er keinen Deutschen mehr gesehen.
Er rieb vorsichtig das Seil an die Kante der Holzlatten. Vielleicht würde es ihm gelingen, die Taue mürbe zu schaben. Er zog an den Fesseln und spürte, wie das Holzgitter sich unter dem Druck verbog. Falls er es aus der Wand ziehen konnte, würden die herabfallenden Eimer und Spritzen einen Höllenlärm verursachen. Das war ihm zu riskant.
Das Gündlinger Spritzenhaus lag in einem dämmerigen Halbdunkel. Nur durch das große Dachfenster fiel das Licht gebündelt in die Halle. Genau an der beleuchteten Stelle hatten die Deutschen ihn angebunden.
Langsam und rhythmisch rieb er seine Fesseln an dem Holz.
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55. Am Nachmittag
Am Nachmittag hatte Dengler Glück. Major Hookers Leitung war frei. Er meldete sich nach dem dritten Freizeichen.
Der Mann sprach deutsch mit starkem amerikanischen Akzent. Dengler erklärte ihm, wer er sei.
»Ich suche nach einem abgestürzten amerikanischen Piloten«, sagte er.
Major Hooker lachte laut.
»Das ist gut. Das Gleiche mache ich den ganzen Tag auch.
Wie heißt Ihr Mann?«
»Steven Blackmore.«
»Vermisst seit dem 1. März 1945. Abgeschossen bei dem Angriff auf den Verladebahnhof von Bruchsal.« Hookers Stimme klang, als ob er einem Vorgesetzten Bericht erstattete.
»Sie kennen den Fall?«
»Ja, natürlich. Den Fall kenne ich.«
»Können Sie mir mehr darüber erzählen?«
»Am besten kommen Sie mich besuchen.«
»Morgen?«
»Fine.«
* * *
Die Amerikaner hatten zwar große Teile ihrer Truppen aus Deutschland abgezogen, doch den Flughafen Ramstein bei Kaiserslautern behielten sie und nutzten ihn als strategische Basis im Krieg gegen den Irak. Auch den Truppenübungsplatz Baumholder, nur wenige Kilometer entfernt, gaben sie nicht auf. Um Ramstein herum gruppierten sich verschiedene Einrichtungen der US Army, dazu zählte auch die Dienststelle der US Army Memorial Affairs Activities, die in einem schlanken zweistöckigen Gebäude in einem parkähnlichen Viertel am Rande von Landstuhl untergebracht war. Major Hooker hatte Dengler per Mail eine präzise Anfahrtsskizze geschickt. Der Straßenname lautete George Washington Avenue. Georg Dengler war mit dem Zug nach Kaiserslautern gefahren und hatte sich dort ein Taxi genommen. Der Fahrer hielt auf dem Parkplatz vor dem Haus. Georg Dengler zahlte und stieg aus.
Im Vorzimmer des Büros saß eine junge Frau, die Dengler auf zwanzig schätzte. Sie fragte ihn im Pfälzer Dialekt nach seinem Wunsch und führte ihn in das Büro des Majors.
Hooker trug Uniform, die sich um einen erstaunlich dicken Körper spannte. Er saß hinter einem mit Papieren überladenen Schreibtisch und telefonierte. Er winkte Dengler herein und deutete auf einen Stuhl, der ebenfalls mit Papieren übersät war. Mit einer hektischen Handbewegung forderte er Dengler auf, die Papiere fortzuräumen und sich zu setzen. Vorsichtig nahm Georg Dengler mehrere DIN-A-4-Seiten, Faxe und Ausdrucke von E-Mails, bildete ordentlich einen Stapel und legte diesen sorgfältig auf den Schreibtisch.
Als der Major den Hörer auf die Gabel geworfen hatte, sprang er auf, eilte um den Schreibtisch herum und streckte Dengler die Hand entgegen. Dengler nahm sie, und der Major schüttelte sie, als seien sie zwei Freunde, die sich schon lange nicht mehr gesehen hatten.
»Sie wollen also meinen Job machen«, sagte der Major.
Dengler lachte.
»No, ich suche nur nach einem Vermissten.«
»Sie werden nichts finden«, sagte Hooker und ließ sich auf den Holzstuhl hinter seinem Schreibtisch fallen. Der Stuhl knirschte.
»Ich habe den Auftrag seines
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