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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Sohnes, der zudem ein Freund von mir ist«, sagte Dengler.
    »Steven Blackmore, sagten Sie am Telefon?«, rief Hooker.
    Dengler nickte.
    Hooker sprang auf, stürmte zu einem Büroschrank und ließ eine Rolltüre mit lautem Knall bis zum Anschlag hochsausen. Er stemmte seine Fäuste in die Taille und studierte die Beschriftungen der unzähligen Aktenordner.
    »Hier haben wir ihn«, rief er und zog einen schmalen Ordner aus dem Schrank.
    Er blätterte in den abgehefteten Papieren, lief mit schnellen Schritten zurück an seinen Schreibtisch und ließ sich erneut in den Stuhl fallen, der sich unter seinem Gewicht duckte wie ein überladener Esel. Dann warf er den aufgeschlagenen Ordner mit einer schnellen Bewegung über den Tisch. Dengler nahm ihn in die Hand.
    Ein großes Foto. Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme. Ein Porträt. Ein junger Schwarzer mit Uniformmütze blickte ernst in die Kamera. Die breiten Lippen deuteten ein Lächeln an. Aber die Augen sahen ernst und würdevoll in die Kamera.
    Wie ein Jugendbild von Junior.
    Dengler beobachtete Major Hooker, der sich zurücklehnte, wogegen der Stuhl sich mit einem drohenden Knirschen wehrte. Der Major sah plötzlich sehr ernst aus.
    »Das ist der Mann, den ich suche«, sagte Dengler.
    »Meine Einheit sucht diesen Kameraden schon uber, ueber, über 60 Jahre lang – sorry, an das ›ü‹ in eurer Sprache gewohne ich mich nie.«
    »Gewöhne, es heißt gewöhne und nicht gewohne.«
    »Yes«, lachte Hooker, »und an das ›ö‹ gewohne ich mich auch nicht.«
    Er stand auf, und der Stuhl federte erleichtert nach oben. Hooker kam dann um den Schreibtisch herum und setzte sich mit einer Hinterbacke auf die Tischkante.
    »Sehen Sie«, sagte er und nahm den Ordner in die Hand, »das sind die Kopien der Einsatzbefehle der 379th, der 303rd und der 384th Bomb Group.«
    Er zeigte Georg Dengler eine Karte, in der die Route dreier Bomberstaffeln in unterschiedlichen Linien aufgezeichnet waren.
    »Hier«, Hookers fleischiger Finger verfolgte die Linie auf der Zeichnung, »die Flugzeuge kommen von Straßburg, 118 insgesamt. Hier kamen einige Mustangs zum Schutz dazu, darunter auch die Maschine von Leutnant Blackmore. From Suden nach Norden flogen ..«
    »Süden, es heißt Süden.«
    »Yes, immer ›ü‹. I hate ›ü‹ – from Süden nach Norden. Die Flugzeuge machen dann einen Bogen, aber wir wissen: Blackmore flog weiter geradeaus nach Norden, weil dort auf der Bahnlinie ein Zug mit Flugabwehrkanonen war, die unsere Bomber beschossen. Das haben die Besatzungen gesehen. Hier bekam er einen Treffer und stieg aus. Seine Mustang flog noch weiter und knallte in einen Wald.«
    Sein Finger deutete auf eine Stelle in der Karte. Er blätterte die Seiten des Ordners um und zeigte Dengler einige Schwarz-Weiß-Fotografien.
    »Das ist die Absturzstelle und die Reste der Mustang.«
    Ein Bild zeigte den Rumpf der Maschine, die sich bis zum Cockpit in das Erdreich gerammt hatte. Auf dem nächsten Foto sah Dengler einen bizarr verbogenen Propeller. Ein anderes Bild zeigte eine Luftaufnahme der Absturzstelle aus geringer Flughöhe. Dengler konnte die Schneise gut erkennen, die die abstürzende Mustang in dem Wald geschlagen hatte.
    »Diese Fotos wurden von einer Lightning ein paar Stunden nach dem Absturz aufgenommen«, sagte Hooker.
    Er nahm Dengler den Ordner wieder aus der Hand und blätterte darin.
    »Das sind die Kopien der Flugbefehle, hier ist der Flugplan.«
    Er reichte Dengler den Ordner zurück.
    Georg Dengler beugte sich über die Karte. »Track Chart – Date 1 March 1945«, las er. Mit akkuraten Linien und Pfeilen waren auf der Flugwegkarte die Wege der drei Bombergruppen aufgezeichnet. Der Start in Südengland, der Sammelpunkt in Küstennähe, der Weg von England über den Kanal, der Rendezvous-Punkt südlich von Straßburg, wo Juniors Vater zu dem Verband stieß. Dann löste sich der Bomberstrom mehr und mehr in einzelne Combat Wings auf, die ihre jeweiligen Ziele ansteuerten. Nach dem Angriff auf Bruchsal waren die drei Bombergruppen ostwärts geschwenkt, waren eine Schleife geflogen und dann auf dem geplanten Weg zurück zu den Flugplätzen nach Südengland gelangt. Kein Bomber war bei dem Einsatz verloren gegangen.
    Hooker saß immer noch auf dem Schreibtisch vor Georg Dengler. Er nahm ihm nun erneut den Ordner aus der Hand und blätterte selbst darin. Jedes Mal, wenn er eine Seite umschlug, befreite sich eine kleine Staubwolke aus der Akte und floh ins Freie.
    »Hier«, sagte Hooker

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