Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
kalt. »Bitte denk über unser Angebot nach, Gore. Es wurde im Geiste der Aussöhnung unterbreitet. Wenn irgendjemand der Vater von ANA genannt werden kann, dann bist schließlich du es. Vielleicht ist es an der Zeit, dein Kind loszulassen und ihm zuzugestehen, seinen eigenen Weg zu gehen.« Sie watete zurück in die Wellen und tauchte ab.
Gore starrte auf die Brandung, in der sie verschwand, verfolgte mit seinem Geist ihren Rückzug aus seiner persönlichen Realität. »Fick dich«, grunzte er.
Als er den Sandpfad entlangschritt, der sich um die Landzunge schlängelte, saß Nelson bereits zu Füßen des Turms am Swimmingpool. Wie üblich stand auf dem Tisch neben ihm ein großer Drink.
»Hast du alles mitbekommen?«, fragte Gore, während er sich hinsetzte.
»Hab ich. Ich denke nur nicht, dass ich viel davon glaube. Zuerst einmal war sie ziemlich vorschnell mit ihrer Annahme, dass die Pilgerschiffe tatsächlich hineinkommen. Was wirst du nun tun?«
»Ich wusste, dass sie’s auf die Fähigkeiten der Leerensubstanz abgesehen haben, das ist eine logische Entwicklung auf dem Weg zu einer postphysischen Existenz. Aber ihre Methoden, sie sich zu beschaffen, bereiten mir Sorgen. Ich kaufe ihr die verdammte Geschichte nicht ab, dass ein Haufen selbstloser Akademiker nur deshalb mit auf Pilgerfahrt geht, um zu untersuchen, wie dieses Ding funktioniert. Wir werden wohl ein bisschen mehr graben müssen, um in Erfahrung zu bringen, was sie da draußen wirklich vorhaben. Finde alles, was du kannst, über diesen Typen heraus, den Marius auf Arevalo besucht hat, diesen Physiker: Troblum.«
»Geht klar. Und was, wenn ANA am Ende imstande sein wird, zu postphysischem Zustand aufzusteigen?«
»Ich hab immer gewusst, dass es darauf hinauslaufen würde. Das war ja der eigentliche Sinn der ganzen Sache – na ja, das und uns in die Lage zu versetzen, das Commonwealth zu verteidigen.«
»Wirst du versuchen, sie aufzuhalten?«
»Natürlich nicht. Ich will nur nicht, dass dabei die natürliche Entwicklung über Bord geht. Und genau das wird, wenn wir nicht aufpassen, passieren.«
Es war schon fast Abend, als Aarons Regravkapsel auf dem Feld der St-Mary-Klinik, direkt vor dem Rezeptionstrakt, landete. Er stieg aus und schaute sich um. Die Klinik war in vier Quadratmeilen dichten Wald hineingesetzt worden, mit einzelnen Gebäuden, die sich in der Landschaft zerstreuten. Hohe Gistrelbäume bildeten eine dunkle Mauer um das Feld, versperrten mit ihren langen, zarten Äste jeden Blick auf die Villen, medizinischen Trakts, Kureinrichtungen und Freizeitkuppeln, von denen er wusste, dass sie da draußen irgendwo waren. Das einzige Licht kam aus den hohen Fenstern des dreißig Meter entfernten Aufnahmegebäudes, matt durch die dunklen Bäume schimmernd.
Corrie-Lyn trat neben ihn, glättete ihre Bluse. Sie verzog das Gesicht. »Mann, wie ich diesen tristen Dschungel-mit-wilden-Kreaturen-Look liebe, auf den sie hier offenbar stehen. Sehr einladend.«
»Vielleicht könnte man sich Ihrer manischen Depressionen annehmen, während wir hier sind.«
»Leck mich.«
»Und ab jetzt immer dran denken, Darling , lächeln!«
Er ergriff ihre Hand und setzte ein breites Lächeln auf. Fast hätte sie sich wieder freigeschüttelt, doch dann besann sie sich und holte missmutig Luft. »Na gut, aber wir sollten besser schnell machen.«
Die Tür der Aufnahme öffnete sich, als sie auf das niedrige Gebäude zugingen. Das Interieur der Rezeptionshalle war vornehm und luxuriös und sah aus wie aus rosarotem und goldenem Marmor gemeißelt. In den Wänden befanden sich grottenähnliche Nischen. Die meisten waren von exklusiven Ladengeschäften in Beschlag genommen worden, als Ausstellungsfläche für ihre teuren Designerklamotten und -produkte.
Ihre persönliche Fachärztin erwartete sie bereits; Ruth Stol, die eindeutig für die Kompetenz der Klinik werben sollte, mit dem Körper einer Teenagergöttin, gehüllt in halb durchsichtige silberne und pinkfarbene Stoffe. Selbst Aaron, der ganz und gar auf seinen Auftrag konzentriert war, nahm sich einen Moment Zeit, sie zu bewundern und diesen Inbegriff von Lebendigkeit, der ihm zur Begrüßung eine makellose Hand entgegenstreckte, anzulächeln. Seine Feldfunktionen registrierten einen diskreten Scan durch das Gebäude-Sicherheitsnetz, den er mühelos ablenkte und irreleitete, indem er den Sensoren das Bild eines leicht übergewichtigen Mannes vorgaukelte. Tatsächlich wurde der zusätzliche Umfang seines
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