Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
dritte Abend, an dem er an dem kleinen Ecktisch saß und sie dabei beobachtete, wie sie drüben an der Theke beeindruckende Mengen an Alkohol in sich hineinschüttete.
Sie war keine hoch gewachsene Frau, obwohl ihre schlanke Erscheinung sie auf den ersten Blick größer erscheinen ließ, als sie war. Ihre elfenbeinfarbene Haut war über und über mit Sommersprossen gesprenkelt, die die höchste Dichte in einem breiten Streifen oberhalb ihrer Augen aufwiesen. Ihr Haar war von dem dunkelsten Rot, das er jemals gesehen hatte. Je nachdem, wie das Licht fiel, changierte es zwischen schimmerndem Schwarz und goldgeflecktem Rotbraun. Es war kurz geschnitten, weshalb es sich, so dicht, wie es war, stark kräuselte. Die Art, wie es ihre anmutigen Gesichtszüge umrahmte, ließ sie wie einen ausgesprochen teuflischen Teenager aussehen. In Wahrheit war sie dreihundertundsiebzig. Er wusste, dass sie keine Higher war, also musste sie über einen ausgezeichneten Advancer-Metabolismus verfügen; was vermutlich erklärte, warum sie jeden bösen Jungen unter den Tisch trinken konnte.
Zum vierten Mal an diesem Abend ging einer der nicht allzu asketischen Gläubigen zu ihr, um sein Glück zu versuchen. Immerhin pflegten die braven Bürger von Makkathran ein sehr aktives Sexualleben. Inigo hatte es vorgemacht. Die Männer, mit denen der Aufreißer hier war, schauten von ihrem Platz am großen Fenster aus grinsend und kichernd zu, wie ihr Kumpel sich auf den leeren Barhocker neben sie setzte. Corrie-Lyn trug nicht ihre Kleriker-Robe, sonst hätte er es niemals gewagt, sich ihr bis auf weniger als zehn Meter zu nähern. Stattdessen trug sie ein einfaches dunkelrotes Kleid, das unter den Armen eingeschnitten war und eine verlockende Menge Haut entblößte – Haut, die es dem Burschen sichtlich angetan zu haben schien. Kommentarlos hörte sich Corrie-Lyn seine Anmache an, nickte kurz, als er sie zu einem Drink einlud, und winkte den Barkeeper herbei.
Aaron wünschte, er könnte einfach hinübergehen und den aufdringlichen Kerl aus dem Weg schaffen. Fast schmerzte es ihn, das mit ansehen zu müssen. Exakt die gleiche Szene hatte sich an den letzten Abenden schon ein paar Mal abgespielt. Der Barkeeper kam mit zwei Schnapsgläsern und einer gekühlten Flasche golden funkelndem Adlier 88Wodka herüber. Auf Vitchan zusammengebraut, hatte er nicht wirklich etwas mit einem originalen Wodka von der Erde zu tun, abgesehen von dem Kick. Dieser hier war durch die Veredelung eines saisonalen Weines, Adlier, entstanden. Dabei kam ein Likör mit achtzig Volumenprozent Alkohol und acht Prozent Tricetholyn, einem starken Rauschmittel, heraus. Der Barkeeper füllte beide Gläser und ließ die Flasche stehen.
Corrie-Lyn hob prostend ihr Glas und trank es in einem Zug leer. Der hoffnungsfrohe Bursche tat es ihr gleich. Er lächelte gequält, als der eiskalte Likör brennend seine Kehle hinabrann, und Corrie-Lyn füllte erneut die Gläser. Abermals erhob sie ihres. Etwas zögerlich folgte der Typ ihrem Beispiel. Und wieder kippte sie ihren Drink auf ex herunter.
Von der Gruppe am Fenster drang Gelächter hinüber. Tapfer trank ihr Kumpel ebenfalls sein Glas aus. Tränen traten ihm in die Augen und sein Brustkorb bebte leicht, als würde er ein Keuchen unterdrücken. Mit mechanischer Präzision schenkte Corrie-Lyn ihnen beiden einen dritten Schnaps ein. Ein weiterer Schluck und der Inhalt ihres Glases war in ihrer Kehle verschwunden. Verärgert winkte der Grünschnabel ab und zog sich unter dem Johlen seiner Zechkumpane wieder zurück. Aaron war wenig beeindruckt; am vergangenen Abend hatte einer der Möchtegern-Freier fünf Gläser geschafft, bevor er schließlich den Schwanz eingekniffen hatte, gedemütigt und geschlagen.
Corrie-Lyn versetzte der Flasche einen Stoß, sodass sie bis zum anderen Thekenende schlitterte, wo der Barkeeper sie mit einer gekonnten Drehung seines Handgelenks auffing und ins Regal zurückstellte. Alsdann wandte sie sich wieder dem großen Bier zu, das sie vor der Unterbrechung getrunken hatte, stützte links und rechts ihres Glases die Ellbogen auf und fuhr fort, ins Leere zu starren.
Während er sie beobachtete, war Aaron sich völlig im Klaren darüber, dass es keineswegs eine Frage raffinierter Verführungskunst sein würde, Corrie-Lyns Vertrauen zu gewinnen. Er hatte nur eine einzige Chance und wenn er die versaute, würden sie Tage damit verlieren, nach einer neuen Möglichkeit zu suchen, den Hebel anzusetzen. Er stand auf
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