Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
was du brauchst, ich hab sowieso nicht viel Gelegenheit, mich aufzudonnern.«
»Danke.«
»Triffst du dich mit einem Typen?«
»Nicht ganz, nein.«
»Okay. Wie sieht’s aus mit Kaffee?«
Araminta lächelte. Der Kaffee, den Martyn am Vorabend in der Küche fabriziert hatte, war grauenhaft gewesen. »Kaffee wär prima, danke.«
Das Frühstück, bei dem sie sich zu fünft um den kleinen Tisch im Wohnzimmer herumdrängten, war ein heilloses Chaos. Die Zwillinge stellten sich quer und brauchten eine halbe Ewigkeit, um ihre Cerealien auszulöffeln. Araminta kaute unterdessen auf ihrem Toast und versuchte, nicht zu lachen, als eine zunehmend gereizte Tandra den Kindern drohend ins Gewissen redete.
Anschließend setzte sie sich auf die Bettkante in Tandras Zimmer und machte sich daran, die Make-up-Scales aufzulegen. Tandra besaß eine erstaunliche Zahl von Kosmetikkoffern der verschiedensten Firmen; einige waren schon häufig benutzt worden, andere dagegen noch völlig unberührt. In etwas mehr als einer halben Stunde hatte Araminta ihre Gesichtszüge verwandelt und aus ihren runden Wangen eine eher knochige Ausführung gemacht. Durch die behutsame Abdunklung des Bereichs unter ihrem Kinn sprang dieses nun hervor und wirkte auch eckiger. Einfache Linsen veränderten ihre Augenfarbe in Tiefblau. Das Haar wurde in annäherndes Rabenschwarz umgesprayt; dann flocht sie es in einer Art und Weise zusammen, wie sie es seit der Highschool nicht mehr getan hatte.
Tandra brachte ihre Kleidung ins Zimmer. »Frisch gewaschen und ausgebessert, besser kriegt’s unser armer alter Bot nicht hin. Ich muss mir unbedingt mal ein besseres Nähprogramm besorgen.« Sie warf die Sachen neben Araminta aufs Bett. »Na, das nenn ich mal einen Unterschied. Ich erkenn dich kaum wieder.«
Araminta bedachte ihre Freundin mit einem strahlenden Lächeln. »Danke.«
»Ich will dich ja nicht beunruhigen«, sagte Tandra und schloss die Tür. »Aber Matthew hat gerade angerufen. Da waren heute Morgen irgendwelche Leute im Nik’s und haben nach dir gefragt. Leute von drei verschiedenen Vereinen.«
»Oh Ozzie.« Die ganze Angst und Panik vom gestrigen Tag brach auf einen Schlag wieder über sie herein.
Tandra setzte sich neben sie. »Ist es schlimm?«
»So schlimm, wie’s nur sein kann. Ich werd sofort gehen. Ich hätte niemals herkommen sollen.«
»Das ist schon in Ordnung, Schätzchen. Kann ein bisschen Aufregung in meinem Leben durchaus vertragen.«
Araminta schüttelte ihren geborgten Morgenmantel ab und schlüpfte in ihre geflickten Hosen. »Aber nicht diese. Hör zu, falls irgendjemand hier auftaucht und nach mir fragt, möchte ich, dass du ihm die ganze Wahrheit erzählst. Alles.«
»Was gibt’s denn da zu erzählen?«
»Dass ich hier war. Streite nichts ab. Halte nichts zurück.«
»Puh … sicher?«
Sie zog ihre Bluse an, nicht ohne erstaunt festzustellen, dass Tandras Waschmittel es tatsächlich geschafft hatte, die Grasflecken am Ellbogen rauszubekommen. »Bin mir niemals sicherer gewesen.«
Nachdem sie ihren Werkzeuggürtel angelegt und die Vliesjacke übergestreift hatte, um ihn zu verdecken, war sie bereit zum Aufbruch.
»Nochmals danke«, sagte sie an der Tür. Martyns unsicheres Grinsen ließ sie sich nur noch beschämter fühlen.
»Pass auf dich auf«, erwiderte Tandra und gab ihr zum Abschied einen Kuss.
Die ersten zwanzig Minuten schritt Araminta zügig aus; sie rannte beinahe, um eine möglichst große Distanz zwischen sich und Tandras Haus zu bringen. Danach, als ihre Bluse schon völlig schweißdurchnässt war, verlangsamte sie ihr Tempo ein wenig und hoffte, dass sich die kosmetischen Membranen nicht von ihren erhitzten Wangen lösten. Die Vliesjacke konnte sie nicht öffnen, um sich Abkühlung zu verschaffen, denn dann hätte jeder ihren Werkzeuggürtel gesehen.
Es war ein langer Weg bis zu ihrem Ziel, einem Büro drüben im Salisbury District, der sich von Tandras Wohnung aus gesehen am anderen Ende der Stadt befand. Die schnellste Route hätte direkt durch die City geführt, doch diesen Weg mied sie, um nicht zu vielen Menschen zu begegnen. Abgesehen davon gab es in der Innenstadt wesentlich mehr Straßensensoren. Also entfernte sie sich in einer langen Kurve vom Fluss und ging dann wieder die Steigung hinunter zu den nördlichen Docks.
Drei Stunden nachdem sie aufgebrochen war, erreichte sie Salisbury. Die Gebäude hier waren fast ausnahmslos gewerblich, nur hier und da füllten Grundstücke mit
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