Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
intensive Stern, der einmal Hanko gewesen war, begann sich innerhalb der ersten Stunde seiner Entstehung wieder zu verkleinern. Sein Hunger auf Masse war unersättlich, schon bald hatte er die Planetenüberreste, die bei der Implosion keine Fluchtgeschwindigkeit erreicht hatten, verschlungen. Rasch fielen massive Bruchstücke seiner ungeheuren Anziehungskraft zum Opfer, flammten auf und zerfielen, während sie den Ereignishorizont passierten. Dann griff seine Anziehungskraft weiter hinaus, fing die erstarrenden Lavafluten ein und zog sie zurück. Danach gab es nur noch dichte Ströme aus Gas und Staub, die sich weit ausgebreitet hatten. Ihr Gezeitenfluss begann sich umzukehren, riss die flüchtigen Strahlungspartikel an sich und zerrte sie das steiler werdende Gravitationsgefälle hinab ins Verderben.
Nur drei Stunden nachdem er heller gestrahlt hatte als sein Hauptstern, war Hanko auf einen winzigen Punkt glühender Asche reduziert, umgeben von strudelnden Schleiern aus lavendelfarbenem Nebel, die sich langsam zusammenzogen.
»Er verschlingt alles um sich herum, um es zu verbrennen«, sagte Aaron. »Und doch wird Entropie als Sieger hervorgehen und das allerletzte Glimmen von Hitze und Licht auslöschen. Danach ist nur noch Finsternis. Wenn dieser Zustand erreicht ist, wird selbst die Ewigkeit aufhören zu existieren, denn ein Augenblick wird wie der andere sein, und das Nichts wird seinen Anspruch auf das Universum geltend machen.« Er wandte sich zu Inigo um. »Kommt Ihnen das bekannt vor?«
»Bis zum Nichts ist es noch weit hin«, erwiderte Inigo. »Nicht einmal die Postphysischen werden dann noch hier sein, um das mitzuerleben. Darüber mach ich mir bestimmt keine Sorgen.«
»Und trotzdem wird Ihre Leere den Prozess beschleunigen. Ohne die Masse dieser Galaxis bewegt sich das Universum deutlich schneller auf das Ende von Zeit und Raum zu.«
»Ihre Auftraggeber wollen, dass ich die Pilgerfahrt aufhalte.«
Aaron zuckte die Achseln. »Ich hab keine Ahnung, was sie wollen. Ich konstatiere nur die Symbolik hier.«
Corrie-Lyn rührte sich. Nach dem St Lisamne Rum hatte sie einige Flaschen Wein, die ein anderes Besatzungsmitglied gehortet hatte, geleert. Dann war da noch der JK-Himbeerwodka. Es ärgerte sie, dass es keinen funktionierenden Kühlschrank gab, der JK sollte nur auf arktische Kälte heruntergekühlt getrunken werden. »Immerhin machen Sie sich Sorgen«, lallte sie. »Das ist schon mal ein Anfang. Ihre Konditionierung zeigt erste Risse. Vielleicht lernen wir den wahren Aaron früher kennen, als Ihren Bossen lieb ist.«
»Sie kennen ihn bereits. Sorry.« Aaron schickte einen Befehl an den Smartcore, und die Lindau ging auf FTL.
»Und? Was haben Sie entschieden?«, fragte Inigo.
»Der Navy ist bekannt, dass ich nach Ihnen gesucht hab, und falls sie noch nicht wissen, dass ich Hanko überlebt habe, werden sie’s bestimmt bald herausfinden. Wir beide werden von denen, die den Hawking m-Sink abgefeuert haben, gesucht. Hätte ich nur die Artful Dodger , das gäbe mir einen bedeutenden Vorsprung, aber das ist wohl vorbei. Wie auch immer, auf Pulap wartet ein Ersatzschiff auf mich. Die schlechte Nachricht ist, dass, sobald wir irgendwo mit der Lindau auftauchen, Hinz und Kunz im Bilde sein werden. Ich kann nicht riskieren, Sie einer möglichen Gefangennahme oder Eliminierung auszusetzen.«
»Dann stehen Sie jetzt aber dumm da«, kicherte Corrie-Lyn. »So eine Schande.«
»Nicht ganz. Es gibt etwas, das eine ganze Weile gebraucht hat, um zum Vorschein zu kommen, eine wahrhaft letzte Zuflucht.«
»Die da wäre?«, fragte Inigo.
»Ich bring Sie zum Spike.«
»Dem Alien-Makrohabitat? Aber das ist siebentausend Lichtjahre weit weg. Dafür brauchen wir Wochen. Was, zum Honious, ist denn dort?«
Aaron legte die Stirn in Falten, als würde er irgendeiner fernen Stimme lauschen. Sogar er war überrascht von dem, was er sagte. »Ozzie. Ozzie lebt im Spike.«
Mit leichtem Bedauern sah Paula zu, wie sich schützend das gepolsterte Plyplastik um ihr Klavier schloss. Es hatte keinen Sinn, das Spielen zu versuchen. Nach der Lagebesprechung mit Kazimir und ANA war sie einfach nicht dazu imstande, sich in Musik zu verlieren, so wie sie es sonst immer tat. Kazimirs Bedenken hinsichtlich der Motive der Accelerators beunruhigten sie. Logischerweise traf die Grobdarstellung, mit der sie die Sache zusammengefasst hatte, den Nagel auf den Kopf. Die Accelerators brauchten die Abschreckungsflotte, um die Raiel aus dem
Weitere Kostenlose Bücher