Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
hat eigene Entscheidungen getroffen, wenn auch extrem dumme. Nein, ich hasse Vampire nicht. Ich traue ihnen bloß nicht. Man kann sich noch so gut absichern, es sind Raubtiere, und sie können die Kontrolle verlieren. Und wenn ein Vamp die Kontrolle verliert, dann gute Nacht.«
»Siehst du Grieve im Augenblick im selben Licht?«
Ich schnitt eine Grimasse. »Ich liebe ihn, aber kann ich ihm vertrauen? Ich weiß es nicht. Er ist jetzt am Hof des Feindes. Und der zerfetzt seine Opfer und nährt sich von Blut und Lebensenergie. Der Indigo-Hof ist weit schlimmer als die Blutfürsten. Mit Vampiren kann man bis zu einem gewissen Grad wenigstens reden, und sie lassen sich auf Abmachungen ein. Ich glaube kaum, dass die Indigo-Feen so zivilisiert drauf sind.« Ich hielt den roten, geflochtenen Ledergürtel hoch, den ich gekauft hatte. »Was hältst du davon? Ich weiß immer noch nicht, was ich für Schuhe tragen soll.«
»Der Gürtel ist toll. Warte.« Sie wühlte sich durch meinen fast leeren Schrank und holte Wildlederstiefeletten mit kleinen Vorhängeschlössern heraus. »Nimm die. Sehr süß und sehr fetischmäßig. Passen gut zum Kleid.«
»Ich liebe Stiefel.« Ich schlüpfte hinein, zog die Reißverschlüsse hoch und machte die Schlösser zu. Dann richtete ich mich auf, hängte mir den Schlüssel um den Hals und schnallte den Gürtel um. »Wie sehe ich aus?«
Rhiannon schnappte nach Luft. »Wow! Heiß! Aber du musst dich noch schminken.« Nach einem Augenblick fügte sie hinzu: »Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal auf eine Vampirparty freue. Verdammt, ich hätte nie gedacht, dass ich jemals auf eine Vampirparty gehen würde. Leo hält mich aus seinen Jobaktivitäten heraus, und so möchte ich das auch haben. Aber wenn es uns hilft, meine Mutter zu finden, dann gehe ich natürlich.« Wieder machte sie eine Pause. »Das Leben hat sich gründlich verändert. Es gibt kein Zurück, nicht wahr?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Es gibt kein Zurück.«
»Glaubst du, dass Myst Heather umbringen wird?«
Die Frage klang so flehend und kam so unerwartet, dass sie alle Energie aus mir herauszog, und ich ließ mich neben sie aufs Bett plumpsen.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Rhia. Ich weiß nicht, was das alles soll. Aber nimm dir doch ein, zwei Tage frei. Dann gehen wir morgen in der Klamm auf Jagd. Hattet ihr nicht gesagt, Kaylin wolle heute vorbeikommen?«
»Er hat angerufen, dass es heute nicht mehr klappt. Er kommt gleich morgen früh. Glaubst du wirklich, dass wir Geoffreys Anwesen betreten, mitten hinein in ein Vampirnest marschieren und lebendig wieder herauskommen können?«
Ich nickte in gespielter Zuversicht. »Wir müssen Myst aufhalten. Wir müssen Peyton und Heather finden. Und wenn wir nach Hause kommen, gehen wir Martas Amulette und Zauber durch. Vielleicht finden wir etwas, mit dem wir uns schützen können.«
»Und wenn sie von ihr trinken? Von Peyton? Wenn sie die Entführten … benutzen?« Das Bernstein ihrer Augen begann zu schwimmen.
»Dann beten wir, dass sie ausharren, bis wir einen Weg finden, um sie zu retten. Deine Mutter ist stark – sie besitzt sehr viel Kraft. Peyton ist auch kein Schwächling. Versuch, nicht die Hoffnung zu verlieren. Manchmal ist Hoffnung alles, was bleibt.«
Sie seufzte und nickte, dann nahm sie ihre Handtasche. Wir gaben unseren Outfits mit Make-up und Accessoires den letzten Schliff, dann gingen wir hinunter, wo Leo am Wagen wartete. Regina selbst hatte ihn geschickt.
Zwei Dinge standen jedenfalls fest. Erstens: An Langeweile krankte mein Leben nicht. Und zweitens: Die Aussicht darauf, mitten in eine wilde Vampirparty zu marschieren, machte mir höllische Angst. Vor allem, da ich nicht die geringste Ahnung hatte, was sie von mir wollten.
10. Kapitel
D er Wagen glitt geschmeidig durch die leeren Straßen New Forests, ohne vom Glatteis beeinträchtigt zu werden.
Ich dachte an das, was vor uns lag. Geoffrey würde da sein. Es war sein Haus, und als Regent der Vampirnation in Nordamerika hatte er die Herrschaft über den gesamten Kontinent, wenn es um Vampire ging. Geoffrey war einer der mächtigsten lebenden Vampire – oder eher untoten, um es ganz korrekt auszudrücken. Doch nicht einmal er konnte etwas gegen Regina ausrichten. Regina gehörte zur unantastbaren Elite, nur unterstellt der Karmesin-Königin, der alle Blutfürsten Respekt zollten. Alle bis auf die Abtrünnigen natürlich.
Während ich auf Rhiannons Heimkehr gewartet
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