Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
stand, legte mir eine Hand auf die Schulter, und ich ließ seinen Energiestrom ein und richtete mich an seiner Kraft auf.
»Warum seid ihr gekommen? Was wollt ihr?«
Heather neigte den Kopf. »Wir wollen euch warnen.«
Sie machte einen Schritt zur Seite und ließ einen der Männer vortreten. Er sah ähnlich aus wie mein Grieve, aber doch so anders als der, den ich liebte, dass es mir Angst machte. Grieve kämpfte gegen seine Natur, aber der hier … Ich sah nur Fremdheit und Distanziertheit, und der Funke in seinen Augen war kalt.
»Myst, Herrscherin über diesen Wald, überbringt dir eine faire Warnung. Wir wissen, dass du dich in unsere Angelegenheiten einmischen willst. Wenn du nicht von deinem Vorhaben ablässt, werden wir Peyton verwandeln. Im Augenblick geschieht ihr nichts, aber wendet ihr euch gegen uns, werden wir jeden Freund und jedes eurer Familienmitglieder vernichten, anschließend euch selbst. Wir haben euch bisher leben lassen, weil deine Tante eingewilligt hat, zu uns zu kommen, wenn wir euch verschonen. Doch diese Abmachung endet, wenn ihr euch an dem bevorstehenden Krieg beteiligt.«
Ich starrte ihn an und fühlte mich vollkommen erschlagen. Dennoch schnaubte ich. »Und Peyton?«
»Sie lebt. Noch. Ihre Freiheit steht im Augenblick nicht zur Diskussion.«
»O doch, das tut sie. Verdammt noch mal, ihr habt unsere Familien doch schon vernichtet. Wir sind die Letzten, die übrig sind. Sagt eurer Königin, dass ihr euren Auftrag erledigt habt. Mission erfüllt. Wir nehmen die Warnung zur Kenntnis.«
»Und wie lautet deine Antwort, Mylady?« Er verbeugte sich höflich, was im krassen Gegensatz zu seinen Worten stand.
Ich warf Kaylin einen Blick zu, und er nickte knapp.
»Sagt Myst, sie soll sich lieber um ihre ollen Spinnen und Netze kümmern. Und sagt ihr, dass wir ihr die Freundlichkeit, mit der sie meine Tante und Leos Schwester behandelt hat, vergelten werden. Falls Peyton etwas geschieht, werden wir den Wald niederbrennen und jeden Zweig, jeden Ast, jedes Blatt herausreißen. Euer Indigo-Hof mag vielleicht den Wald regieren, aber hier auf diesem Land herrsche ich. Und ich habe die Blutfürsten hinter mir, also glaubt nicht, dass es so leicht sein wird, uns zu vernichten.«
Der Botschafter sah mich einen Moment schweigend an, dann nickte er. »Wie du wünschst, Cicely Waters, aber wir sind noch nicht fertig. Ich rate dir, dich nicht so sehr auf deine Verbündeten zu verlassen, dass du unbewaffnet das Haus verlässt. Mag sein, dass unsere Feinde die Stadt noch in der Hand haben, aber wir sind eine Macht, die du nicht verärgern solltest.«
Mit einem letzten Blick zu Heather, die mich unbeirrt und ohne zu blinzeln anstarrte, wandte ich mich um und ging mit festen Schritten zum Haus zurück. Kaylin folgte mir. Wir wagten nicht, Furcht erkennen zu lassen oder zurückzublicken. Und als wir das Haus betreten hatten, waren die Schattenjäger nicht mehr zu sehen.
19. Kapitel
L eo und Rhiannon saßen auf dem Sofa. Er versuchte sie zu beruhigen, und sie pendelte zwischen heillosem Zorn und Hysterie hin und her. Ich nahm ihre Hände und versuchte ebenfalls, sie durch Reden von der emotionalen Achterbahnfahrt runterzubringen. Und nach einigen weiteren Minuten und zwei kleineren Bränden – es traf einen Hocker und Heathers Jacke, die noch immer neben der Tür hing – schafften Leo und ich es gemeinsam, sie so weit zu beruhigen, dass sie wieder halbwegs bei sich war. Zwischendurch rief ich schnell Anadey an, um ihr zu erzählen, was geschehen war und wie Rhiannon reagiert hatte.
»Sie sollte heute bei mir übernachten. Ich kann sie zum Schlafen bringen, ohne dass ihre Träume ihrem Unterbewusstsein Schaden zufügen. Bringt sie zu Martas Haus, und ich kümmere mich um sie.«
»Bleib dran.« Ich drückte auf die Stumm-Taste und gab den anderen weiter, was sie gesagt hatte.
»Ist sie denn dort auch gut genug geschützt?«, wollte Leo wissen. »Ich habe heute Abend nichts, was dringend wäre. Vielleicht sollte ich mit ihr gehen.«
Der Gedanke, allein im Haus der Schleier zu bleiben, gefiel mir gar nicht, und ich wollte es gerade aussprechen, als Kaylin sich zu Wort meldete.
»Falls du lieber mit Rhiannon gehst, bleibe ich hier bei Cicely.«
Einerseits sträubte sich alles in mir gegen den Gedanken, dass jemand glaubte, mich beschützen zu müssen, aber die Realität war doch die: Falls die Vampire und die Vampirfeen sich gegenseitig bekriegen wollten und beide meinten, ich sei die Person, die
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