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Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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zu qualmen und fing Feuer, und mit einem Aufschrei ließ ich sie los und sah zu, wie die Flammen durch den Wind auf ihrem Weg zum Boden gelöscht wurden.
    Was zum Henker ist denn hier los, Ulean?
    Das kann ich dir nicht sagen. Dies ist eine Reise, die du ohne Hilfe meiner Sicht unternehmen musst. Aber ich bin bei dir, falls du mich brauchst.
    Der Anhänger begann hell zu leuchten, als ich ihn an meine Brust hielt. Es hing kein Hauch Gefahr daran, keinerlei Bedrohung. Nervös, aber mit dem absoluten Gefühl, genau das Richtige zu tun, streifte ich mir das schwarze Band über den Kopf, und nach nur einem kurzen Augenblick des Zögerns ließ ich den Anhänger zwischen meinen Brüsten ruhen.
    Ein kühler Hauch stieg von dem Schmuckstück auf, und ich umfasste es, schloss die Augen und versuchte, mich auf die Energie zu konzentrieren. Der Stein pulsierte in meiner Hand, und ich hörte ein schwaches Geräusch wie das Schlagen von Flügeln.
    Ich ließ mich tief herab in den pulsierenden Rhythmus, der nun durch meinen ganzen Körper rollte. Ein Hauch von Musik erhob sich im Wind, das Echo einer Akustikgitarre, der treibende Sound des Schlagzeugs, und sie drang in mich ein, kroch durch mich hindurch und flutete mich von innen nach außen wie Farbe, die aus dem Material schwitzte.
    Wir treffen uns im Wald. Im diffusen Licht zwischen Tag und Abenddämmerung werden wir uns begegnen. Aber zuerst, mein Kind, musst du die Flügel ausbreiten und fliegen.
    Das war nicht Ulean.
    Wie benebelt kletterte ich höher hinauf und lauschte dabei der fremden Stimme, die mich im Wind lockte. Und Ulean begann zu heulen, in einer Sprache zu schreien, die ich nicht erkennen konnte, doch ihr Geschrei war Jubel, voll animalischer Freude, und ihre Begeisterung trieb mich voran.
    Höher und höher kletterte ich, bis ich mich gute zehn Meter über dem Boden befand. Ich schob mich vorsichtig auf einen Ast, und der Schnee rieselte herab, während ich in den sich verdunkelnden Himmel blickte und gleichzeitig meine Kleider abzustreifen begann. Ich ließ Jacke und T-Shirt fallen, sah zu, wie sie zu Boden trudelten, dann wand ich mich ohne nachzudenken aus meiner Jeans und dem Slip, und auch sie segelten in Richtung Waldboden.
    Schaudernd und nackt hockte ich auf dem Ast und hielt mich an den umliegenden Zweigen fest. In diesem Moment rissen die Wolken auf, und der helle Mond schickte seine Strahlen durch den Spalt. Unter mir stieg Nebel auf, wallte und rollte über den Boden und quoll den Stamm hinauf wie aromatischer, besänftigender Rauch.
    Unter dem Mantel aus Wolken und Sternen sah ich hinauf in den Himmel, unfähig zu denken, unfähig, Worte aus meinen Gedanken zu formen. Der Rhythmus des Anhängers stanzte sich in meine Seele, die Musik wirbelte um mich herum, die Klänge fluteten den Wind, und der Ruf war zu stark. Ich konnte ihn nicht ignorieren, konnte ihm nicht widerstehen. Ich holte tief Luft und ließ, ohne zu wissen, was ich tat und warum, den Ast los und stürzte in freiem Fall auf den Waldboden zu.
    Als die Luft an mir vorbeipfiff, verlagerte sich plötzlich etwas in mir, und mein Körper stülpte sich von innen nach außen. Einen Sekundenbruchteil später segelte ich lautlos auf der Bö, die schwarzweißen Flügelspitzen gespreizt und weit nach außen gereckt.
    Ich sperrte den Schnabel auf und stieß einen Schrei aus, schrill und krächzend und furchterregend genug, um jede Maus und jede Ratte, die sich im Garten aufhalten mochte, in die Flucht zu schlagen.
    Und erst da begriff ich. Ich war in der Luft, ich flog, glitt über den Garten auf den Wald zu. Doch Klamm und Wald glommen in einem Licht, das ich noch nie gesehen hatte, und ich steuerte rechts herum, um der Baumlinie zu entgehen. Da war etwas in den Wipfeln, etwas Schreckliches, das Fallen für Eulen wie mich aufstellte, und ich war nicht scharf darauf, eine auszuprobieren.
    Mühelos segelte ich durch die Luft und wendete auf einer Schwinge, um wieder aufs Haus zuzufliegen. Ich genoss es, die Dinge aus dieser mir vollkommen neuen Perspektive zu betrachten, und fast beiläufig erkannte ich, dass ich trotz allem das Gefühl meiner selbst zurückbehalten hatte. Eigentlich fühlte ich mich klarer denn je. Die Kette baumelte immer noch um meinen Hals, und ich wusste, dass ich wieder in meine menschliche Gestalt zurückfinden würde, sobald ich sie ablegte.
    Ich glitt über das Haus, zog Kreise, ließ mich sinken und landete auf einem Ast der Eiche. Und dort, nicht weit von mir entfernt,

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