Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
diesen Krieg in Gang setzen würde, dann konnte ich durchaus ein paar gute Leute an meiner Seite gebrauchen.
»Okay. Tut mir leid, Rhia, aber ich traue deinem Unterbewusstsein leider zu, sich an diesem Haus auszutoben. Anadey wollte dich doch ohnehin schon bei Tagesanbruch sehen. So könnt ihr einfach schon früher starten.«
Rhiannon nickte. Sie war blass und wirkte erschöpft. »Es tut mir leid, dass ich so einen Mist baue. Aber du hast recht. Ich weiß selbst nicht, ob man mir trauen darf, wenn ich schlafe. Nicht nach dem, was passiert ist. Bist du sicher, dass das mit Kaylin in Ordnung geht?«
Ich warf dem Traumwandler einen Blick zu. Seine Aura glomm hell, und ich konnte die Energie um ihn herum wirbeln sehen. Er war in Alarmbereitschaft, und seine Eltern standen hinter ihm. »Ja, wird schon gutgehen. Leo, bringt sie zu Anadey, bevor es noch dunkler wird. Packt gar nicht erst, ihr seid ja nur eine Nacht fort.«
Ohne ein weiteres Wort führte Leo sie zum Wagen und stieg mit ihr ein. Doch als ich sie davonfahren sah, hatte ich das unangenehme Gefühl, dass die Nacht gerade erst begonnen hatte.
Die Eule wartet im Wald.
Ulean strich an mir vorbei. Ich blickte auf. Kaylin und ich hatten gegessen und sortierten nun Zauberzubehör aus Martas Vorrat. Es gab immer noch unendlich viele Kisten und Taschen, die ich noch nicht durchgesehen hatte, aber wenigstens wusste ich inzwischen, dass ich auf einer echten Fundgrube saß. Gemeinsam sollten Leo, Rhiannon und ich es schaffen, uns ein paar anständige Zauber auszudenken, mit denen sich die Stadt beschützen ließ. Blieb nur die Frage: Würden wir lange genug leben?
Cicely, die Eule wartet im Wald. Ich weiß, dass es dunkel ist, aber du musst ihrem Ruf folgen. Sie wird aus Mysts Wald kommen, um sich mit dir zu treffen.
Was? Die Eule? Blinzelnd legte ich die Packung winziger Edelsteine, die ich mir gerade näher betrachtet hatte, wieder auf den Tisch. Nichts davon war besonders wertvoll. Es handelte sich hauptsächlich um Halbedelsteinsplitter und Cabochons.
»Ich bin gleich wieder da. Ich werde nicht weit gehen und ganz bestimmt nicht das Grundstück verlassen, aber ich muss eben etwas nachsehen.« Ich schob meinen Stuhl zurück, bevor Kaylin mich aufhalten konnte, und schnappte mir meine Jacke. Hastig lief ich hinauf in mein Zimmer, suchte die Eulenfeder und steckte sie in meine Innentasche. Dann nahm ich vorsichtshalber auch noch meinen Dolch, schob ihn in den Stiefel und verließ endlich das Haus.
Ich trabte den Kopfsteinpflasterweg durch den Garten hinter dem Haus entlang. Ich war mir nicht sicher, nach was ich suchen sollte, doch ich würde es wissen, wenn ich es sähe. Während ich bis hinüber zur Klamm blickte, hörte ich den Ruf der Eule. Shit, der Vogel war hier.
Wer bist du, und was willst du von mir?
Ich warte, warte auf dich. Zaudere nicht zu lange. Das Wesen schien männlich zu sein, obwohl ich mir nicht sicher war. Noch ein Windelementar?
Nein, kein Elementarwesen. Ich weiß nicht, wer das ist. Uleans Worte strichen kühl und ruhig über meinen Kopf. Kein Gefühl der Gefahr.
Und dann fiel mir wieder ein, was Chatter gesagt hatte. Übrigens sucht die Eule dich, Cicely. Sie fragt jeden Tag nach dir. Ihr müsst die Eule bald finden. Wenn die Schattenjäger sie erwischen, dann töten sie sie. Sie hassen Eulen.
Wenn der Indigo-Hof Eulen nicht leiden konnte, dann ich wahrscheinlich umso mehr.
Zielstrebig, aber dennoch ohne zu wissen, warum ich gerade sie anpeilte, ging ich auf eine alte Eiche zu, die ihre kahlen Arme weit hinauf in den winterlichen Nachthimmel reckte, und sprang hoch, um einen Ast zu packen. Ich schwang mich hinauf, begann zu klettern und folgte dem flüsternden Ruf, der mich leitete. Ich fürchtete mich nicht vor Höhen – ich war schon mit elf über die Dächer der Stadt gerannt.
Und dann sah ich es: einen Anhänger, der an einem Ast baumelte. Es war ein milchig weißer, in Silber gefasster Mondstein an einem schwarzen Band. Die Eulentätowierungen, die um meine Arme verliefen, gerieten plötzlich in Wallung, und ich fuhr heftig zusammen. Ich war gewohnt, dass mein Wolf zu mir sprach, aber die Eulen hatten sich noch nie zuvor bemerkbar gemacht.
Langsam streckte ich die Hand nach dem Anhänger aus. Er summte in meiner Hand, stieß ein unterschwelliges Heulen aus, und die Eulenfeder in meiner Innentasche begann so heftig zu vibrieren, dass ich sie aus der Tasche riss und auf das bebende Ding starrte. Plötzlich begann die Feder
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