Das Echo aller Furcht
grenzte an ein Wunder.
Auf jeden Fall war dies eine Chance, die Durling nie bekommen würde. Bob Fowler war so gesund und politisch abgesichert wie kein Präsident seit... Eisenhower? Franklin D. Roosevelt? Die wichtige Rolle eines fast Gleichgestellten, die Jimmy Carter seinem Vize Walter Mondale zugedacht hatte – eine weithin ignorierte, aber sehr konstruktive Initiative -, gehörte inzwischen der Vergangenheit an. Der Präsident hatte klargestellt, daß er Durling nicht mehr brauchte.
Und so war Durling zu nebensächlichen, mehr als sekundären Pflichten verdonnert worden. Fowler düste in einer modifizierten 747 herum, die nur ihm allein zur Verfügung stand, während Roger Durling benutzen mußte, was gerade greifbar war; in diesem Fall eine VC-20B Gulfstream, mit der jeder Beamte entsprechenden Ranges fliegen durfte. Auch Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses machten mit diesem Typ Vergnügungsreisen auf Staatskosten, wenn sie im richtigen Ausschuß saßen oder wenn der Präsident das Gefühl hatte, daß sie Streicheleinheiten brauchten.
Jetzt wirst du verbiestert, ermahnte sich Durling. Und damit rechtfertigst du nur die ganze Scheiße, die du dir bieten lassen mußt.
Seine Fehleinschätzung war mindestens so schwerwiegend gewesen wie Madisons, erkannte der Vizepräsident, als die Maschine anrollte. Der Verfasser des Entwurfs der amerikanischen Verfassung war mit seinem Wunsch, Politiker sollten die Interessen des Landes über ihren persönlichen Ehrgeiz stellen, nur optimistisch gewesen. Durling aber hatte eine offenkundige politische Realität ignoriert: Dem Präsidenten sind ein Dutzend Ausschußvorsitzende aus Senat und Repräsentantenhaus viel wichtiger als sein Vize. Mit dem Kongreß muß er nämlich zusammenarbeiten, wenn er seine Vorlagen durchbringen will. Mit seinem Vize brauchte er sich noch nicht einmal abzugeben.
Wie bin ich bloß in diese Lage geraten? fragte sich Durling zum tausendsten Mal und grunzte erheitert. Schuld war natürlich sein Patriotismus. Er hatte Kalifornien eingebracht, und ohne die Stimmen dieses Staates wären Fowler und er jetzt immer noch Gouverneure. Die einzige Konzession, die er herausgeschlagen hatte – Charlie Aldens Ernennung zum Sicherheitsberater -, galt nun nichts mehr, aber Durling war immerhin der entscheidende Faktor bei der Übernahme der Präsidentschaft durch einen Demokraten gewesen. Und der Lohn? Er bekam nur Routinearbeit zugeschoben, hielt Reden, die nur selten in die Nachrichten kamen, sprach vor dem gemeinen Parteivolk, stellte die Ideen zur Debatte, die selten gut oder seine eigenen waren – und wartete darauf, daß der Blitz ihn traf statt den Präsidenten. Heute sollte er sich über die Notwendigkeit von Steuererhöhungen zur Finanzierung des Friedens im Nahen Osten äußern. Welch großartige Chance für einen Politiker! dachte er. Durling sollte in St. Louis sprechen, wo sich Einkäufer zu einer Tagung trafen. Da ist mir donnernder Applaus sicher, sagte er sich sarkastisch.
Aber er hatte den Posten angenommen und den Diensteid geschworen. Also Zähne zusammenbeißen und durchhalten.
Die Maschine rumpelte an Hangars und einer Reihe von Flugzeugen vorbei, darunter die als fliegender Befehlsstand im Verteidigungsfall konfigurierte 747 NEACP, auch als »Weltuntergangs-Expreß« bekannt. Diese Boeing, die nie weiter als zwei Flugstunden vom Aufenthaltsort des Präsidenten entfernt sein durfte – ein kniffliges Problem, wenn er Rußland oder China besuchte -, war der einzig sichere Platz, den der Präsident in einer nuklearen Krise einnehmen konnte, aber das lag ja inzwischen nicht mehr im Bereich des Möglichen, oder? Durling sah reges Treiben an der Maschine. Noch waren die Haushaltsmittel für diesen Vogel, der zur Flotte des Präsidenten gehörte, nicht gekürzt worden, und man hielt ihn immer startklar. Wie bald wird sich auch das ändern? fragte sich Durling.
»Wir sind bereit zum Start. Sind Sie angeschnallt, Sir?« fragte der Flugbegleiter, ein Sergeant.
»Aber sicher! Dann mal los«, erwiderte Durling lächelnd. In der Air Force One schnallten sich die Leute manchmal nicht an, um Vertrauen in Maschine und Besatzung zu demonstrieren. Wieder ein Beweis für die Zweitklassigkeit seines Flugzeuges, aber er konnte den Sergeant kaum wegen vorschriftsmäßigem Verhalten anschnauzen. Für diesen Mann war Roger Durling wichtig, und das machte ihn, der bei der Air Force wohl nach E-6 bezahlt wurde, ehrenhafter als die
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