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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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hatte.
    »Kaffee?«
    »Haben Sie koffeinfreien?« fragte Goodley.
    »Wenn Sie hier arbeiten wollen, junger Mann, gewöhnen Sie sich besser an das echte Gebräu. Nehmen Sie Platz. So, und was tun Sie in unserem Palazzo Arcano?«
    »Die Kurzversion: Ich suche einen Job. Meine Dissertation befaßte sich mit nachrichtendienstlichen Operationen, ihrer Geschichte und ihren Zukunftsperspektiven. Ich muß an der Uni zwar noch einige Arbeiten abschließen, will dann aber in die Praxis.«
    Jack nickte. So war auch er zur CIA gekommen. »Ihre Unbedenklichkeitsbescheinigungen?«
    »Top Secret und SAP/SAR. Letztere ist neu. TS hatte ich bereits, weil ich im Zuge meiner Arbeit am Kennedy-Institut Zugang zu Präsidentenarchiven brauchte – vorwiegend in Washington, aber auch in Boston, wo John F. Kennedys Papiere liegen, und die sind immer noch streng geheim. Ich gehörte sogar zu dem Team, das die Dokumente aus der Kubakrise sichtete.«
    »Unter Dr. Nicholas Bledsoe?«
    »Genau.«
    »Ich stimme zwar nicht mit allen seinen Schlüssen überein, aber seine Forschungsarbeit war erstklassig.« Jack hob seinen Becher zum Salut.
    Goodley hatte fast die Hälfte dieser Monographie verfaßt, einschließlich der Schlußfolgerungen. »Darf ich nach Ihren Einwänden fragen?«
    »Chruschtschow handelte im Grunde genommen irrational. Ich bin der Ansicht – wie die Dokumente beweisen –, daß er die Raketen nicht mit Bedacht, sondern auf einen Impuls hin stationierte.«
    »Einspruch. Unsere Studie identifizierte als Hauptsorge der Sowjets unsere Mittelstreckenraketen in Europa und ganz besonders in der Türkei. Der Schluß, daß die Raketen auf Kuba nur ein Stratagem zur Stabilisierung der Lage im europäischen Theater war, liegt nahe.«
    »Ihnen lagen aber nicht alle existierenden Informationen vor«, sagte Jack.
    »Zum Beispiel?« fragte Goodley und verbarg seinen Ärger.
    »Zum Beispiel Material, das uns Oleg Penkowskij und andere zuspielten. Diese Dokumente liegen immer noch unter Verschluß und werden auch erst in zwanzig Jahren freigegeben.«
    »Ist eine Sperrfrist von fünfzig Jahren nicht ein bißchen lang?«
    »In der Tat«, stimmte Ryan zu. »Aber das hat seinen Grund. Manche dieser Informationen sind noch – nun, nicht gerade aktuell, aber sie könnten Tricks verraten, die wir lieber für uns behalten.«
    »Treibt man da die Geheimniskrämerei nicht etwas zu weit?« fragte Goodley und bemühe sich um einen objektiven Ton.
    »Nehmen wir einmal an, daß damals ein Agent BANANE für uns arbeitete. Gut, er starb inzwischen eines natürlichen Todes, rekrutierte aber den Agenten BIRNE, und der ist noch aktiv. Finden die Sowjets heraus, wer BANANE war, haben sie einen Ansatzpunkt. Außerdem muß man bestimmte Methoden der Nachrichtenübermittlung berücksichtigen. Man spielt schon seit einer Ewigkeit Fußball, aber ein Querpaß ist immer noch ein Querpaß. Früher habe ich auch so gedacht wie Sie, Ben. Sie werden lernen, daß unsere Methoden hier einen guten Grund haben.«
    Bürokratenmentalität, dachte Goodley.
    »Fiel Ihnen übrigens auf, daß Chruschtschow auf seinen letzten Tonbändern Bledsoes Thesen praktisch widerlegte? Ach ja, und noch etwas.«
    »Bitte?«
    »Nehmen wir einmal an, daß Kennedy im Frühjahr 1961 harte Informationen vorlagen, klare Hinweise auf Chruschtschows Absicht, das sowjetische System zu verändern. 1958 warf er Marschall Schukow aus dem Präsidium und versuchte, die KP zu reformieren. Sagen wir mal, daß Kennedy über Interna Bescheid wußte und im kleinen Finger spürte, daß eine Annäherung der Blöcke möglich war, wenn er den Russen etwas Spielraum ließ. Perestroika also, nur dreißig Jahre früher. Setzen wir den Fall, daß der Präsident aus politischen Gründen entschied, weiter Druck auf Nikita auszuüben. Das würde bedeuten, daß die Sechziger nichts als ein Riesenfehler waren. Der Vietnamkrieg und alles andere – ein einziger gigantischer und unnötiger Schlamassel.«
    »Das kann ich nicht glauben. Ich habe die Archive selbst durchgesehen. Es wäre auch nicht konsequent und vereinbar mit allem, was wir...«
    »Ein Politiker und konsequent?« unterbrach Ryan. »Das ist ein revolutionäres Konzept.«
    »Wenn Sie behaupten, daß sich das tatsächlich so zugetragen hat ...«
    »Das war reine Hypothese«, sagte Jack und zog die Brauen hoch. Verdammt, dachte er, alle Informationen liegen doch vor; man braucht sie bloß zusammenzufügen. Daß das noch niemand getan hatte, bewies nur, daß sich

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