Das Echo aller Furcht
war – Uhrmacher und Hersteller von Waffenvisieren brauchten es, wenngleich nur in mikroskopisch kleinen Quantitäten – aber wenn es über zehn Milligramm hinausging, war so gut wie unmöglich heranzukommen, wie er gerade selbst festgestellt hatte. Tritium und nicht Plutonium, wie Fromm gesagt hatte, war das teuerste Material auf Erden. Dafür war es jedoch, anders als Plutonium, im Handel erhältlich.
»Ich habe fünfzig Gramm«, erklärte Fromm selbstgefällig. »Das ist weitaus mehr, als wir brauchen.«
»Fünfzig Gramm !« rief Ghosn aus. »Wirklich?«
»Unser Reaktorblock produzierte spezielle nukleare Materialien für unser eigenes Bombenprogramm. Kurz vor ihrem Sturz beschloß die DDR-Regierung, das Plutonium als Loyalitätsgeste in Sachen Weltsozialismus der Sowjetunion zu übergeben. Die Sowjets aber sahen das anders und waren«, Fromm hielt inne, »ungehalten. Die Einzelheiten überlasse ich Ihrer Phantasie. Jedenfalls waren sie so aufgebracht, daß ich unseren Tritiumvorrat beiseite schaffte. Wie Sie wissen, ist sein Handelswert hoch – er war sozusagen meine Versicherungspolice.«
»Und wo ist er nun?«
»Bei mir zu Hause im Keller, versteckt in Nickel-Wasserstoff-Batterien.«
Kati gefiel das überhaupt nicht. Der arabische Guerillaführer war ein kranker Mann, wie Fromm sah, und konnte seine Gefühle nicht mehr so gut verbergen.
»Ich muß ohnehin nach Deutschland zurück, um die Werkzeugmaschinen zu holen«, beschwichtigte er.
»Haben Sie sie denn schon?«
»Ich wohne fünf Kilometer vom Astrophysischen Institut ›Karl Marx‹ entfernt. Dort sollten wir eigentlich astronomische Teleskope, optische und für Röntgenstrahlen empfindliche, bauen. Leider lief das Programm nie an. In der Werkstatt stehen Kisten, beschriftet mit ASTROPHYSIKALISCHE INSTRUMENTE, die sechs hochpräzise, fünfachsige Maschinen des besten Herstellers enthalten«, erklärte Fromm mit einem wölfischen Grinsen. »Cincinnati Milacron, USA. Das Modell, das die Amerikaner in ihren Kernwaffenfabriken Oak Ridge, Rocky Flats und Pantex einsetzen.«
»Und das Bedienungspersonal?« fragte Ghosn.
»Wir bildeten zwanzig Leute aus, sechzehn Männer und vier Frauen, alles Akademiker... aber nein, das wäre zu riskant und auch gar nicht nötig. Die Maschinen sind ›benutzerfreundlich‹, wie man heute sagt. Wir könnten sie sogar selbst bedienen, aber das nähme zu viel Zeit in Anspruch. Jeder Optiker oder sogar Büchsenmachermeister kann mit ihnen umgehen. Was vor fünfzig Jahren das Geschäft von Nobelpreisträgern war, erledigt heute ein tüchtiger Maschinist«, sagte Fromm. »Das nennt man Fortschritt.«
»Das könnte etwas sein, oder auch nicht«, meinte Jewgenij. Er war nun seit 20 Stunden ununterbrochen im Dienst, und nur sechs Stunden Schlaf, die vermutlich auch noch unterbrochen werden würden, trennten diese Schicht von der nächsten, noch längeren.
Das Orten der Signatur, sollte es sich um eine handeln, hatte Dubinins ganzes Können erfordert. Er vermutete, daß das amerikanische U-Boot sich nach Süden gewandt hatte und ungefähr fünf Knoten machte. Nun mußte er die Umweltverhältnisse berücksichtigen, nahe seinem Ziel in der Direktbahn-Zone bleiben und eine Sonar-Konvergenzzone meiden. Eine KZ ist ein ringförmiges Gebiet, das ein Boot umgibt. Schall, der sich von einem Punkt innerhalb der Zone nach unten ausbreitet, wird von Unterschieden in Wasserdruck und -temperatur gebrochen und spiralt in unregelmäßigen, von Umwelteinflüssen abhängigen Intervallen zwischen Oberfläche und Grund hin und her. Indem Dubinin diese Zonen relativ zu der Richtung, in der er sein Ziel vermutete, mied, entzog er sich einer Ortung. Dazu mußte er allerdings innerhalb der sogenannten Direktbahn-Distanz bleiben, dem Gebiet, in dem sich Schall nur radial von seiner Quelle ausbreitete. Um das unerkannt zu bewerkstelligen, mußte er über der Thermoklincalc bleiben – er ging davon aus, daß der Amerikaner sich unter ihr hielt –, und sein Schleppsonar knapp unter ihr treiben lassen. Auf diese Weise würden seine Maschinengeräusche wahrscheinlich von der Schicht und von dem amerikanischen Boot wegreflektiert.
Dubinins taktisches Problem war seine technische Unterlegenheit. Das amerikanische Boot war leiser als seines und verfügte über eine bessere Sonaranlage und bessere Sonar-Operatoren. Leutnant Jewgenij Nikolajewitsch Rykow war ein sehr intelligenter Offizier, aber leider der einzige Sonarmann an Bord, der es mit
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