Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
seinen amerikanischen Pendants einigermaßen aufnehmen konnte, und der Junge machte sich dabei kaputt. Kapitän Dubinins einziger Vorteil war sein taktisches Geschick. Genau daran aber mangelte es dem amerikanischen Kapitän, was dieser jedoch nicht wußte – und das geriet ihm zum Nachteil. Dubinin blieb über der Thermoklinealen und setzte sich der Gefahr einer Ortung durch amerikanische U-Jagd-Flugzeuge aus, nahm dieses Risiko aber in Kauf. Ihm winkte ein Preis, den bisher noch kein russischer U-Boot-Kommandant gewonnen hatte.
    Der Kapitän und der Leutnant starrten auf ein »Wasserfall«-Display und studierten keine Röhrenblitze, sondern eine unterbrochene, kaum sichtbare vertikale Linie, deren Helligkeit schwächer war als erwartet. Das amerikanische Boot der Ohio-Klasse war leiser als das Hintergrundgeräusch des Ozeans, und die beiden Männer fragten sich, ob ihnen besondere Umweltverhältnisse den akustischen Schatten dieses modernsten aller strategischen Boote gerade sichtbar machten. Es kann auch gut sein, dachte Dubinin, daß die Phantasie unseren übermüdeten Augen etwas vorspiegelt.
    »Wir brauchen ein Geräusch«, seuzte Rykow und griff nach seiner Teetasse. »Wenn doch jemand einen Hammer fallen ließe oder ein Luk zuschlüge... bitte macht einen Fehler...«
    Ich könnte ihn direkt anpeilen ... kurz unter die Schicht tauchen, ihm einen Peitschenhieb mit Aktivsonar versetzen und Klarheit schaffen... NEIN! dachte Rykow, wandte sich ab und hätte beinahe geflucht. Geduld, Walentin, sagte er sich. Wir müssen Ruhe bewahren.
    »Jewgenij Nikolajewitsch, Sie sehen erschöpft aus.«
    »Ausschlafen kann ich mich in Petropawlowsk, Herr Kapitän. Ich besuche meine Frau und lege mich eine Woche lang ins Bett – aber nicht nur zum Schlafen«, meinte er mit einem müden Grinsen. Der gelbe Schein des Monitors erhellte das Gesicht des Leutnants. »Aber eine solche Chance lasse ich mir nicht entgehen!«
    »Auf Fehler brauchen wir nicht zu hoffen.«
    »lch weiß. Diese verdammten amerikanischen Mannschaften ... ich weiß genau, daß da ein Ohio lauert! Was soll das sonst sein?«
    »Einbildung, Jewgenij, und Wunschdenken.«
    Leutnant Rykow drehte sich um. »Das nehme ich Ihnen nicht ab.«
    »Ich glaube, mein Leutnant hat recht«, sagte Dubinin und dachte: Was ist das doch für ein spannendes Spiel! Schiff gegen Schiff, Verstand gegen Verstand. Dreidimensionales Schach unter sich fortwährend ändernden Umweltbedingungen. Und Dubinin wußte, daß bei diesem Spiel die Amerikaner die Meister waren. Bessere Ausrüstung, bessere Mannschaften, bessere Ausbildung. Natürlich wußten die Amerikaner das auch, und nach zwei Generationen der Überlegenheit war Arroganz an die Stelle von Innovation getreten ... nicht bei allen, aber bei einigen. Wäre der Kommandant des strategischen Bootes gewieft gewesen, hätte er sich anders verhalten. Kommandierte ich so ein Boot, überlegte Dubinin, fände mich niemand auf der Welt!
    »Noch zwölf Stunden, dann müssen wir den Kontakt abbrechen und die Rückfahrt antreten.«
    »Schade«, meinte Rykow nicht ganz aufrichtig. Sechs Wochen in See reichten ihm.
     
    »Auf 20 Meter gehen«, sagte der Diensthabende.
    »20 Meter, aye«, erwiderte der Tauchoffizier. »Bug-Tiefenruder an zehn Grad.«
    Die Raketenabschußübung, die regelmäßig durchgeführt wurde, hatte gerade begonnen. Sie sollte die Kompetenz der Mannschaft sicherstellen und sie gegen den Horroreffekt ihres wichtigsten Kampfauftrages unempfindlich machen: das Abfeuern von 24 Raketen UGM-93 Trident-II D-5 mit jeweils zehn Sprengköpfen Mark 5 und einer Nominalsprengleistung von 400 Kilotonnen. Die insgesamt 240 Kernwaffen an Bord hatten eine Gesamtnettoleistung von 96 Megatonnen. Doch der verzahnten Logik mehrerer Gesetze der Physik nach steekte noch mehr dahinter. Kleine Kernwaffen setzen ihre Sprengleistung effizienter ein als große. Am wichtigsten aber war die Tatsache, daß der Sprengkopf Mark 5 eine demonstrierte Zielgenauigkeit von plusminus 50 Metern hatte; das bedeutete, daß nach einem über 4000 Seemeilen langen Flug die Hälfte der Bomben innerhalb von 100 Metern einschlugen. Die Abweichung war wesentlich kleiner als der Krater, den ein solcher Sprengkopf riß. Aus diesem Grund war die D-5 die erste für einen Erstschlag geeignete seegestützte Rakete. Unter Berücksichtigung der Taktik, ein Ziel mit zwei Bomben zu belegen, bedeutete dies, daß Maine 120 sowjetische Raketensilos und/oder Befehlsbunker ausschalten

Weitere Kostenlose Bücher