Das Echo aller Furcht
Dubinin. Es würde Jahre dauern, bis sein Land die eigenen Männer so gut ausbildete, wie die Marinen des Westens es taten, und bis dahin war er zu alt für ein Kommando auf See – aber in drei Monaten bekam er das beste Boot, das die Sowjetunion je einem Kapitän anvertraut hatte. Wenn es ihm gelang, seinem Geschwaderkommandanten mehr Offiziere abzuschwatzen, konnte er die unfähigeren Wehrpflichtigen an Land zurücklassen und für den Rest ein ordentliches Übungsprogramm ansetzen. Es war seine Aufgabe, die Besatzung zu führen und auszubilden. Er war der Kapitän der Admiral Lunin. Ihm gebührte die Anerkennung für einen Erfolg, und er mußte die Schuld an einem Fehlschlag auf sich nehmen. Das hatte ihm Ramius schon an seinem ersten Tag an Bord eines Unterseebootes beigebracht. Er hatte sein Schicksal selbst in der Hand, und was konnte man schon mehr verlangen?
Warte nur, USS Maine, dachte er, nächstes Jahr, wenn die bitterkalten Winterstürme über den Nordpazifik fegen, sehen wir uns wieder.
»Kein einziger Kontakt«, sagte Captain Ricks in der Offiziersmesse.
»Abgesehen von Omaha.« Lieutenant Commander Claggett sah einige Unterlagen durch. »Und die hatte es viel zu eilig.«
»Der Iwan gibt sich keine Mühe mehr«, sagte der Navigator fast mit Bedauern. »Sieht fast so aus, als hätte er das Handtuch geworfen.«
»Warum überhaupt den Versuch machen, uns zu finden?« bemerkte Ricks. »Abgesehen von dem Akula, das verschwand...«
»Das haben wir immerhin vor einiger Zeit erfaßt«, sagte der Navigator.
»Vielleicht können wir ihn beim nächsten Mal knipsen!« rief ein Lieutenant leichthin, der hinter einem Magazin stand, und löste damit allgemeine Heiterkeit aus. Ganz selten war es wagemutigen Kommandanten von Jagd-U-Booten gelungen, sich ganz dicht an sowjetische Boote heranzupirschen und Blitzlichtaufnahmen von ihren Rümpfen zu machen. Aber solche Spiele gehörten der Vergangenheit an. Die Russen operierten inzwischen sehr viel geschickter als noch vor zehn Jahren. Als Zweitbester strengt man sich mehr an.
»Nun zur nächsten Übung im Maschinenraum«, sagte Ricks.
Dem Ersten Offizier fiel auf, daß niemand am Tisch eine Miene verzog. Die Offiziere hatten gelernt, sich das Stöhnen und Augenrollen zu verkneifen. Ricks’ Sinn für Humor war sehr begrenzt.
»Tag, Robby!« Joshua Painter erhob sich von seinem Drehsessel und ging dem Besucher entgegen, um ihm die Hand zu reichen.
»Guten Morgen, Sir.«
»Setzen Sie sich.« Ein Steward schenkte beiden Kaffee ein. »Nun, wie steht’s mit dem Verband?«
»Wir werden rechtzeitig bereit sein, Sir.«
Admiral Joshua Painter von der US-Navy war der Oberbefehlshaber der alliierten Marinckräftc Atlantik, der OB Atlantik und der OB der amerikanisehen Atlantikflotte. Für die drei Jobs bekam er zwar nur ein Gehalt, verfügte aber über drei Stäbe, die ihm das Denken abnahmen. Er hatte sich als Kampfflieger hochgedient und nun den Gipfel seiner Karriere erreicht. Eine Beförderung zum Chef aller Marineoperationen stand nicht in Aussicht. Dieser Posten würde wohl an einen Mann mit größerem politischen Geschick gehen, aber Painter war mit dem, was er erreicht hatte, zufrieden. Gemäß der ziemlich ungewöhnlichen Organisation der Streitkräfte berieten der Chef der Marineoperationen und andere Befehlshaber den Verteidigungsminister lediglich, der dann den Oberbefehlshabern (CINC) der Einsatzgebiete die Befehle erteilte. Die Kommandostruktur SACLANT-CINCLANT-CINCLANTFLT mochte bürokratisch, schwerfällig und aufgebläht sein, aber Painter konnte als ihr Chef reale Schiffe, Flugzeuge und Marineinfanteristen in Bewegung setzen. Zwei ganze Flotten, die 2. und die 6., unterstanden ihm: Sieben Flugzeugträger, ein Schlachtschiff (Painter, zwar ein Flieger, mochte die gepanzerten Ungetüme, weil sein Großvater eins befehligt hatte), über 100 Kreuzer, Zerstörer und Fregatten, 60 Unterseeboote, anderthalb Divisionen Marineinfanterie, Tausende von Kampfflugzeugen. Tatsache war, daß nur ein Land auf der Welt über mehr Kampfkraft verfügte als Joshua Painter, und dieses Land stellte in dieser Zeit der internationalen Verständigung keine ernsthafte strategische Bedrohung mehr dar. Mit Krieg brauchte er nicht mehr zu rechnen, und das machte Painter froh. Er hatte Einsätze in Vietnam geflogen und miterlebt, wie Amerikas Macht von ihrem Höhepunkt nach dem Zweiten Weltkrieg auf ihren Tiefpunkt in den Siebzigern gesunken war, um sich dann wieder zu
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