Das Echo aller Furcht
eigentlich? Wann hast du Skip Tyler oder Robby Jackson zuletzt gesehen? Warum vertraust du deine Probleme nicht den Freunden an, die du in Langley hast?
Das Morgengrauen kam überraschend, aber noch erstaunlicher war, daß er tatsächlich geschlafen hatte – auf dem Sessel allein im Wohnzimmer. Jack erhob sich mühsam. Du hast gar nicht richtig geschlafen, sagten ihm seine schmerzenden Glieder, du warst nur nicht wach. Schlaf sollte entspannend wirken, aber er fühlte sich mit seinem Kater alles andere als ausgeruht. Positiv war nur, daß Cathy nicht aufstand. Jack machte sich einen Kaffee und wartete an der Haustür, als Clark vorfuhr.
»Mal wieder ein tolles Wochenende, wie ich sehe«, meinte Clark, als Ryan einstieg.
»Et tu , John?«
»Bitte sehr, Sir, hacken Sie ruhig auf mich ein. Sie haben schon vor zwei Monaten miserabel ausgesehen, und Ihr Zustand verschlimmert sich weiter. Wann haben Sie zuletzt eigentlich Urlaub gemacht? Wann sind Sie mal für ein, zwei Tage weggefahren und haben so getan, als seien Sie ein normaler Mensch und kein Kartenknipser bei der Regierung, der Angst hat, seine Abwesenheit könnte überhaupt nicht auffallen?«
»Clark, Sie können einem wirklich die Morgenlaune verderben.«
»Ich bin ja nur ein kleiner Fisch vom Personenschutz, aber meckern Sie nicht, wenn ich das mit dem ›Schutz‹ ernst nehme.« John fuhr an den Straßenrand und hielt an. »Doc, ich erlebe so was nicht zum ersten Mal. Sie verausgaben sich völlig. Sie machen sich kaputt. Sie treiben mit Ihren Kräften Raubbau. Das geht schon an die Substanz, wenn man 25 ist, und Sie sind keine 25 mehr, falls Ihnen das noch keiner gesagt hat.«
»Ich bin mir der Gebrechen, die mit dem Alter einhergehen, wohl bewußt«, versetzte Jack und mühte sich ein sarkastisches Lächeln ab, um Clark zu zeigen, daß er ihn nicht zu ernst nahm.
Aber es gelang ihm nicht. Plötzlich fiel John ein, daß Mrs. Ryan nicht an der Tür gewesen war. Hing der Haussegen schief? Nun, danach konnte er sich wohl kaum erkundigen. Was er Ryan vom Gesicht ablas, war schon schlimm genug. Es war nicht nur körperliche Erschöpfung, sondern auch psychische, die Belastung durch seine Vorgesetzten und die Tatsache, daß er alles, was Cabot aus dem Haus gehen ließ, noch einmal nachprüfen mußte. Cabot war ein anständiger Mann, der sich alle Mühe gab, aber einfach keine Ahnung hatte. Also verließ sich der Kongreß auf Ryan, und die Direktorate Operationen und Intelligence stützten sich auf Ryan als Führer und Koordinator. Er konnte sich der Verantwortung nicht entziehen und sah nicht ein, daß es besser war, manche Aufgaben zu delegieren. Die Chefs der Direktorate, die ihm manches hätten abnehmen können, ließen ihn die ganze Arbeit tun. Ein anständiger Rüffel vom DDCI hätte da Abhilfe geschaffen, aber würde ihm Cabot auch Rückhalt geben – oder sah das Weiße Haus dann ein Zeichen, daß Ryan die Macht an sich reißen wollte?
Scheißpolitik! dachte Clark und fuhr wieder an. Interne Machtkämpfe, politisches Gerangel. Und bei Ryan zu Hause stimmte auch etwas nicht. Er konnte nicht sagen was, aber er spürte es.
Doc, für diesen Schlamassel sind Sie zu gut! dachte er aufgebracht und sagte: »Darf ich Ihnen einen Rat geben?«
»Nur zu«, erwiderte Jack, der Dokumente durchsah.
»Nehmen Sie sich zwei Wochen frei, machen Sie Urlaub in Disney World oder einem Club Mediterrane, machen Sie lange Strandspaziergänge. Sehen Sie zu, daß Sie mal für eine Weile aus dieser Stadt rauskommen.«
»Die Kinder haben Schule.«
»Dann nehmen Sie sie halt raus! Oder, besser noch, lassen Sie sie daheim und fahren Sie nur mit Ihrer Frau weg. Nein, das bringen Sie natürlich nicht fertig. Gut, zeigen Sie den Kindern die Mickymaus.«
»Das geht nicht. Die Schule...«
»Ach was, Doc, in dem Alter kommt es doch nicht so drauf an. Wenn sie mal zwei Wochen Rechnen und ein Diktat verpassen, läßt das doch ihre geistige Entwicklung nicht verkümmern. Laden Sie Ihre Batterien auf, spannen Sie mal richtig aus!«
»Ich habe viel zuviel zu tun, John.«
»Jetzt hören Sie endlich mal auf mich. Wissen Sie, wie viele Freunde ich begraben habe? Ich war mit vielen im Einsatz, die nie die Chance hatten, eine Frau, Kinder und ein schönes Haus am Meer zu bekommen. Das alles haben Sie, und trotzdem wollen Sie sich unbedingt ins Grab schuften. Und da werden Sie auch landen, Chef, in höchstens zehn Jahren.«
»Ich habe meinen Beruf!«
»Verdammt, der ist doch nicht Ihr
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