Das Echo aller Furcht
ein guter Vater sein und hat eine liebe Frau. Leider hat er nie gelernt, mit Menschen umzugehen. Trotz alledem ist er ein fähiger Offizier, und wenn er sich ein bißchen menschlicher gäbe, wäre er ein Star.«
»Was halten Sie von Ihrem Einsatzbefehl?«
»Wenn wir ein Akula orten, verfolgen wir es aus sicherer Distanz. Finde ich gut, Commodore. Wir sind so leise, daß wir uns keine Sorgen zu machen brauchen. Ich war überrascht, daß die Bürokraten in Washington diesen Plan genehmigten. Auf den Punkt gebracht: Dieses Boot kann jeder fahren. Gut, Captain Ricks mag nicht perfekt sein, aber solange unser Boot nicht kaputtgeht, könnte sogar Popeye den Auftrag ausführen.«
Die Sekundärladung wurde vor der ersten eingebaut. Ein 65 Zentimeter hoher und elf Zentimeter starker Metallzylinder, der an eine 105-Millimeter-Kartusche erinnerte, enthielt die Lithiumverbindungen. Am unteren Ende hatte er sogar einen vorstehenden Rand, damit er genau an seinen Platz paßte. Unten war auch ein kleines, gekrümmtes Rohr angeschweißt, das ihn mit dem Tritiumreservoir verbinden sollte. Die Außenseite war mit Lamellen aus abgebranntem Uran 238 besetzt, die Fromm an dicke schwarze Kekse erinnerten. Diese sollten natürlich in Plasma verwandelt werden. Unter dem Zylinder befanden sich die ersten Bündel »Trinkhalme« – selbst Fromm nannte sie inzwischen so. Je hundert 60 Zentimeter lange Röhrchen bildeten ein von dünnen, aber starken Distanzscheiben aus Kunststoff zusammengehaltenes und an den Enden um 90 Grad verdrehtes Bündel, das in etwa die Form einer Wendeltreppe hatte. Die Herausforderung bei diesem Teil der Konstruktion war die exakte Anordnung dieser räumlichen Spiralen, und Fromm hatte für die Lösung dieses scheinbar trivialen Problems zwei volle Tage gebraucht. Nun aber paßte alles perfekt zusammen und sah aus wie... einfach wie eine Masse von Trinkhalmen. Beinahe hätte der Deutsche lachen müssen. Fromm prüfte mit Maßband, Mikrometer und fachmännischem Blick alles nach – an vielen Teilen waren Gradeinteilungen cingeschliffen worden, was Ghosn sehr beeindruckt hatte – und begann dann, als er zufrieden war, den nächsten Schritt. Zuerst kamen die präzise geschnittenen Blöcke aus Kunststoffschaum in die elliptische Bombenhülle. Fromm und Ghosn taten nun alle Arbeit selbst. Vorsichtig und behutsam setzten sie den ersten Block zwischen die Flansche im Innern der Hülle. Anschließend kamen die Halmbündel und wurden übereinander eingepaßt. Nach jedem Schritt hielten die beiden Männer inne und prüften ihre Arbeit. Fromm und Ghosn betrachteten sich die Teile, schauten auf den Bauplan, prüften die Anordnung noch einmal und verglichen sie ein zweites Mal mit dem Plan. Für Bock und Kati, die aus einiger Entfernung zuschauten, war das die langweiligste Prozedur, die sie je erlebt hatten.
»Die Leute, die das in Amerika und Rußland tun, müssen vor Langeweile sterben«, bemerkte der Deutsche leise.
»Kann ich mir denken.«
»Nächstes Bündel: Nummer 36«, sagte Fromm.
»Sechsunddreißig«, bestätigte Ghosn und prüfte die drei Etiketten am nächsten Bündel aus hundert Halmen. »Bündel 36.«
»Sechsunddreißig«, wiederholte Fromm mit einem Blick auf die Etiketten, nahm das Teil und setzte es ein. Es paßte perfekt, wie Kati, der näher gekommen war, feststellte. Die geschickten Hände des Deutschen bewegten das Teil ein wenig, damit die Nuten der Spannvorrichtung in die Schlitze des darunterliegenden Zusammenbaus glitten. Als Fromm zufrieden war, schaute Ghosn nach.
»Position korrekt«, sagte er vielleicht zum hundertsten Mal an diesem Tag.
»Stimmt«, meinte Fromm, und dann wurde das Teil mit Draht an seinem Platz fixiert.
»Als baute man eine MP zusammen«, flüsterte Kati Günther zu, nachdem er sich von der Werkbank entfernt hatte.
»Nein.« Bock schüttelte den Kopf. »Schlimmer noch. Das ist, als baute man ein kompliziertes Spielzeug zusammen.« Die beiden schauten sich an und fingen an zu lachen.
»Genug!« rief Fromm gereizt. »Das ist eine diffizile Arbeit! Wir brauchen Ruhe. Nächstes Bündel, Nummer 37!«
»Siebenunddreißig«, bestätigte Ghosn pflichtgemäß.
»Das ist ja schlimmer als eine Zangengeburt!« tobte Kati, als sie draußen waren.
Bock steckte sich eine Zigarette an. »Nein. Bei Frauen geht das schneller.«
Kati lachte wieder und wurde dann ernst. »Eigentlich schade.«
»Stimmt. Sie haben gute Arbeit geleistet. Wann ist es soweit?«
»Sehr bald.«
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