Das Echo aller Furcht
der Chauffeur zurück und überließ Mancuso im Fond seinen Gedanken. Das System hatte sich nicht genug verändert. Er selbst war auf die traditionelle Art aufgestiegen: U-Boot-Schule, eine Dienstzeit als Ingenieur, anschließend das Kommando auf seinem eigenen Boot. In der Navy gab es zu viele Ingenieure und zu wenig Leute mit Führungsqualitäten. Er hatte sich, wie übrigens die meisten Skipper, zum guten Vorgesetzten gemausert, aber es kamen immer noch zu viele Leute in verantwortliche Positionen, für die Menschen Objekte waren, über die man verfügte, Maschinen, die man einfach reparierte. Jim Rosselli und Bart Mancuso gehörten nicht zu dieser Gruppe, aber Harry Ricks.
So, und was tu’ ich jetzt? fragte sich Mancuso.
Zuallererst einmal hatte er keinen triftigen Grund, Ricks abzulösen. Wäre die Geschichte nicht von Jones gekommen, hätte er sie als das Ergebnis interpersoneller Spannungen abgetan. Aber Jones war ein zuverlässiger Beobachter. Mancuso dachte über seine Bemerkungen nach und brachte sie in einen Zusammenhang mit den ungewöhnlich zahlreichen Versetzungsanträgen und Dutch Claggetts zweideutigen Worten. Der IA war in einer heiklen Lage. Er war schon für sein eigenes Kommando ausgewählt worden ... aber ein negatives Urteil von Ricks konnte diese Chance zunichte machen; andererseits hatte er geschworen, Schaden von Schiff und Mannschaft zu wenden. Seine Stellung verlangte Loyalität dem Kommandanten gegenüber; die Marine verlangte die Wahrheit. Claggett befand sich in einer unmöglichen Situation und hatte getan, was er konnte.
Die Verantwortung lag bei Mancuso. Er war der Geschwaderkommandeur, die Skipper und Mannschaften »gehörten« ihm. Ihm oblag auch die Beurteilung der Kommandanten. Und hier mußte er ansetzen.
Aber war an der Sache überhaupt etwas dran? Mehr als anekdotische Informationen und Zufallswerte lagen ihm nicht vor. Was, wenn Jones nur eine Aversion gegen den Mann hatte? Was, wenn die Versetzungsanträge nur ein statistisches Zusammentreffen von Ereignissen waren?
Du weichst dem Kern der Frage aus, Bart, dachte Mancuso. Für schwierige Entscheidungen wirst dubezahlt. Fähnriche und Chiefs tun wie geheißen, hohe Offiziere müssen wissen, was sie zu tun haben. Das war eine der unterhaltsameren Erfindungen bei der Navy.
Mancuso griff nach dem Autotelefon. »Der Kommandant der Maine soll in dreißig Minuten in mein Büro kommen.«
»Jawohl, Sir«, antwortete sein Verwaltungsunteroffizier.
Mancuso schloß die Augen und verbrachte den Rest der Fahrt dösend. Nichts klärte den Verstand besser als ein Nickerchen. Das hatte auf USS Dallas immer gewirkt.
Igitt, Krankenhausessen, dachte Cathy. Selbst in der Uniklinik Hopkins gab es diesen Fraß. Irgendwo mußte es eine spezielle Schule für Krankenhausköche geben, deren Lehrplan die Eliminierung jedweder neuen Idee, den Ausschluß aller Gewürze und die Negation jedes kreativen Rezepts vorsah. Das einzige, das diese Schöpfer dröger Matschepampe nicht ruinieren konnten, war Wakkelpudding aus der Packung.
»Bernie, ich brauche deinen Rat.«
»Wo drückt der Schuh, Cathy?« Ihre Miene und ihr Tonfall hatten ihm schon verraten, worum es ging. Er wartete geduldig. Cathy hatte ihren Stolz, und dieses Geständnis mußte ihr schwerfallen.
»Es geht um Jack«, stieß sie hervor und schwieg dann wieder.
Katz empfand den Schmerz, den er in ihren Augen sah, fast körperlich. »Geht er etwa fremd?«
»Wie bitte? Nein... woher weißt du das?«
»Cathy, das darf ich dir eigentlich nicht sagen, aber wir sind so gute Freunde, daß ich auf die Vorschriften pfeife. Letzte Woche war jemand hier und hat sich nach dir und Jack erkundigt.«
Das machte alles noch schlimmer. »Wie meinst du das? Wer war hier? Und woher kam er?«
»Von der Regierung, ein Ermittlungsbeamter. Tut mir leid, Cathy, aber er wollte wissen, ob ihr Familienproblcmc habt. Der Mann durchleuchtet Jack und fragte mich, ob ich etwas mitbekommen hätte.«
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Daß mir nichts aufgefallen sei. Ich habe dich als Menschen sehr gelobt und meine das auch ernst. Cathy, du stehst nicht allein. Du hast Freunde, die alles tun, um dir zu helfen. Wir sind wie eine Familie. Du fühlst dich bestimmt verletzt, und die Sache muß dir schrecklich peinlich sein. Das ist falsch.« In ihren hübschen blauen Augen standen nun Tränen, und Katz verspürte in diesem Augenblick das Verlangen, Jack Ryan umzubringen – am liebsten auf dem Operationstisch
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