Das Echo aller Furcht
durch die Kernspaltung nebenan heizte die Lithiumverbindung auf. Dieses Material, das normalerweise nur halb so dicht ist wie Kochsalz, wurde zu einem metallischen Aggregatzustand komprimiert und erreichte eine Dichte, die größer war als die des Erdkerns. Was nun begann, war eine kleine Fusionsreaktion, die gewaltige Mengen neuer Neutronen freisetzte und außerdem zahlreiche Lithiumatome in weiteres Tritium verwandelte, dessen Kerne unter dem starken Druck verschmolzen und noch mehr Neutronen ausstrahlten. Die zusätzlich erzeugten Neutronen hatten eigentlich in das Plutonium eindringen, den Alphawert und damit die Sprengleistung der Waffe erhöhen sollen. Mit Hilfe dieser Methode hatte man Atomwaffen der zweiten Generation stärker gemacht. Doch die Gegenwart des Helium drei vergiftete die Reaktion und verwandelte fast ein Viertel aller Neutronen in nutzlose, stabile Heliumatome.
Im Lauf der nächsten paar Nanosekunden machte das nichts aus. Die Kettenreaktion im Plutonium beschleunigte sich weiter, und der Alphawert stieg um einen Faktor, der sich nur in Zahlen ausdrücken läßt.
Nun strömte Energie in die Sckundärladung. Die metallbeschichteten Halme blitzten auf und verwandelten sich in Plasma, das in die Sekundärladung gepreßt wurde. Strahlenenergie von einer Intensität, wie sie an der Oberfläche der Sonne nicht auftritt, wurde von elliptischen Flächen reflektiert, ehe sie diese verdampfen ließ, und gelangte in den Hohlraum der Sekundärladung, wo sie auf das zweite Tritiumreservoir zujagte. Auch die Lamellen aus dichtem Uran 238 vor der Arena der Sekundärladung verwandelten sich in Plasma, das durch das Vakuum flog und dann die zylindrische Hülle aus U 238, die den zentralen Behälter mit der größten Menge Lithium-Deuterid/Tritium umgab, traf und zusammendrückte. Die einwirkenden Kräfte waren so gewaltig, daß die Struktur einem Druck ausgesetzt wurde, der größer war als im Kern eines gesunden Sternes.
Aber es reichte nicht.
Die Reaktion der Primärladung war bereits am Abklingen. Die Gegenwart des Giftes 3 He führte zu Neutronenmangel, und die Sprengkraft der Bombe begann die Reaktionsmasse gerade in dem Moment auseinanderzureißen, in dem die physikalischen Kräfte ein Gleichgewicht erreichten. Nur kurz stabilisierte sich die Kettenreaktion, konnte jedoch ihre geometrische Wachstumsrate nicht beibehalten; die beiden letzten Verdoppelungen fanden überhaupt nicht statt, und die geplante Gesamtleistung der Primärladung von 70000 Tonnen TNT wurde halbiert, dann noch einmal um 50 Prozent reduziert, so daß sie am Ende nur noch 11 200 Tonnen betrug.
Fromms,Konstruktion war so perfekt gewesen, wie es die Umstände und verfügbaren Materialien erlaubt hatten. Eine Waffe identischer Leistung, aber mit nur einem Viertel der Größe, wäre möglich gewesen, aber Fromms Spezifikationen waren mehr als adäquat. Ins Energiebudget war ein massiver Sicherheitsfaktor eingebaut worden. Selbst eine Leistung von 30 Kilotonnen hätte genügt, mit der »Zündkerze« in der Sekundärladung eine massive Kernfusion auszulösen, aber diese 30 Kilotonnen wurden nicht erreicht. Die Bombe war nicht explodiert, sondern nur verpufft.
Doch dieses Verpuffen entsprach 11 200 Tonnen TNT, also einem Würfel aus hochbrisantem Sprengstoff mit den Seitenlängen von 22,8 Metern, zu dessen Transport fast 400 Lastwagen oder ein mittelgroßer Frachter erforderlich gewesen wären – doch man hätte konventionellen Sprengstoff nie mit dieser tödlichen Effizienz zur Explosion bringen können. Mehr noch, eine konventionelle Bombe von diesen Dimensionen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wie auch immer, es hatte nur eine Verpuffung stattgefunden.
Bislang waren wahrnehmbare physikalische Effekte nicht über die Bombenhülle und erst recht nicht über den Transporter hinausgedrungen. Noch war die Stahlhülle relativ intakt, aber das sollte sich bald ändern. Sie war bereits von unsichtbaren Gamma- und Röntgenstrahlen durchdrungen worden. Immer noch war von der Plasmawolke, in die sich das genial konstruierte Wunderwerk vor drei Wack aufgelöst hatte, kein sichtbares Licht ausgegangen. . . doch es war bereits alles geschehen, was sich ereignen mußte. Nun ging es nur noch um die Ausbreitung der durch Naturgesetze bereits erzeugten Energie, für die ihre Manipulatoren und deren Absichten irrelevant waren.
36
Waffenwirkungen
Sergeant Ed Yankevich hätte eigentlich als erster merken sollen, was da vorging, aber das menschliche
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