Das Echo aller Furcht
hat keine direkte Auswirkung auf das Abkommen«, bemerkte Minister Talbot. »Wir finden Ihre nur bedingte Bereitschaft zur Teilnahme enttäuschend.«
»Mag sein, daß ich den Vertragsentwurf mißverstanden habe«, wandte Stavarkos ein und gab sich selbst Flankenschutz. »Wären Sie so gut, meinen Status näher zu erläutern?«
»Ausgeschlossen«, schnaubte der Koordinator.
»Wieso?« erwiderte Angela Miriles. »Welche Möglichkeit klingt vernünftiger?«
»Das ist mir mehr als eine Nummer zu groß.«
»Stimmt, es ist allerhand«, räumte Miriles ein. »Aber was liegt näher?«
»Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.«
»Dazu mag es nicht kommen. Stavarkos hat keine großen Sympathien für die römisch-katholische Kirche. Der Streit, den er letzte Weihnachten vom Zaun brach, war häßlich.«
»Warum haben wir dann nicht darüber berichtet?«
»Weil wir endlose Reportagen über das schlechte Weihnachtsgeschäft brachten«, versetzte sie und hätte am liebsten hinzugefügt: Du Arsch.
»Eine separate Kommission?« fragte Stavarkos unwillig.
»Der Metropolit möchte seinen eigenen Vertreter entsenden«, erklärte Popow. Der Stellvertretende Außenminister glaubte zwar nach wie vor an Marx und nicht an Gott, mußte aber als Russe sicherstellen, daß die russischorthodoxe Kirche an dem Abkommen beteiligt wurde – ganz gleich, wie unwichtig dieser Punkt sein mochte. »Ich finde diese Angelegenheit höchst merkwürdig. Verzögern wir den Vertragsabschluß wegen der Frage, welche christliche Kirche nun am einflußreichsten ist? Wir sind hier zusammengekommen, um einen Krisenherd zu entschärfen, einen potentiellen Krieg zwischen Juden und Moslems zu verhindern. Warum stehen die Christen im Weg?« Popow schaute bei dieser Frage an die Decke – eine Spur zu theatralisch, wie D’Antonio fand.
»Dieses Randthema lassen wir am besten von einem separaten Komitee der christlichen Geistlichkeit behandeln«, schlug Kardinal D’Antonio schließlich vor. »Ich verspreche, daß wir die interkonfessionellen Streitigkeiten beilegen werden.«
Das höre ich nicht zum ersten Mal, dachte Stavarkos – aber warum bin ich eigentlich so kleinlich? Ich mache mich ja vor den Katholiken und Russen zum Narren! Ein weiterer Faktor war, daß er in Istanbul, seinem Konstantinopel, von den Türken nur geduldet wurde und daß diese Konferenz einen immensen Prestigegewinn für seine Kirche und sein Amt bedeutete.
»Bitte vergeben Sie mir. Bedauerliche Vorfälle haben mein Urteil getrübt. Jawohl, ich unterstütze das Abkommen und hoffe, daß meine Glaubensbrüder Wort halten.«
Brent Talbot lehnte sich zurück und wisperte ein Dankgebet. Das tat er zwar gewöhnlich nicht, aber in dieser Umgebung ...
»Und damit wäre das Abkommen perfekt.« Talbot schaute in die Runde, und die Konferenzteilnehmer nickten nacheinander, manche begeistert, manche resigniert. Aber niemand erhob Einspruch. Man stimmte überein.
»Mr. Adler, wann können die Dokumente zur Paraphierung vorgelegt werden?« fragte D’Antonio.
»In zwei Stunden, Eminenz.«
Talbot erhob sich. »Hoheit, Eminenzen, meine Herren, wir haben es geschafft.«
Seltsamerweise war ihnen kaum bewußt, was sie bewerkstelligt hatten. Die Verhandlungen hatten recht lange gedauert, und wie es bei zähem Feilschen oft der Fall ist, war das Procedere wichtiger geworden als das Ziel. Nun waren sie dahin gekommen, wo sie hingestrebt hatten, und so erstaunt, daß sie trotz ihrer ganzen Erfahrung im Formulieren und in außenpolitischen Verhandlungen alles wie durch einen Schleier wahrnahmen. Die Teilnehmer folgten Talbots Beispiel und erhoben sich, und die Bewegung, das Strecken der Beine, brachte sie wieder auf den Boden der Realität zurück. Einem nach dem anderen wurde klar, daß man tatsächlich am Ziel war. Das Unmögliche war geschafft. David Aschkenasi ging um den Tisch herum zu Prinz Ali, der für sein Land verhandelt hatte, und streckte die Hand aus. Aber das reichte nicht. Der Prinz nahm den Minister in die Arme wie einen Bruder.
»Bei Gott, zwischen uns wird Frieden herrschen, David.«
»Jawohl, und nach so langer Zeit, Ali«, erwiderte der ehemalige israelische Panzersoldat. 1956 hatte Aschkenasi am Suezkanal als Leutnant gekämpft, 1967 als Hauptmann, und 1973 war sein Reservebataillon den bedrängten Truppen auf dem Golan zur Hilfe gekommen. Beide Männer reagierten überrascht auf den spontanen Applaus der Runde. Der Israeli brach in Tränen aus, für die er sich
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