Das Echo aller Furcht
kann.
»Elizabeth, wir haben der ganzen Welt einen Dienst erwiesen.« Mit »wir« meinte er natürlich sich selbst, wie Elliot wohl wußte, aber das war recht und billig. Immerhin hatte Bob Fowler monatelang den Wahlkampf ertragen und dabei obendrein noch seine Amtsgeschäfte als Gouverneur geführt; er hatte zahllose Reden gehalten, Babys geküßt und den immer gleichen brutalen Fragen der Reporter standgehalten. Und in wie viele Ärsche hatte er kriechen müssen... Der Weg in dieses kleine Büro, das Zentrum der Exekutive, war ein Durchhaltetest, der die wenigen Männer, die ihn erfolgreich bestanden – schade, daß es immer noch nur Männer sind, dachte Liz –, seltsamerweise nicht mürbe machte. Der Lohn für die Mühe und endlose Rackerei waren die Lorbeeren, die der Amtsinhaber erntete. Die Leute gingen schlicht davon aus, daß der Präsident die Dinge lenkte und die Entscheidungen traf und daher für Erfolge und Mißerfolge persönlich verantwortlich war. Hierbei ging es vorwiegend um die Innenpolitik, also um Arbeitslosigkeit, Inflation und Konjunktur, und selten ging es um bedeutende, die Welt verändernde Ereignisse. Reagan, räumte Elliot ein, würde als der Mann in die Geschichte eingehen, der zufällig Präsident war, als die Russen den Marxismus verwarfen, und Bush als derjenige, der den politischen Profit einheimste. Nixon hatte die Tür nach China geöffnet, und Carter hatte das, was Fowler nun gelungen war, zum Greifen nahe gehabt. Der amerikanische Wähler mochte bei der Stimmabgabe nur die Sicherung seines Wohlstands im Auge haben, aber Geschichte machte, wer einen weiteren Horizont hatte. Was einem Mann ein paar Absätze in einem allgemeinen Geschichtswerk und ganze Bände gelehrter Studien eintrug, waren die grundlegenden Veränderungen der politischen Welt. Nichts anderes zählte. Die Historiker hielten jene Gestalten in Erinnerung, die politische Ereignisse beeinflußt hatten – also Bismarck, nicht Edison –, für die politische Faktoren als Triebkraft für den technischen Fortschritt dienten. Elizabeth Elliot hätte das durchaus auch umgekehrt sehen können. Doch die Geschichtsschreibung hatte ihre eigenen Regeln und Konventionen, die mit der Realitätnur wenig zu tun hatten, denn die Realität war so gewaltig, daß sie auch von Akademikern, die nach Jahren ein Ereignis zu verarbeiten suchten, nicht erfaßt werden konnte. Die Politiker hielten sich bereitwillig an diese Regeln, denn wenn sich etwas Denkwürdiges zutrug, gingen sie in die Geschichte ein, verewigt von den Historikern.
»Der Welt einen Dienst erwiesen?« wiederholte Elliot nach einer längeren Pause. »Klingt gut. Wilson nannte man den Präsidenten, der uns aus dem Krieg heraushielt. Dich wird man als den Mann in Erinnerung behalten, der allem Krieg ein Ende setzte.«
Fowler und Elliot wußten wohl, daß Wilson, kurz nachdem er aufgrund dieses Versprechens wiedergewählt worden war, Amerika in seinen ersten richtigen Krieg im Ausland geführt hatte, den letzten aller Kriege, wie ihn die Optimisten genannt hatten, lange vor dem Holocaust und dem nuklearen Alptraum. Diesmal aber waren beide sicher, daß es um mehr als um Optimismus ging und daß Wilsons Vision von einer friedlichen Welt endlich Form anzunehmen begann.
Der Mann war Druse, ein Ungläubiger also, aber dennoch geachtet. Er war im Krieg gegen die Zionisten verwundet und für seine Tapferkeit ausgezeichnet worden. Die unmenschlichen Waffen des Feindes hatten ihm die Mutter genommen. Und die Bewegung hatte seine Unterstützung. Kati hatte die Grundlagen nie vergessen und als junger Mann die Bücher des Vorsitzenden Mao gelesen. Daß Mao ein Ungläubiger der übelsten Sorte gewesen war, ein Atheist, der Gläubige verfolgte, tat nichts zur Sache. Der Revolutionär war ein Fisch, der im Meer der Massen schwamm. Die Massen hinter sich zu wissen war die Grundvoraussetzung für jeden Erfolg. Dieser Druse hatte gespendet, soviel er konnte, und einmal einem verwundeten Freiheitskämpfer in seinem Haus Zuflucht geboten. Das hatte man nicht vergessen. Kati erhob sich von seinem Schreibtisch und begrüßte den Mann mit einem warmen Händedruck und flüchtigen Küssen.
»Willkommen, mein Freund.«
»Ich bin dankbar, daß Sie mich empfangen, Kommandant.« Der Händler wirkte sehr nervös; Kati fragte sich, was er auf dem Herzen hatte.
»Bitte nehmen Sie Platz. Abdullah«, rief er laut, »hole Kaffee für unseren Gast.«
»Bitte machen Sie sich meinetwegen keine
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