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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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sich im Dunkel der Nacht. Mit sich nahm er eine hoffnungsvolle Frau in einem Kleid, das wohl die größte Mogelpackung in der Geschichte der Haute-Couture-Kopien darstellte.

19
    Am nächsten Tag kehrte wieder Normalität ein. Mitten am Nachmittag läutete es an der Tür, was mich wunderte, denn ich hatte keinen Termin vereinbart. Es war Félix. Ohne ein Wort schlüpfte er in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Ich war überrascht, denn für gewöhnlich tauchte er erst spätabends bei mir auf. Als er sich vor den indiskreten Blicken seiner Mutter am Türspion sicher wusste, sprudelte es nur so aus ihm heraus.
    » Also, so was, meine Liebe, mit uns geht’s aber steil bergauf!«
    » Wie meinst du das?«, fragte ich verwundert.
    » Na, wegen der elfenhaften Dame, der ich soeben an der Haustür begegnet bin.«
    » Rosalinda Fox? Sie war zur Anprobe hier. Und außerdem hat sie mir heute Morgen einen Strauß als Dankeschön schicken lassen. Sie war es, der ich gestern aus der kleinen Verlegenheit geholfen habe.«
    » Sag bloß nicht, das Delphos war für die dürre Blonde, die ich gerade getroffen habe?«
    » Doch, genau für die.«
    Er schien ein paar Sekunden genüsslich auszukosten, was er gehört hatte. Dann fuhr er mit einem leicht spöttischen Unterton fort:
    » Ach, wie interessant! Da hast du aber einer sehr, wirklich sehr speziellen Dame aus der Patsche geholfen!«
    » Inwiefern speziell?«
    » Speziell insofern, meine Liebe, als deine Kundin im Augenblick wahrscheinlich die mächtigste Frau ist, wenn es darum geht, irgendein Problem im Protektorat zu lösen. Abgesehen von denen, die mit Kleidern zu tun haben, aber was sag ich, dafür hat sie ja dich, die Königin der Nachahmung.«
    » Félix, du sprichst in Rätseln.«
    » Willst du vielleicht sagen, dass du nicht weißt, wer diese Rosalinda Fox ist, für die du gestern in wenigen Stunden ein atemberaubendes Modellkleid angefertigt hast?«
    » Eine Engländerin, die den größten Teil ihres Lebens in Indien verbracht und einen fünfjährigen Sohn hat.«
    » Und einen Geliebten.«
    » Einen Deutschen.«
    » Kalt, ganz kalt.«
    » Es ist kein Deutscher?«
    » Nein, meine Liebe. Du bist auf der falschen, einer ganz falschen Fährte.«
    » Woher weißt du das?«
    Er lächelte süffisant.
    » Weil es ganz Tetuán weiß.«
    » Wer ist es denn?«
    » Ein wichtiger Mann.«
    » Wer denn?«, wiederholte ich und zog ihn ungeduldig am Ärmel, da ich vor Neugier schier platzte.
    Wieder lächelte er spöttisch und hielt sich mit einer theatralischen Geste die Hand vor den Mund, als würde er mir ein großes Geheimnis verraten. Dann flüsterte er mir langsam ins Ohr:
    » Deine Freundin ist die Geliebte des Hochkommissars.«
    » Von comisario Vázquez?«, fragte ich ungläubig zurück.
    Erst quittierte er meine Vermutung mit einem schallenden Lachen, dann klärte er mich auf.
    » Aber nein, mein Dummchen. Claudio Vázquez ist nur für polizeiliche Angelegenheiten zuständig, um die Kriminellen vor Ort und seine Truppe von hirnlosen Gesetzeswächtern im Zaum zu halten. Ich bezweifle sehr, dass er Zeit hat für außereheliche Affären oder zumindest für eine feste Freundin, der er am Paseo de las Palmeras eine Villa mit Swimmingpool zur Verfügung stellt. Deine Kundin, meine Schöne, ist die Geliebte von Hochkommissar Juan Luis Beigbeder y Atienza, Hochkommissar von Spanisch-Marokko und Generalgouverneur der Plazas de Soberanía, der fünf spanischen in Marokko liegenden Exklaven. Der wichtigste Posten in Militär und Verwaltung im ganzen Protektorat, wohlgemerkt.«
    » Bist du sicher, Félix?«, murmelte ich.
    » Meine Mutter soll putzmunter hundert Jahre alt werden, wenn ich dich anlüge. Kein Mensch weiß, seit wann sie zusammen sind, sie ist ja erst vor gut einem Monat nach Tetuán gekommen. Aber das reicht auf jeden Fall, dass alle Welt darüber im Bilde ist, wer sie ist und was zwischen den beiden läuft. Die nationalistische Regierung in Burgos hat ihn vor Kurzem offiziell zum Hochkommissar ernannt, obwohl er diese Funktion praktisch schon seit Kriegsbeginn ausübt. Es heißt, Franco ist hochzufrieden mit ihm, weil er am laufenden Band kampflustige Marokkaner rekrutiert, die er an die Front schicken kann.«
    Nicht in meinen wildesten Fantasien hätte ich mir Rosalinda Fox als Geliebte eines Hochkommissars der Nationalisten vorgestellt.
    » Und wie ist er?«
    Bei meiner neugierigen Frage musste er wieder herzhaft lachen.
    » Beigbeder? Du kennst ihn nicht? Es

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