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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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leere Leinwand.
    Um Viertel nach sieben saß ich noch immer in das Handtuch gewickelt und mit ausgestreckten Armen da, während Candelaria und die Nachbarin auf meine frisch lackierten Fingernägel pusteten, damit der Lack schneller trocknete. Zwanzig Minuten nach sieben strich mir Félix ein letztes Mal prüfend mit dem Daumen über die gerade von ihm in Form gebrachten Augenbrauen. Fünfundzwanzig Minuten nach sieben steckte Remedios die letzte Haarsträhne fest, und fast im selben Augenblick kam Jamila vom Balkon hereingeschossen und verkündete in höchster Aufregung, dass mein Begleiter soeben um die Straßenecke gebogen sei.
    » Jetzt fehlen nur noch ein paar Kleinigkeiten«, erklärte meine Geschäftspartnerin.
    » Aber, Candelaria, alles ist perfekt, für anderes haben wir keine Zeit mehr«, entgegnete ich und machte mich halb nackt auf die Suche nach meinem Kleid.
    » Pustekuchen!«, sagte die Stimme hinter mir barsch.
    » Ich muss mich anziehen, Candelaria, wirklich …«, beharrte ich nervös.
    » Sei still und sieh gefälligst her, habe ich gesagt«, befahl sie und packte mich mitten auf dem Flur am Arm. Dann hielt sie mir ein flaches, in zerknittertes Papier eingewickeltes Päckchen hin.
    Hastig riss ich das Papier auf. Ich wusste, dass ich ihr nachgeben musste, ich hatte keine Chance.
    » Mein Gott, Candelaria, ich glaube es nicht!«, rief ich aus und faltete dabei ein Paar Seidenstrümpfe auseinander. » Wie hast du die ergattert? Du hast doch gesagt, dass es seit Monaten kein einziges Paar mehr zu kaufen gibt!«
    » Jetzt sei endlich mal still und mach das hier auf«, unterbrach sie mich und hielt mir ein weiteres Päckchen hin.
    Aus dem groben Packpapier zog ich einen wunderschönen Gegenstand aus poliertem Schildpatt mit goldfarbenem Rand hervor.
    » Das ist eine Puderdose«, erklärte Candelaria voller Stolz. » Damit du dir die ordentlich gepuderte Nase nachpudern kannst. Schließlich sind die Damen, mit denen du heute zusammentriffst, weiß Gott nichts Besseres als du.«
    » Sie ist wunderschön«, flüsterte ich und strich, ehe ich sie öffnete, zärtlich über den Deckel. Sie enthielt ein Stück Kompaktpuder, einen kleinen Spiegel und eine weiße Puderquaste. » Vielen Dank, Candelaria. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen, Sie haben schon so viel für mich getan …«
    Mehr konnte ich nicht sagen, und das hatte zwei Gründe: Zum einen war ich kurz davor, in Tränen auszubrechen, und zum anderen läutete es im selben Augenblick an der Tür. Das anhaltende Klingeln brachte mich in Bewegung, ich hatte keine Zeit für Sentimentalitäten.
    » Jamila, mach sofort auf!«, wies ich an. » Félix, bring mir das Ensemble, das auf dem Bett liegt. Candelaria, helfen Sie mir mit den Strümpfen, sonst kommt in der Eile noch eine Laufmasche hinein. Remedios, bringen Sie mir bitte die Schuhe. Angelita, ziehen Sie im Flur den Vorhang zu. Los, alle ins Atelier, damit er uns nicht hört.«
    Aus der Rohseide hatte ich mir schließlich ein Jackenkleid mit großem Revers genäht, sehr tailliert, mit einem ausgestellten Rock. Mangels Schmuck trug ich als einziges Accessoire eine tabakfarbene Stoffblume am Revers, und mit demselben Stoff hatte ich mir von einem Schuster im maurischen Viertel ein Paar Schuhe mit schwindelerregend hohen Absätzen beziehen lassen. Remedios hatte meine Haare zu einem eleganten lockeren Knoten geschlungen, der Félix’ spontanem Einsatz als Visagist den richtigen Rahmen gab. Obwohl er keinerlei Erfahrung in derlei Dingen besaß, hatte er die Aufgabe exzellent bewältigt: Er hatte freudigen Glanz um meine Augen gezaubert, mein müdes Gesicht zum Strahlen gebracht, meinen Lippen Fülle gegeben.
    Gemeinsam zogen mich meine Helfer an, stellten mir die Schuhe bereit, korrigierten ein letztes Mal Frisur und Make-up. Mir blieb nicht einmal mehr Zeit für einen prüfenden Blick in den Spiegel. Kaum war ich fertig, trat ich auf den Flur hinaus und ging auf Zehenspitzen in Richtung Tür. Dort hielt ich inne und betrat dann, betont gelassen, den Salon. Marcus Logan stand mit dem Rücken zu mir an einer Balkontür und blickte auf die Straße hinunter. Als er meine Schritte auf den Fliesen der Diele hörte, drehte er sich um.
    Seit unserer letzten Begegnung waren neun Tage vergangen, und in dieser Zeit hatte sich die körperliche Verfassung des Journalisten sehr gebessert. Er trug den linken Arm nicht mehr in der Schlinge, sondern die linke Hand in der Tasche seiner dunklen Anzugjacke. Sein

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