Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
Vom Netzwerk:
bis wir das Hochkommissariat erreichten, doch schließlich kamen wir an. Mir schnürte sich der Magen zu, als wir durch das schmiedeeiserne Tor auf das imposante Gebäude zugingen.
    Am Einlass hielten mehrere einheimische Soldaten Wache. Sie gaben ein großartiges Bild ab in ihrer Galauniform mit dem großen Turban und den im Wind schwingenden Capes. Wir durchquerten den mit Fahnen und Standarten geschmückten Garten, ein Adjutant geleitete uns zu einer Gruppe geladener Gäste, die unter weißen, eigens für diesen Anlass aufgestellten Sonnendächern auf den Beginn des Festaktes warteten. Man sah eine bunte Mischung aus militärischen Schirmmützen, Handschuhen und Perlenketten, Krawatten, Fächern, blauen Hemden unter weißen Jacketts mit dem eingestickten Wappen der Falange auf der Brust und gar nicht wenige Kleider, die ich Stich für Stich eigenhändig genäht hatte. Mit einem diskreten Kopfnicken grüßte ich mehrere Kundinnen und tat, als würde ich die verstohlenen Blicke und das Getuschel rundherum nicht bemerken – wer ist sie, wer ist er, konnte ich von manchen Lippen ablesen. Ich erkannte noch mehr Gesichter wieder, die meisten von Fotografien aus Zeitungen und Zeitschriften, die Félix mir in den letzten Tagen gezeigt hatte. Mit manch anderem Gesicht jedoch verband sich für mich ein persönlicher Kontakt. Beispielsweise mit dem von comisario Vázquez, der es meisterhaft verstand, sein Erstaunen darüber zu verbergen, dass er mir in dieser Umgebung begegnete.
    » Sieh mal einer an! Was für eine nette Überraschung!«, sagte er, derweil er sich von einer Gruppe löste und auf uns zukam.
    » Guten Abend, Don Claudio.« Ich bemühte mich, ganz normal zu klingen, wusste aber nicht, ob es mir gelang. » Ich freue mich, Sie zu sehen.«
    » Sicher?«, fragte er mit ironisch hochgezogenen Augenbrauen.
    Ich konnte gar nicht mehr antworten, denn angesichts meiner bestürzten Miene begrüßte er sogleich meinen Begleiter.
    » Guten Abend, Señor Logan. Ich sehe, Sie haben sich schon recht gut eingelebt.«
    » Der Herr comisario hat mich gleich nach meiner Ankunft in Tetuán zu sich gebeten«, klärte mich der Journalist auf, während die beiden sich die Hände reichten. » Es ging um meine Einreise.«
    » Bis jetzt hat er sich nichts zuschulden kommen lassen, aber informieren Sie mich, falls Ihnen bei ihm etwas seltsam vorkommen sollte«, meinte der comisario scherzend zu mir. » Und Sie, Logan, passen mir auf die Señorita Quiroga auf. Sie hat ein sehr hartes Jahr hinter sich und ununterbrochen gearbeitet.«
    Wir verabschiedeten uns von comisario Vázquez und gingen weiter. Der Journalist gab sich die ganze Zeit entspannt und aufmerksam, und ich bemühte mich, ihn nicht spüren zu lassen, dass ich mich fühlte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Auch er kannte fast niemanden, doch das schien ihn nicht im Geringsten zu stören. Vielmehr bewegte er sich mit beneidenswerter Selbstsicherheit, wahrscheinlich kam das durch seinen Beruf. Félix’ Rat folgend, machte ich ihn verstohlen auf den einen oder anderen Gast aufmerksam: Jener Herr im dunklen Anzug ist José Ignacio Toledano, ein reicher Jude, Direktor der Banca Hassan. Jene überaus elegante Dame mit dem Federkopfschmuck und der Zigarettenspitze in der Hand ist die Duquesa de Guisa, eine adelige Französin, die in Larache lebt. Der korpulente Mann, dessen Glas gerade nachgefüllt wird, ist Mariano Bertuchi, der Maler. Alles lief ab wie im Protokoll vorgesehen. Es kamen noch mehr geladene Gäste, dann die zivilen spanischen Würdenträger und anschließend die militärischen. Danach die marokkanischen Exzellenzen in ihrer exotischen Kleidung. Von dem angenehm kühlen Garten aus hörten wir das Geschrei auf der Straße draußen, die Hochrufe und den Beifall. Er ist angekommen, er ist da, raunte man um uns her. Doch der Ehrengast ließ noch ein Weilchen auf sich warten. Zuerst präsentierte er sich der Menschenmenge, ließ sich bejubeln wie ein Torero oder eine der amerikanischen Schauspielerinnen, die meinen Nachbarn so faszinierten.
    Und endlich erschien der so sehr Erwartete und Ersehnte, der Schwager des Caudillo, es lebe Spanien! In einem schwarzen Anzug mit Weste, ernst, steif, sehr schlank und schrecklich gut aussehend mit seinem fast weißen, nach hinten gekämmten Haar. Unerschütterlich, mit diesen aufmerksam blickenden Katzenaugen. Er war damals siebenunddreißig Jahre alt, sah aber etwas älter aus.
    Ich musste zu den wenigen Menschen gehören, die es

Weitere Kostenlose Bücher