Das Echo der Traeume
Er erklärte es mir auch nicht, sondern stellte eine Frage, die mit seiner Bemerkung anscheinend überhaupt nichts zu tun hatte.
» Wäre es sehr unverschämt, wenn ich Sie um einen Gefallen bitten würde?«
Das tat er ganz beiläufig, als hätte er mich vor ein paar Minuten gefragt, ob ich gerne eine Zigarette oder ein Schälchen Obstsalat hätte.
» Kommt darauf an«, erwiderte ich und täuschte eine Unbekümmertheit vor, die ich gar nicht empfand. Der Abend war zwar relativ entspannt verlaufen, aber ich fühlte mich dennoch nicht wohl und konnte dieses Fest, das nichts mit mir zu tun hatte, nicht recht genießen. Außerdem beunruhigte mich Rosalindas Abwesenheit. Es war schon sehr merkwürdig, dass sie sich überhaupt nicht blicken ließ. Dass der Journalist mich erneut um einen lästigen Gefallen bat, fehlte gerade noch. Es reichte doch schon, dass ich mich hatte erweichen lassen, zu diesem Fest mitzugehen.
» Es ist keine große Sache«, stellte Logan klar. » Ich würde nur gerne wissen, was die Deutschen Serrano Suñer da zeigen, was sie so interessiert betrachten.«
» Aus privater oder beruflicher Neugier?«
» Beides. Aber ich kann schlecht hingehen. Sie wissen, dass wir Engländer ihnen nicht genehm sind.«
» Sie meinen also, ich soll mich der Gruppe nähern und einen Blick darauf werfen?«, hakte ich ungläubig nach.
» Möglichst so, dass es nicht auffällt.«
Fast hätte ich laut aufgelacht.
» Das meinen Sie nicht ernst, oder?«
» Doch. Darin besteht meine Arbeit: die Suche nach Informationen und Wegen, um sie mir zu beschaffen.«
» Und da Sie nicht selbst an diese Information kommen, soll ich das Mittel zum Zweck sein.«
» Ich möchte Sie nicht ausnutzen, bestimmt nicht. Es ist nur eine schlichte Bitte, Sie sind zu nichts verpflichtet. Überlegen Sie es sich einfach.«
Ich sah ihn schweigend an. Er wirkte aufrichtig und vertrauenswürdig, war es aber wahrscheinlich nicht, wie Félix es prophezeit hatte. Letzten Endes war es eine reine Interessensfrage.
» Einverstanden, ich tue es.«
Der Journalist wollte etwas sagen, sich vielleicht bedanken, doch ich fiel ihm ins Wort.
» Ich erwarte aber eine Gegenleistung«, fügte ich hinzu.
» Was?«, fragte er verwundert. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass meine Hilfe einen Preis haben würde.
» Finden Sie heraus, wo Señora Fox steckt.«
» Und wie?«
» Lassen Sie sich etwas einfallen, Sie sind doch der Journalist.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, kehrte ich ihm den Rücken zu und entfernte mich. Aber wie zum Teufel sollte ich mich den Deutschen und Serrano Suñer nähern, ohne allzu aufdringlich zu erscheinen?
Die Lösung fand sich mit der Puderdose, die mir Candelaria geschenkt hatte, kurz bevor ich aus dem Haus gegangen war. Ich nahm sie aus der Handtasche, klappte sie auf und tat, als wäre ich auf dem Weg zur Toilette und betrachtete eine Stelle in meinem Gesicht. Nur dass ich mir, scheinbar ganz auf mein Spiegelbild konzentriert, nicht dort einen Weg bahnte, wo ohnehin Lücken waren, sondern – wie ungeschickt von mir! – gegen den deutschen Konsul stieß.
Bei diesem Zusammenprall fiel mir meine Puderdose aus der Hand, und die Unterhaltung hörte schlagartig auf.
» Es tut mir schrecklich leid, Sie ahnen ja nicht, wie leid es mir tut, ich war abgelenkt …«, stammelte ich und tat ganz verwirrt.
Vier Männer aus der Gruppe machten Anstalten, meine Puderdose aufzuheben, doch einer war schneller als die anderen. Der schlankste, der mit den fast weißen, nach hinten gekämmten Haaren. Der einzige Spanier. Der mit den Katzenaugen.
» Ich glaube, der Spiegel ist zerbrochen«, sagte er, während er sich aufrichtete. » Sehen Sie?«
Ich sah es. Aber ehe ich mir den Spiegel näher anschaute, versuchte ich einen Blick auf das zu erhaschen, was er außer meiner Puderdose in seinen langen, schlanken Fingern hielt.
» Ja, der ist wohl nicht mehr zu gebrauchen«, antwortete ich leise und fuhr mit dem Zeigefinger sacht über die gesprungene Oberfläche des Spiegels, den er noch in der Hand hielt. Mein frisch lackierter Fingernagel spiegelte sich hundertfach darin.
Wir standen Schulter an Schulter, die Köpfe dicht beieinander, beide über den kleinen Gegenstand gebeugt. Ich nahm seinen hellen Teint wahr, seine feinen Gesichtszüge und die ergrauten Schläfen, die dunkleren Augenbrauen, den schmalen Schnurrbart.
» Vorsicht, verletzen Sie sich nicht«, machte er mich mit gedämpfter Stimme aufmerksam.
Ich zögerte meinen
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