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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Bedürfnissen, überprüfte mein Kleid und meine Frisur und schickte mich an zu gehen. Doch mir fehlte die Kraft, mich wieder der Realität zu stellen. Deshalb beschloss ich, mir einige Minuten des Alleinseins zu gönnen. Ich öffnete das Fenster, und herein strömte die nordafrikanische Nacht mit ihrem Jasminduft. Ich setzte mich auf die Fensterbrüstung und betrachtete sinnend die dunklen Schatten der Palmen. Aus dem vorderen Garten drang gedämpft das Gemurmel der Unterhaltungen an mein Ohr. Ich vergnügte mich, ohne etwas zu tun, indem ich die Stille genoss und meine Sorgen einfach ausblendete. Doch nach einer Weile meldete sich meine innere Stimme: He, es ist Zeit, wieder zurückzugehen. Mit einem Seufzer erhob ich mich und schloss das Fenster. Ich musste wieder zurück, mich unter jene Menschen begeben, mit denen ich so wenig zu tun hatte, zu dem Ausländer, der mich zu diesem absurden Fest geschleppt und mich um diesen ungewöhnlichen Gefallen gebeten hatte. Ich betrachtete mich ein letztes Mal prüfend im Spiegel, dann löschte ich das Licht und trat hinaus.
    Ich ging den dunklen Korridor entlang, bog einmal ab, ein weiteres Mal, glaubte mich auf dem richtigen Weg. Aber plötzlich stand ich vor einer Doppeltür, die sich zuvor nicht auf meinem Weg befand. Ich öffnete sie und fand einen großen, leeren Raum vor, der im Dunkeln lag. Ich hatte mich verirrt, ganz gewiss, also entschied ich mich, einen anderen Weg zu versuchen. Ein weiterer Korridor, dieses Mal linker Hand, wie ich mich zu erinnern meinte. Doch ich verlief mich erneut und gelangte in einen Bereich, der weniger vornehm war, der weder auf Hochglanz polierte Holzfriese noch Generäle in Öl an den Wänden aufzuweisen hatte. Vermutlich war ich in den Verwaltungstrakt geraten. Nur ruhig, sagte ich mir ohne große Überzeugung. Plötzlich kam mir wieder in den Sinn, wie ich in jener Nacht mit den Pistolen unter dem Haik durch die Gassen der Altstadt geirrt war. Ich verbannte diese Erinnerung bewusst aus meinem Kopf, konzentrierte mich wieder auf die Gegenwart und unternahm einen dritten Versuch. Und plötzlich fand ich mich erneut am Ausgangspunkt wieder, beim Waschraum. Also, falscher Alarm, ich hatte mich doch nicht verirrt. Ich rief mir ins Gedächtnis, wie ich in Begleitung des Soldaten hierhergekommen war, und konnte mich wieder orientieren. Alles klar, Problem gelöst, dachte ich und machte mich auf den Weg zum Ausgang. Und tatsächlich kam mir nun alles bekannt vor. Eine Vitrine mit alten Waffen, gerahmte Fotografien, aufgezogene Fahnen. Und als ich gerade um eine Ecke biegen wollte, hörte ich sogar Stimmen, die ich wiedererkannte – ich hatte sie im Garten bei der lächerlichen Szene mit meiner Puderdose gehört.
    » Hier ist es angenehmer, Ramón, lieber Freund. Hier können wir uns in aller Ruhe unterhalten. Es ist der Raum, in dem Oberst Beigbeder uns normalerweise empfängt«, sagte jemand mit einem starken deutschen Akzent.
    » Ausgezeichnet«, antwortete sein Gesprächspartner nur.
    Ich verharrte reglos, wagte nicht zu atmen. Serrano Suñer und mindestens ein Deutscher befanden sich nur wenige Meter entfernt und näherten sich meinem Standort. Sobald einer um die Ecke böge, stünden wir uns direkt gegenüber. Mir zitterten die Knie, wenn ich nur daran dachte. Es gab gar keinen Grund, vor dieser Begegnung Angst zu haben. Nur, dass mir die Kraft fehlte, noch einmal eine Schau abzuziehen und eine dramatische Geschichte über geplatzte Rohre und Wasserlachen zu erzählen, um meinen einsamen Streifzug durch die Gänge des Hochkommissariats mitten in der Nacht zu rechtfertigen. Blitzschnell überlegte ich, was zu tun sei. Umkehren konnte ich nicht, dazu blieb keine Zeit mehr, aber den beiden Männern durfte ich auf keinen Fall begegnen. Also blieb als einzige Möglichkeit, seitlich auszuweichen. Dort befand sich eine geschlossene Tür. Ohne lange nachzudenken, öffnete ich sie und schlüpfte hinein.
    Der Raum lag im Dunkeln, doch durch die Fenster drang ein wenig Mondlicht. Erleichtert lehnte ich mich gegen die Tür. Sobald Serrano Suñer und sein Begleiter vorbeigegangen und verschwunden wären, konnte ich wieder hinaus und meinen Weg fortsetzen. Der hell erleuchtete Garten, das Gemurmel der Unterhaltungen und Marcus Logans unerschütterlicher Gleichmut erschienen mir auf einmal wie das Paradies, das für mich im Augenblick jedoch unerreichbar war. Ich atmete tief durch. Als ich mich an meinem Zufluchtsort umsah, erkannte ich in den

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