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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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sammelten sich bei seiner Ankunft Falangisten vor dem Portal seiner Botschaft und empfingen ihn mit der Parole: » Gibraltar den Spaniern!«
    Nachdem er dem generalísimo seine Ernennungsurkunde überreicht hatte, begann für ihn ein sich über ganze vier Jahre erstreckender Leidensweg – so lange dauerte seine Mission. Er bereute es viele hundert Mal, dass er diesen Posten angenommen hatte: Er fühlte sich äußerst unwohl in dieser feindseligen Umgebung, so unwohl wie nie zuvor an allen seinen zahlreichen früheren Einsatzorten. Die Atmosphäre war beklemmend, die Hitze unerträglich. Tagtäglich agitierten Falangisten vor seiner Botschaft, sie warfen ihm die Fenster ein, rissen an den Dienstfahrzeugen die Wimpel und sonstigen Insignien ab und beschimpften die britischen Botschaftsmitarbeiter, ohne dass die spanischen Ordnungskräfte einen Finger rührten. Die Presse lancierte eine aggressive Kampagne mit der Beschuldigung, Großbritannien sei dafür verantwortlich, dass Spanien hungern müsse. Lediglich ein Häufchen konservativer Monarchisten, eine Handvoll Nostalgiker, die Königin Victoria Eugenia nachtrauerten, jedoch in der Regierung kaum über Einfluss verfügten und sich an die Vergangenheit klammerten, stand ihm wohlwollend gegenüber.
    Er fühlte sich allein, als würde er im Dunkeln tappen, Madrid war ihm zu viel. Er empfand die Atmosphäre als absolut unerträglich, die überaus schwerfällige Bürokratie als beklemmend. Mit Bestürzung beobachtete er, wie Kolonnen von Polizisten und schwer bewaffneten Falangisten durch die Straßen marschierten, wie drohend und großtuerisch die Deutschen auftraten. Aber er nahm all seinen Mut zusammen und kam den Verpflichtungen nach, die sein Amt mit sich brachte. Kaum angekommen, nahm er Beziehungen zur spanischen Regierung auf, insbesondere zu den drei wichtigsten Mitgliedern – zu General Franco und den Ministern Serrano Suñer und Beigbeder. Mit diesen dreien traf er sich zu Sondierungsgesprächen, und von diesen dreien erhielt er höchst unterschiedliche Antworten.
    Der generalísimo gewährte ihm eine Audienz im Pardo-Palast. Es war ein sonniger Sommertag, doch Franco empfing ihn bei geschlossenen Vorhängen und elektrischem Licht, hinter einem Schreibtisch sitzend, auf dem unübersehbar zwei große Fotografien mit Widmung von Hitler und Mussolini standen. Bei jener Begegnung, bei der sie mittels Dolmetscher miteinander redeten und ein Dialog nicht einmal im Ansatz möglich war, beeindruckte Hoare das verblüffende Selbstvertrauen des Staatschefs, die Selbstgefälligkeit eines Menschen, der sich von der Vorsehung dazu auserkoren glaubte, sein Vaterland zu retten und eine neue Welt zu erschaffen.
    Zwischen Hoare und Franco lief es schlecht, zwischen Hoare und Serrano Suñer noch schlechter. Der cuñadísimo stand auf dem Höhepunkt seiner Macht, er hatte das Land vollkommen in seiner Hand: die Falange, die Presse, die Polizei – und zudem jederzeit persönlichen Zugang zum Caudillo, für den er, wie viele intuitiv erkannten, wegen dessen geringer intellektueller Fähigkeiten eine gewisse Verachtung empfand. Während Franco sich in den Pardo-Palast zurückzog und kaum in der Öffentlichkeit auftrat, schien Serrano Suñer allgegenwärtig, ganz anders als der zurückhaltende Mann, der mitten im Bürgerkrieg das Protektorat besucht und sich nach meiner Puderdose gebückt hatte und dessen Fußknöchel ich von meinem Versteck hinter dem Sofa ausgiebig betrachten durfte. Als wäre er mit dem Regime wiedergeboren worden, erstand ein neuer Ramón Serrano Suñer: ungeduldig, arrogant, schnell wie der Blitz in Wort und Tat, die Katzenaugen immer wachsam, in der geschniegelten Falange-Uniform, die fast weißen Haare nach hinten gekämmt wie ein Filmgalan. Immer angespannt und überaus herablassend gegenüber jedem Vertreter der » Plutodemokratien«, wie er sich ausdrückte. Weder bei jener ersten Begegnung noch bei den vielen weiteren, die im Laufe der Zeit noch folgen sollten, konnten Hoare und Serrano Suñer sich einem gegenseitigen Verständnis auch nur annähern.
    Der Einzige der drei höchsten Staatsvertreter, mit dem sich der britische Botschafter verstand, war Beigbeder. Die Kommunikation zwischen den beiden funktionierte schon seit dem ersten Besuch im Palacio de Viana. Der Minister hörte zu, handelte, bemühte sich, Dinge zu verbessern und Konflikte zu lösen. Er erklärte sich gegenüber Hoare zum entschiedenen Befürworter einer Nicht-Intervention in dem

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