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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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neuen Krieg, gestand ganz offen ein, in welch schrecklicher Not sich die hungernde Bevölkerung befand, und bemühte sich bis zur Erschöpfung darum, Abkommen und Verträge zu schließen, durch die sich ihre Not lindern ließ. Sicher, anfänglich wirkte Beigbeder auf den Botschafter etwas pittoresk, vielleicht sogar exzentrisch: Mit seiner Sensibilität und Bildung, seinen Umgangsformen und seiner Ironie passte er absolut nicht in das neue Madrid mit seiner Gewalttätigkeit, dem ausgestreckten rechten Arm und den gebrüllten Kommandos. Nach Hoares Eindruck empfand Beigbeder die Aggressivität der Deutschen, die Prahlerei der Falangisten, das despotische Verhalten seiner Regierung und das tagtägliche Elend in der Hauptstadt als bedrückend. Vielleicht lag es an seiner eigenen Unnormalität in jener Welt voller Verrückter, dass Hoare Beigbeder sympathisch fand, wie Balsam für die Verletzungen, die ihm die Kameraden aus den Reihen dieses einzigartigen Ministers mit dem maurischen Gemüt zufügten. Es gab Unstimmigkeiten, natürlich, konträre Standpunkte und umstrittene diplomatische Vorgehensweisen. Es gab Beschwerden, Klagen und Dutzende von Krisen, die sie gemeinsam zu bewältigen versuchten. Wie damals, als im Juni 1940 spanische Truppen in Tanger einmarschierten und dessen Status als internationaler Stadt im Handumdrehen ein Ende machten. Wie damals, als die Spanier drauf und dran waren, deutsche Truppen auf den Straßen von San Sebastián paradieren zu lassen. Wie bei so vielen anderen kritischen Situationen in jener chaotischen Zeit, in der sich die Ereignisse überschlugen. Trotz alledem wurde die Beziehung zwischen Beigbeder und Hoare von Tag zu Tag vertrauter und enger. Für den britischen Botschafter war sie wohl die einzige Zuflucht auf jenem gefährlichen Terrain, wo die Probleme wie Unkraut wucherten.
    Je besser Hoare sich akklimatisierte, desto deutlicher wurde ihm bewusst, wie weit der Einfluss der Deutschen in Spanien reichte, dass sie in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens mitspielten. Unternehmer, Führungskräfte in der Wirtschaft, Handelsvertreter, Filmproduzenten – auf den unterschiedlichsten Gebieten tätige Personen mit exzellenten Kontakten zu den Behörden und den Mächtigen an der Spitze arbeiteten als Agenten für die Nazis. Bald bekam auch er zu spüren, wie sehr sie die Massenmedien im Griff hatten. Die Pressestelle der deutschen Botschaft entschied jeden Tag – mit uneingeschränkter Erlaubnis seitens Serrano Suñer –, welche Informationen über das Dritte Reich in Spanien veröffentlicht werden durften, wie und mit welchem Wortlaut, und ließ in der gesamten spanischen Presse nach Belieben Nazipropaganda verbreiten, besonders dreist und offensiv in Arriba, dem Organ der Falange, das den größten Teil des in jener Zeit des Mangels ohnehin knappen Papiers, das den Zeitungen zugeteilt wurde, für sich beanspruchte. Ständig wurden blutrünstige Kampagnen gegen die Briten lanciert, voller Lügen, Beschimpfungen und Intrigen. Churchill wurde zum Gegenstand bösartigster Karikaturen und das britische Weltreich mit Hohn und Spott überhäuft. Den simpelsten Unfall in einer Fabrik oder mit einem Postzug in irgendeiner spanischen Provinz führte man ungeniert auf Sabotage der perfiden Engländer zurück. Die Beschwerden des Botschafters über solche Beleidigungen stießen grundsätzlich auf taube Ohren.
    Und während Sir Samuel Hoare sich wohl oder übel an seinen neuen Dienstort gewöhnte, wurde die Gegnerschaft zwischen Innen- und Außenministerium immer deutlicher sichtbar. Von seiner Allmachtposition aus führte Serrano Suñer eine strategische Kampagne nach seiner Fasson durch: Er streute böse Gerüchte über Beigbeder, die wie Gift wirkten, und nährte damit die Vorstellung, dass nur er selbst die Situation verbessern könne. Und während der Stern des ehemaligen Hochkommissars sank, ließen sich Franco und Serrano Suñer, beide vollkommen ahnungslos in internationaler Politik – keiner der beiden hatte etwas von der Welt gesehen –, im Pardo-Palast heiße Schokolade mit picatostes schmecken und entwarfen mit der unglaublichen Dreistigkeit, die nur Ignoranz und Hochmut zustande bringen, gemeinsam eine neue Weltordnung.
    Bis Beigbeder der Kragen platzte. Sie würden ihn hinauswerfen, und er wusste es. Sie wollten ihn loswerden, ihn mit einem Tritt in den Hintern auf die Straße befördern – er war für ihren glorreichen Kreuzzug nicht mehr von Interesse. Sie hatten ihn

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