Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
Vom Netzwerk:
warum hat er Sie heute Nacht angehalten?«
    » Weil ihm einfach danach war, weil er ein Schwein ist und es ihm gefällt, den Leuten Angst zu machen und sie zu schikanieren, vor allem die Frauen. Das macht er schon seit Jahren, doch seit dem Aufstand führt er sich noch schlimmer auf.«
    » Aber hat er einen Verdacht wegen der Pistolen?«
    » Nein, Mädchen, nein. Zum Glück hat er nicht verlangt, dass ich die Tasche aufmache, und mich anzufassen hat er sich nicht getraut. Er hat nur mit seiner widerlichen Stimme gefragt: › Wohin gehst du denn mitten in der Nacht, Schmugglerin, du wirst doch nicht irgendeine Schieberei am Laufen haben, du alte Gaunerin?‹ Und ich habe ihm geantwortet: › Ich komme von einer guten Freundin, Don Alfredo, die plagen die Nierensteine gerade so arg.‹ › Wer’s glaubt, wird selig, Schmugglerin, du bist mir zu gerissen und zu schlitzohrig‹, hat der Schweinehund doch tatsächlich zu mir gesagt, und ich habe mir auf die Zunge gebissen, damit ich nichts sage, obwohl ich am liebsten seine ganze Familie verflucht hätte, also habe ich mich schleunigst aus dem Staub gemacht, die Tasche fest unter den Arm geklemmt und mich der heiligen Jungfrau Maria anempfohlen, dass mir die Pistolen am Leib nicht verrutschen mögen, und als ich schon ein ganzes Stück weit gelaufen bin, höre ich hinter mir wieder seine ekelhafte Stimme: › Vielleicht schaue ich nachher noch in der Pension vorbei und mache eine Durchsuchung bei dir, du alte Gaunerin, mal sehen, was ich da finde‹.«
    » Und Sie glauben wirklich, dass er kommt?«
    » Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte Candelaria achselzuckend. » Wenn er sich irgendwo eine Nutte schnappt, die es ihm richtig besorgt und ihm Erleichterung verschafft, dann vergisst er mich womöglich. Aber wenn heute nichts mehr läuft, dann würde es mich nicht wundern, wenn er gleich an die Tür klopft, meine Gäste ins Treppenhaus schickt und anfängt, ohne jede Rücksicht die Wohnung auseinanderzunehmen. Es wäre nicht das erste Mal.«
    » Also können Sie die Pension bis zum Morgengrauen nicht mehr verlassen, für den Fall der Fälle«, murmelte ich nachdenklich.
    » So ist es, Herzchen«, bestätigte sie.
    » Und die Pistolen müssen sofort verschwinden, damit Palomares sie nicht hier findet«, fuhr ich fort.
    » Ganz genau.«
    » Und die Übergabe muss unbedingt heute stattfinden, weil die Käufer auf die Waffen warten und Kopf und Kragen riskieren, wenn sie deswegen nach Tetuán kommen müssen.«
    » Besser könnte man es nicht sagen, meine Kleine.«
    Wir blickten uns einige Sekunden schweigend in die Augen. Sie halb nackt, die Fettwülste quollen an Mieder und Büstenhalter heraus, ich mit übergeschlagenen Beinen auf dem Bett sitzend, noch im Nachthemd und zwischen Bettlaken, mit zerzaustem Haar und bangem Herzen. In Gesellschaft der schwarzen Pistolen, die um uns verstreut herumlagen.
    Schließlich sprach die Pensionswirtin ein Machtwort.
    » Du musst die Sache übernehmen, Sira. Es bleibt uns kein anderer Ausweg.«
    » Ich kann nicht, nein, das mache ich nicht …«, stammelte ich.
    » Du musst, Herzchen«, wiederholte sie mit düsterer Stimme. » Wenn nicht, ist alles verloren.«
    » Aber bedenken Sie doch, Candelaria, was ich schon alles am Hals habe: die Schulden beim Hotel, die Anzeigen von der Firma und von meinem Halbbruder. Wenn sie mich bei dieser Sache erwischen, ist das mein Ende.«
    » Ein schönes Ende werden wir haben, wenn Palomares heute Nacht noch aufkreuzt und uns mit dem ganzen Zeug erwischt«, erwiderte sie mit einem bedeutungsvollen Blick auf die Waffen.
    » Aber, Candelaria, hören Sie …«, beharrte ich.
    » Nein, Mädchen, du hörst mir jetzt gut zu«, fiel sie mir gebieterisch ins Wort. Die Augen weit aufgerissen, redete sie eindringlich auf mich ein. Sie bückte sich zu mir herunter, packte mich an den Armen und zwang mich, sie direkt anzuschauen. » Ich habe alles versucht, ich habe Kopf und Kragen riskiert für diese Sache, und es hat nicht geklappt«, sagte sie dann. » Das Glück ist launisch: Manchmal lässt es dich gewinnen, ein anderes Mal spuckt es dir ins Gesicht und macht dich zum Verlierer. Und heute Nacht hat es zu mir gesagt, du wirst dir die Finger verbrennen, Schmugglerin. Mir bleibt kein Versuch mehr, Sira, für mich ist die Sache gelaufen. Aber nicht für dich. Du bist jetzt die Einzige, die uns noch retten, die Einzige, die die Ware überbringen und das Geld kassieren kann. Wenn es nicht notwendig wäre,

Weitere Kostenlose Bücher