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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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dort aus kommst du später ins maurische Viertel. Aber sei schön vorsichtig, Mädchen: Geh nicht zu schnell und halte dich dicht an den Mauern, schlurfe dahin, als wärst du ein altes Weib. Niemand soll dich schwungvoll ausschreiten sehen, sonst kommt noch einer auf dumme Gedanken, es gibt eine Menge Spanier, die der Zauber der Mohammedanerinnen halb verrückt macht.«
    » Und dann?«
    » Wenn du im maurischen Viertel angelangt bist, lauf eine Weile durch die Straßen und vergewissere dich, dass niemand auf dich aufmerksam geworden ist oder dir folgt. Wenn du jemandem begegnest, schlag unauffällig eine andere Richtung ein oder entferne dich möglichst weit. Nach einer Weile verlässt du das Viertel wieder und gehst bis zum Park hinunter. Du weißt doch, wo das ist, oder?«
    » Ich glaube schon«, erwiderte ich und bemühte mich, den Weg in Gedanken nachzugehen.
    » Dann stehst du praktisch schon vor dem Bahnhof, du brauchst nur noch die Straße nach Ceuta zu überqueren. Geh durch die erstbeste offene Tür in den Bahnhof hinein, schön ruhig und gut verhüllt. Wahrscheinlich begegnest du dort höchstens ein paar vor sich hin dösenden Soldaten, die sich keinen Pfifferling um dich scheren. Bestimmt siehst du irgendeinen Marokkaner, der auf den Zug nach Ceuta wartet. Spanier sind um diese Uhrzeit noch nicht unterwegs.«
    » Wann fährt der Zug denn ab?«
    » Um halb acht. Aber du weißt ja, die moros haben ein anderes Zeitgefühl, deshalb wird sich niemand wundern, dass du schon vor sechs Uhr morgens dort herumläufst.«
    » Muss ich auch in den Zug einsteigen, oder was muss ich machen?«
    Candelaria ließ sich ein wenig Zeit, ehe sie antwortete, und ich ahnte, dass sie zum entscheidenden Punkt kommen würde.
    » Nein, eigentlich musst du nicht in den Zug einsteigen. Du setzt dich im Bahnhof eine Weile auf die Bank unter der Tafel mit dem Fahrplan, sodass man dich sieht. Man wird dann wissen, dass du es bist, die die Ware bei sich hat.«
    » Wer soll mich sehen?«
    » Das tut nichts zur Sache. Wer dich sehen muss, wird dich sehen. Nach zwanzig Minuten stehst du auf und gehst ins Bahnhofslokal. Dort musst du mit dem Wirt irgendwie klären, wo du die Pistolen deponieren sollst.«
    » Was, einfach so?«, fragte ich entgeistert. » Und wenn der Wirt nicht da ist, oder wenn er mich einfach nicht beachtet, oder wenn ich mich ihm nicht verständlich machen kann, was mache ich dann?«
    » Schschsch, nicht so laut, sonst hört uns noch jemand. Mach dir keine Sorgen. Irgendwie wirst du schon mitbekommen, was du tun musst«, sagte sie ungeduldig, aber ohne die gewohnte Sicherheit. Dann beschloss sie, offen mit mir zu reden. » Sieh mal, Mädchen, heute Nacht ist alles gründlich schiefgegangen, deshalb habe ich nicht mehr erfahren als das: dass die Pistolen um sechs Uhr früh am Bahnhof sein müssen, dass die Person, die sie überbringt, sich zwanzig Minuten lang auf die Bank unter der Tafel mit dem Fahrplan setzen muss und dass der Wirt des Bahnhofslokals ihr sagt, wie die Übergabe ablaufen soll. Mehr weiß ich nicht, meine Kleine, es tut mir wirklich leid. Aber sorg dich nicht, Schätzchen, wenn du erst mal dort bist, wird sich alles Weitere finden.«
    Das bezweifle ich sehr, hätte ich am liebsten gesagt, aber ihr besorgtes Gesicht gebot mir, es besser zu lassen. Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, schienen die Tatkraft der Schmugglerin und jene besondere Hartnäckigkeit, die schwierigsten Situationen geschickt zu lösen, an ihre Grenzen zu stoßen. Aber ich wusste, wenn sie in der Lage gewesen wäre zu handeln, hätte sie sich nicht einschüchtern lassen: Mit irgendeiner List hätte sie es zum Bahnhof geschafft und ihren Auftrag ausgeführt. Das Problem war, dass meine Hauswirtin im Moment praktisch an Händen und Füßen gefesselt war und wegen der angedrohten Durchsuchung, die in den nächsten Stunden vielleicht stattfand, das Haus nicht verlassen konnte. Und ich wusste, wenn ich jetzt nicht fähig war, mich zu überwinden und die Zügel fest in die Hand zu nehmen, dann bedeutete es das Ende für uns beide. Also nahm ich all meinen nicht vorhandenen Mut zusammen.
    » Sie haben recht, Candelaria. Ich werde schon einen Weg finden, seien Sie unbesorgt. Aber eines müssen Sie mir noch verraten.«
    » Nur zu, meine Kleine, aber mach schnell, es bleiben uns nicht mal mehr zwei Stunden bis sechs Uhr«, fügte sie hinzu, sichtlich bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, wie erleichtert sie war, dass ich in die Bresche

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