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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Wach auf, Mädchen, wach auf!«
    Verwirrt, noch schlaftrunken, richtete ich mich halb auf.
    » Was ist los, Candelaria? Was machen Sie hier? Sind Sie schon zurück?«, stieß ich stammelnd hervor.
    » Eine Katastrophe, meine Kleine, eine Katastrophe, so groß wie die Krone einer Pinie«, antwortete die Schmugglerin flüsternd.
    In meiner Benommenheit kam mir ihre Figur, wie sie da an meinem Bett stand, rundlicher vor denn je. Sie trug einen Mantel, den ich nicht kannte, weit und lang, bis oben hin zu, und fing an, ihn hastig aufzuknöpfen, während sie mich mit wirren Erklärungen bombardierte.
    » Das Militär bewacht alle Straßen, die nach Tetuán führen, und die Männer, die aus Larache kommen und die Ware abholen wollten, haben sich nicht in die Stadt getraut. Ich habe bis fast drei Uhr morgens gewartet, aber niemand kam. Schließlich hat ein Bote mich zu einem Berber geschickt, von dem ich erfahren habe, dass die Zufahrtsstraßen viel strenger kontrolliert werden, als sie dachten, und dass sie Angst haben, nicht lebend wieder hinauszukommen, falls sie sich doch in die Stadt wagen.«
    » Wo wollten Sie sich mit ihnen treffen?«, fragte ich und musste mich sehr bemühen, den Faden nicht zu verlieren.
    » In Suica, im unteren Teil der Altstadt, im Hof einer Kohlenhandlung.«
    Ich kannte die Gegend nicht, von der sie sprach, doch ich fragte auch nicht nach. Trotz meiner Schlaftrunkenheit begriff ich, dass wir so gut wie gescheitert waren: adiós, Geschäft, adiós, Modeatelier – bienvenidos, liebe Sorgen! Wieder einmal wusste ich nicht, wie es mit mir weitergehen sollte.
    » Dann ist alles aus«, murmelte ich und rieb mir den letzten Schlaf aus den Augen.
    » Nichts da«, fiel mir die Hauswirtin ins Wort, während sie endlich den Mantel ablegte. » Der Plan hat sich ein wenig geändert, aber bei meiner Mutter selig schwöre ich dir, dass die Pistolen noch heute Nacht aus meinem Haus verschwinden. Also beeil dich, Mädchen . Steh auf, wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Ich begriff nicht gleich, was sie sagte, denn meine Aufmerksamkeit war von etwas anderem gefangen genommen: davon, wie Candelaria sich das unförmige Kleid aufknöpfte, das sie unter dem Mantel trug, eine Art weiten Kittel aus grobem Wollstoff, der die üppigen Formen ihres Körpers kaum erahnen ließ. Ich sah verblüfft zu, wie sie sich entkleidete, ohne zu begreifen, welchen Sinn oder Grund dieser hastige Striptease zu Füßen meines Bettes haben sollte. Bis sie, mittlerweile auch ohne Unterrock, zwischen ihren Fleischwülsten Gegenstände hervorzuholen begann. Und da begriff ich endlich. Vier Pistolen hatte sie am Strumpfhalter festgebunden befördert, sechs im Korsett, zwei unter den Trägern ihres Büstenhalters und weitere zwei unter den Achseln. Die übrigen fünf, eingewickelt in ein Stück Stoff, hatte sie in der Handtasche verstaut. Neunzehn insgesamt. Neunzehn Pistolen, die nun der Wärme ihres massigen Körpers entrissen wurden und woanders unterkommen sollten. In diesem Moment dämmerte es mir.
    » Und was soll ich tun?«, fragte ich ängstlich.
    » Die Waffen zum Bahnhof schaffen, sie vor sechs Uhr morgens übergeben und die tausendneunhundert duros, die ich für die Ware ausgehandelt habe, in Empfang nehmen. Du weißt doch, wo der Bahnhof ist, oder? Unten am Gorgues, auf der anderen Seite der Straße nach Ceuta. Dort können die Männer die Pistolen abholen, ohne dass sie nach Tetuán hereinmüssen. Sie kommen vom Berg herunter und holen sie, ehe es hell wird. So brauchen sie keinen Schritt in die Stadt zu tun.«
    » Aber warum muss ich sie hinbringen?« Plötzlich war ich hellwach wie eine Nachteule. Der Schreck hatte meine Schläfrigkeit mit einem Schlag vertrieben.
    » Auf dem Rückweg von der Altstadt habe ich einen Umweg gemacht und überlegt, wie sich das mit dem Bahnhof regeln lässt. Da hat mich der Hurensohn Palomares, der aus der Bar El Andaluz kam, wo sie gerade schließen wollten, am Tor der Intendantur abgefangen und mir eröffnet, dass er vielleicht diese Nacht noch, wenn er Lust hat, in der Pension vorbeischaut und eine Durchsuchung macht.«
    » Wer ist Palomares?«
    » Ein hundsgemeiner Polizist, der schlimmste von ganz Spanisch-Marokko.«
    » Gehört er zu Don Claudio?«
    » Der ist sein Chef, ja. Wenn der comisario da ist, geht er ihm um den Bart, aber sobald er freie Hand hat, führt sich der Scheißkerl dermaßen ekelhaft auf, dass halb Tetuán Angst hat, für den Rest des Lebens im Bau zu landen.«
    » Und

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