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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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an. Ich kam näher. Eigentlich hatte ich den Witz auf die Spitze treiben und Bubuta bespucken wollen, um zu sehen, was passieren würde. Theoretisch war meine Spucke für Boch keinesfalls lebensgefährlich, da ich weder erschrocken noch zornig war. Doch ich besann mich rechtzeitig eines Besseren. Den armen General - so überlegte ich - könnte der Schlag treffen, und wie hätte ich diese unangenehme Situation dann erklären sollen? Also änderte ich meinen Gesichtsausdruck und ließ statt Zorn ein freundliches Lächeln sehen.
    »Guten Abend, Sir Boch! Guten Abend, Kapitän!«
    Meine Höflichkeit gab Bubuta den Rest und enttäuschte seinen Adjutanten. Ich ließ beide verwirrt stehen und ging ins Büro von Sir Juffin Halli, das mir als Zuflucht erschien.
    Juffin saß bester Laune am Schreibtisch. »Weißt du schon das Neueste, Max? Wir haben gerade erfahren, dass wir einen merkwürdigen Mordfall klären müssen. Auf den ersten Blick gehört die Sache nicht in unsere Abteilung, aber die Adler von Bubuta sind sowieso überfordert. Ihm selbst ist das natürlich klar, und deshalb geht es dem Armen auch sehr schlecht. Du hast bestimmt seinen Wutausbruch mitbekommen. Na, jetzt müssen wir uns aber das Opfer ansehen.«
    Wir traten in den Korridor. Sofort gesellte sich Lady Melamori zu uns. Ich hatte sie noch nie so schlecht gelaunt erlebt. Seltsam - dabei hatte ich am Morgen doch den Eindruck, sie in heiterste Stimmung versetzt zu haben. Ob sie der Mordfall so verschreckt hatte? Wohl kaum. Für mich war der Tod eines Menschen noch immer ein aufwühlendes Ereignis, während er für sie längst Routine geworden war.
    »Warum ist es so leise?«, staunte Juffin und horchte an der Wand, die unsere Räume von denen der Stadtpolizei trennt. »Ich dachte, Bubuta wollte die ganze Nacht durcharbeiten. Hat seine Stimme versagt? Das glaub ich zwar nicht, aber schön wär's!«
    »Ich bin ihm vorhin begegnet und hab getan, als wäre ich richtig zornig«, sagte ich bescheiden.
    Juffin sah mich überrascht an. »Sündige Magister! Ich werde eine Gehaltserhöhung für dich beantragen. Von mir aus kannst du mehr verdienen als ich. Das bist du schließlich wert.«
    Lady Melamori lächelte nicht mal. Eigentlich war der wackere General Bubuta sowieso nie Lieblingszielscheibe ihrer Witze. Ich hatte den Eindruck, sie würde gleich in Tränen ausbrechen, legte ihr die Hand auf die Schulter und wollte etwas Tröstliches sagen, doch das war nicht nötig. Als ich mich zu ihr vorbeugte, begriff ich das selbst. Ich weiß nicht, welche geheimnisvollen Mechanismen da wirkten, doch in diesem Moment wusste ich, was mit Lady Melamori los war. Ich wusste es so genau wie sie. Unsere Verfolgungsmeisterin war tatsächlich bis auf weiteres unbrauchbar. Der misslungene Versuch, mir auf die Spur zu treten, hatte etwas in dem zerbrechlichen Mechanismus ihres gefährlichen Talents entzweigehen lassen. Sie brauchte Zeit, um sich wieder zu fangen. Das ist wie bei der Grippe, die den Bewohnern von Echo zum Glück unbekannt ist: Ob man will oder nicht - die Genesung braucht nun mal einige Zeit. Jetzt ging Lady Melamori zum Tatort, als ginge sie zu einer Hinrichtung, denn sie spürte wahrscheinlich, womit das alles enden würde: mit einer Katastrophe und einer noch tieferen Verunsicherung. Doch sie ging weiter, weil sie nicht gewohnt war, unüberwindliche Hindernisse zu meiden. Es klingt vielleicht dumm, doch ich hätte das Gleiche getan. Diese Frau gefiel mir immer besser.
    Per Stummer Rede meldete ich mich bei Juffin. »Lady Melamori darf nicht arbeiten. Sie wäre sowieso zu nichts nutze. Und das weiß sie auch selbst. Warum haben Sie sie überhaupt gerufen? Zu Erziehungszwecken? «
    Juffin musterte erst mich, dann Lady Melamori und setzte dann sein breitestes Lächeln auf: »Ab nach Hause, Unvergessliche!«
    »Wieso das denn?«
    »Das wissen Sie genau. Ihr Talent gehört nicht Ihnen, sondern dem Geheimdienst des Vereinigten Königreichs, und Sie haben jede Situation zu meiden, die diesem Talent schaden kann. Das ist doch eine Binsenweisheit! Und man soll den alten müden Leiter nicht mit privaten Problemen belasten, die er sowieso gleich vergisst. Verstanden?«
    »Danke«, hauchte sie. Es fiel mir schwer, sie anzusehen.
    »Gute Besserung«, brummte Juffin. »Gehen Sie nach Hause, Lady Melamori. Oder fahren Sie zu Meister Kima, Ihrem Großvater. Der wird Ihre Stimmung aufbessern. In ein paar Tagen sind Sie sicher wieder in Ordnung. Je schneller, desto besser.«
    »Und

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