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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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dem Dessert kam mir endlich eine verspätete Erleuchtung. Ich zuckte im Sessel auf, verschluckte dabei ein Häppchen, hustete und schaute mich nach Wasser um. Zu guter Letzt verwechselte ich die Krüge und trank statt Kamra eine Tasse starken Dschubatinischen Säufer. Juffin sah mich mit interessiertem Forscherblick an.
    »Seit wann neigst du zum Alkohol? Was ist los?«
    »Ich bin ein Dummkopf«, gab ich niedergeschlagen zu.
    »Sicher, aber warum so theatralisch? Außerdem besitzt du andere Werte«, tröstete mich Juffin. »Wieso bist du eigentlich gerade jetzt zu dieser Selbsterkenntnis gekommen?«
    »Weil ich unseren Augenzeugen vergessen habe, die kleine Dose! Ich wollte mit ihr in einer freien Minute plaudern, aber Juffin errötete vor Aufregung. »Ich habe auch viele Vorzüge. Höchste Zeit, sie zu erwähnen! Aber ein Fehler hätte mir nicht passieren dürfen! Du durftest die Dose vergessen, ich nicht! Ich hatte immer vermutet, die Geistesschwäche von General Bubuta Boch sei ansteckend. Alle Symptome sind vorhanden, ich bin richtig krank! Hol deinen Schatz her, Max. Schauen wir mal, was uns die Dose sagt.«
    Ich ging in mein Schlafzimmer. Neben dem Bett lagen meine Hausschuhe. Chuf schnarchte leise. Vorsichtig kraulte ich sein flauschiges Genick. Der Hund murmelte etwas, schlief aber weiter. Richtig, das war nicht seine Zeit.
    Die Dose fand sich ganz unten in einer Schublade. Kaum hatte ich sie in der Hand, begannen meine Finger, nervös auf ihr herumzutrommeln, und ich zitterte grundlos. Ein schweres Gewicht schien sich auf meine Brust zu legen. Was wäre, wenn die Dose keine Lust hätte, sich mitzuteilen? Keine Panik - dann denkt Juffin sich was aus. Er wird sie dazu bringen, ihre Seele auszuschütten. Wie mag die Seele einer Dose aussehen? Ich kicherte, und das Gewicht auf der Brust wurde leichter.
    Der Nachtisch, mit dem Kimpa uns erschöpfte Helden verwöhnte, übertraf meine kühnsten Träume von einem guten Dessert. Also wurde die Sache mit der Dose um eine weitere Viertelstunde verschoben.
    Dann begab Sir Juffin sich in sein Arbeitszimmer. Ich folgte ihm mit unserem einzigartigen Augenzeugen, den ich in nassen, kalten Händen trug. Ich war nervös, denn mir war klar, dass die Dose reden wollte. Und noch etwas ließ mich aus dem Tritt geraten, doch ich wusste nicht, was. Auf der Erde hatte ich Horrorfilme gemocht, aber jetzt hätte ich lieber die Muppet Show gesehen. Zur Abwechslung.
    Die Vorbereitungen für das Dosengespräch waren sorgfältiger als sonst. Sir Juffin wühlte lange in der mit Intarsien geschmückten Schatulle, in der er seine Kerzen aufbewahrte. Schließlich entschied er sich für eine bläulich - weiße Kerze, die mit winzigen dunkelroten Wachsspritzern gemustert war. Fünf Minuten bemühte er sich, mit einem ungeeigneten Stein Feuer zu machen. Ich konnte sein Tun nicht begreifen, doch letztlich war sein Bemühen von Erfolg gekrönt. Juffin stellte die Kerze an die Wand, legte sich in der gegenüberliegenden Ecke auf den Bauch und befahl mir mit einer Handbewegung, es ihm gleichzutun. Der Boden im Arbeitszimmer war kahl und kalt, denn es gab keinen Teppich. Ich fragte mich kurz, ob all diese Mühen nötig und sinnvoll waren.
    Alles war vorbereitet. Die Dose rollte von allein zwischen uns und die Kerze. Ich hatte mich kaum anstrengen müssen, ihr Gedächtnis zu durchschauen. Sie hatte offenbar schon lange Lust, sich mitzuteilen. Die Vorstellung fing unverzüglich an. Uns blieb nichts anderes übrig, als uns alles anzuschauen.
    Von Zeit zu Zeit ließ meine Aufmerksamkeit erschreckend nach, denn früher hatte ich mich mit diesen Dingen nie länger als eine Stunde beschäftigt. In solchen Fällen hatte mir Juffin schweigend einen Becher Kachar-Balsam gegeben und manchmal selbst davon getrunken - sei es aus Erschöpfung, sei es aus Lust und Laune.
    Die kluge Dose zeigte nur, was uns wirklich interessierte. Sir Juffin hatte mir eingeschärft, dass Gegenstände sich vor allem an Ereignisse erinnern, bei denen Magie im Spiel gewesen ist. Bestimmt hatte er recht, doch ich mag den Gedanken, dass die Dose genau gewusst hat, was wir brauchten. Man sagt, aufrichtige Leute seien denen besonders verpflichtet, die ihnen einen uneigennützigen Dienst erwiesen haben. Wenn man an meine unfreiwillige Sympathie für die aus dem Schlafzimmer von Sir Makluk gestohlene Dose denkt, stimmt das.
    Die Dose berichtete uns Folgendes: Alles hatte mit einem Kampf begonnen. Mit einem Beteiligten dieses Kampfs hatten

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