Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
auseinanderziehen. Kein Wunder, dass ich nicht hatte einschlafen können: Auf dem Kissen lagen meine Hausschuhe, die ein kleiner Fetischist namens Chuf dort deponiert hatte. Leise Pfotengeräusche zeigten mir, dass der Urheber der Unordnung wie gerufen kam. Ich stellte meine Schuhe an ihren Platz. Chuf entschied, auf dem Kissen sei jetzt Raum genug für zwei, und ich hatte keine Einwände.
»Weckst du mich, wenn Lonely-Lokley mit seinen berühmten Händen kommt?“, fragte ich und drehte mich von seiner viel zu feuchten Schnauze weg. Chuf schnaufte friedlich. »Max schläft, morgen Gäste ... ich muss ihn auf wecken ...«, hörte ich den klugen Hund noch räsonnieren. Dann schlief ich ein.
Seltsamerweise war ich eine Stunde früher wach als nötig. Ich fühlte mich ausgezeichnet. Das war sicher die beruhigende Wirkung des Kachar-Balsams. Ein großartiges Mittel!
Chuf lag nicht mehr neben mir. Bestimmt stromerte er durchs Foyer, um die Ankunft von Sir Lonely-Lokley nicht zu verpassen und meinen Auftrag zu erfüllen. Ich wälzte mich noch zehn Minuten im Bett herum, streckte mich und gähnte ausgiebig - tat also all das, was nur den vollauf befriedigt, der sowieso gut geschlafen hat. Dann stand ich auf, wusch mich mit Behagen und wollte mich rasieren. Ach, rasieren - die tägliche Qual des Mannes! Nur Männer mit Bart sind glücklich und frei! Übrigens weckte der Spiegel im Bad bei mir keine unangenehmen Erinnerungen. Nicht dass ich plötzlich ein dickes Fell bekommen hätte. Ich wusste bloß, dass es sich hier um einen ganz normalen Spiegel handelte. Überhaupt erfuhr ich seit meiner kurzzeitigen Metamorphose in einen Vampir allmählich mehr über die Dinge um mich herum - sie musste also ein wichtiges Ereignis in meinem Leben gewesen sein. Damit könnte ich Mädchen imponieren. Falls es hier Mädchen gab, hing mein Erfolg aber nicht unbedingt von solchen Geschichten ab.
Ich ging ins Wohnzimmer. Ehrfürchtig materialisierte sich Kimpa mit einem Tablett am Tisch. Dann erschien Chuf und war fest überzeugt, ihm stünde mehr als die Hälfte des Frühstücks zu. Ich nahm ihn in den Arm, setzte ihn mir auf den Schoß, trank die erste Tasse Kamra, blätterte die Zeitung vom Vortag durch und zog noch aus meinem irdischen Vorrat stammende Zigaretten aus der Tasche. Ich hatte Probleme, am hiesigen Tabak Gefallen zu finden, dessen Geschmack mein Leben verpestete. Was das angeht, bin ich sehr konservativ. Es fällt mir leichter, den Wohnort, die Beschäftigung und selbst die Wirklichkeitswahrnehmung zu wechseln, als mich an eine neue Sorte Tabak zu gewöhnen.
»Gut, dass du kein Vampir geblieben bist«, begrüßte Juffin mich. »Ich wüsste sonst nicht, wie ich dich füttern sollte. Müsste ich Kimpa morgens sagen: -Mein Guter, bringen Sie mir bitte Kamra und belegtes Brot, Sir Max aber einen Krug Blut?« Müsste ich die Nachbarn umbringen und alle dienstlichen Möglichkeiten nutzen, die Spuren der Tat zu beseitigen? Aber Spaß beiseite. Einen vernünftigen Jungen wie dich sollte man nicht wegen jeder Kleinigkeit verspotten. Das ist übrigens ein Lob, wie du vielleicht bemerkt hast.«
»Sie streuen nur Salz in meine Wunde«, lächelte ich und musterte meine am Vortag verletzte Hand, die ich zwischendurch ganz vergessen hatte. Zu meiner Überraschung war sie wieder völlig in Ordnung. Nur eine dünne Narbe, die man eher für die Lebenslinie hätte halten können, war zurückgeblieben, als wäre die Verletzung schon Jahre her.
Juffin bemerkte mein Staunen.
»Das ist nur Schwarze Magie zweiten Grades - in Form einer guten Creme. Kimpa hat dich gestern behandelt, als du noch überlegt hast, ob es sich lohnt, wieder zu Bewusstsein zu kommen. Was wundert dich denn so?«
»Alles.«
»Das ist dein gutes Recht. Ah, nun sind wir alle beisammen!«
Sir Schürf Lonely-Lokley, dessen Abwesenheit die Kollegen mehrmals bedauert hatten, wurde seiner sprichwörtlichen Frohnatur gerecht, indem er mich grundlos durchschüttelte. Ausgerechnet mich! Den Bewohnern von Echo waren die Doppelgängerqualitäten von Lonely-Lokley nicht bekannt, weil die Rolling Stones in dieser Welt noch nicht gastiert hatten. Nur ich konnte die erstaunliche Ähnlichkeit zwischen Sir Schürf und dem Glückspilz Charlie Watts bewundern.
Diese Ähnlichkeit erstreckte sich auch auf die versteinerte Miene, die enorme Körpergröße und die überraschende Magerkeit. Andererseits war die Gestalt in einen hellen Lochimantel gehüllt, trug einen schneeweißen,
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