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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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Und wenn unser Rettungsversuch scheiterte? Was waren wir dann? Mörder? Oder nur ganz normale Dummköpfe? Gute Frage! Ein praktisches und zugleich moralisches Problem, über das ich mir vermutlich demnächst den Kopf würde zerbrechen können.
    Sir Lonely-Lokley sah die Lage pragmatischer. »Gut, dass er schweigt«, sagte der freundliche Mann und wies mit dem Kopf auf Melifaro. »Das sollte immer so bleiben!«
    In seiner Stimme lag keine Schadenfreude. Der stille Melifaro gefiel ihm einfach besser als der gesprächige. Ein überaus geschmackssicheres Urteil.
    Kaum hatte er es ausgesprochen, schüttelte Lonely- Lokley die Faust und öffnete sie. Juffins Riesenspiegel landete zwischen dem denkmalgleich erstarrten Melifaro und dem geheimen Spiegeleingang in eine andere, feindselige Dimension.
    »Er steht etwas schief«, kommentierte Juffin. »Wir müssen ihn ein wenig nach rechts verschieben.«
    »Wir, Sir?«, meinte der herrliche Lonely-Lokley kühl. »Das schaffe ich auch allein.« Bewundernswert lässig hob er den Glaskoloss mit der linken Hand. Seine legendären Körperkräfte hatten ihn also auch hier nicht verlassen. Als ich das sah, stockte mir der Atem wie einem jungen Kraftsportler, dem Arnold Schwarzenegger leibhaftig begegnet!
    Juffin schaute sich das Ganze missmutig an. Alles war bestens: Der hiesige und der mitgebrachte Spiegel reflektierten einander nach Kräften. Und wichtiger noch: Sir Juffins Spiegel schirmte Melifaro von dem blutrünstigen Monster ab.
    Der Leiter des Geheimen Suchtrupps warf einen Abschiedsblick auf sein kostbares Stück und befahl: »Sir Schürf, bereiten Sie sich vor! Max, hinter meinen Rücken! Oder besser: auf die Türschwelle! Du hast getan, was du konntest. Jetzt hast du nur noch eine Aufgabe: am Leben zu bleiben. Das ist mein Ernst!«
    Ich gehorchte und bezog an der Tür Posten. An Juffins Befehl gab es - das muss ich gestehen - nicht viel zu meckern.
    Sir Lonely-Lokley zog die Handschuhe aus. Jetzt verstand ich das Gerede über seine außerordentlich geschickten Hände. Seine Gelenke waren halb durchsichtig und funkelten in der Nachmittagssonne. Er ließ die langen Krallen durch die Luft fahren und schob sie dann unter seinen weißen Mantel. Ich verdrehte wie verrückt die Augen, da ich meine Begeisterung nicht anders äußern konnte. Plötzlich wusste ich, dass ich vor kurzem etwas Ähnliches gesehen hatte. Aber wo? In einem Alptraum vielleicht? Sir Juffin erbarmte sich meines armen Kopfs und erklärte mir flüsternd: »Erinnerst du dich daran, wie wir das Gedächtnis der Stecknadel untersucht haben? Der Orden der Eisenhand! Weißt du, wovon ich rede?«
    Ich begriff und wollte fragen, ob die abgehackten Hände zu Gliedern unseres erstaunlichen Freunds geworden seien, doch Juffin kam mir zuvor: »Das sind Handschuhe. Später erkläre ich dir das. Jetzt müssen wir uns mit dieser Sache beschäftigen!«
    Damit ging er zum reglosen Melifaro hinüber und stellte sich auf Zehenspitzen, um zu sehen, was in den Spiegeln passierte. Ich wartete atemlos.
    Diesmal gab es keinen Tanz. Nur Juffins Körpersprache und Miene drückten eine ungeheure Anspannung aus. Dann entkrampfte er sich plötzlich und machte eine sanfte Bewegung, als zöge er ein Tuch von einer teuren Vase. Fast im gleichen Moment stieß er Melifaro mit ganzer Kraft. Der eben noch Erstarrte krümmte sich zusammen, flog in die gegenüberliegende Zimmerecke und stürzte zu Boden. Sir Lonely-Lokley, der die linke Hand noch immer unterm Mantel versteckt hielt, sprang zu ihm und wühlte mit der Rechten durch seine Kleider. Ich verstand sofort, warum: Lonely-Lokley zerstörte die dünnen, schillernden Fäden, die das Opfer umgaben. Das war eine schier unlösbare Aufgabe. Genauso gut hätte er versuchen können, einen Dorfköter von Flöhen zu befreien. Sir Juffin hielt sich abseits und ließ die Spiegel nicht aus dem Blick.
    »Max«, rief er mir zu, »wir schaffen das! Du kannst zuschauen, aber vorsichtig. Vorsichtiger als gestern, klar?«
    Von meinem Standort aus konnte ich zwar nicht alles sehen, war aber klug genug, nicht näher zu kommen.
    Der Spiegel geriet in Bewegung. Sein Bewohner war auf gewacht und schien hungrig und verärgert. Im zweiten Spiegel rührte sich schon sein Doppelgänger. Die Ungeheuer musterten einander interessiert.
    Ich sah den plumpen, schwach konturierten Körper des Monsters, das einem fettsüchtigen Frosch ähnelte. Dem Dickwanst wuchsen - wie seinem Doppelgänger - Haarbüschel um das dunkle,

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