Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
noch etwas Zeit, um nach diesem Vorfall wieder zu sich zu kommen. Und ich hatte keine Lust, mich zu genau an das Ganze zu erinnern.
Wie herrlich war es, wieder auf der Straße zu sein! Es wehte ein kühler Wind, das Licht war angenehm, und wir waren noch am Leben. Ich drehte mich um und staunte: »Sieh mal, Schürf - das Haus ist weg!«
Lonely-Lokley zuckte gleichmütig die Achseln. Und wenn schon!, schien ihm ins Gesicht geschrieben. Auch ich merkte, dass mich das Verschwinden des Gebäudes eigentlich nicht interessierte. Wir gingen weiter. Ich konnte mein Zittern allerdings nicht mehr beherrschen, und mir klapperten die Zähne.
»Versuch es mal mit meinen Atemübungen«, kommentierte Schürf unerwartet. »Mir würden sie in so einem Fall sicher helfen.«
Ich tat, wie er mir geraten hatte, und als wir zehn Minuten später ein leeres Wirtshaus betraten, konnte ich das Geschirr in die Hand nehmen, ohne Scherben zu produzieren.
••Prima«, sagte ich erfreut, »deine Gymnastik hilft wirklich.«
»Ich würde nicht darauf schwören, wenn es nicht so wäre«, meinte Lonely-Lokley achselzuckend.
»Was machen wir nun mit dem Schönling?«, fragte ich belustigt. »Oder willst du ihn zur Erinnerung in deiner Hand lassen?«
»Das würde mir kaum gefallen«, meinte Schürf gedankenverloren. »Aber ich muss deine Idee loben. Dein Gedanke war erstaunlich einfach und kam genau rechtzeitig. Weißt du, dass du weit mehr als nur mein Leben gerettet hast, Max?«
»Durchaus. Ich bin ein aufmerksamer Zuhörer, Schürf, und kann mich genau daran erinnern, was du mir vom Verrückten Fischer erzählt hast. Hat Kiba Azach jetzt das Gleiche durchgemacht? Er hat noch geschafft, mir zu sagen, dass es ein Fehler war, ihn in Kettari zu treffen, weil die Verteilung der Kräfte hier nicht besser sei als in deinen Träumen.«
»Stimmt«, gab Lonely-Lokley ruhig zur Antwort. »Weißt du, Max, ich glaube, für uns wäre es das Beste, ihn endgültig zu töten. Würde dir dein geheimnisvoller Freund dabei helfen? Ich meine den Mann, der dir von Kiba Azach erzählt hat?«
Ich zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen? Wir können es versuchen. Aber lass uns erst was trinken. Die Atemübungen sind zwar prima, doch es gibt noch andere gesundheitsfördernde Maßnahmen, findest du nicht?«
»Da hast du Recht«, sagte Lonely-Lokley und nickte verwirrt. »Ich muss mich auch unbedingt stärken.«
Wir tranken schweigend einen herben, fast schwarzen Rotwein. Ich fühlte mich erstaunlich gut - ganz leicht und bar aller Gedanken. In meinem Kopf herrschte Leere.
Schürf sah mich fragend an. »Lass uns spazieren gehen«, sagte er und stand auf. In diesem Moment wusste ich, wohin wir gehen sollten, obwohl ich noch immer keinen Schimmer habe, wie ich darauf gekommen bin. Ich setzte einfach einen Fuß vor den anderen und hatte keine Kraft, Widerstand zu leisten. Lonely-Lokley fragte mich nicht nach unserem Ziel - sein Vertrauen in mich war möglicherweise grenzenlos geworden.
Wir gingen zur Stadtmauer. Noch vor ein paar Tagen hatte Schürf Kettari nicht verlassen können. Inzwischen aber hatte ich keinen Zweifel, dass ihm das mühelos gelingen würde. Obendrein konnte ich ihm immer sagen, er brauche keine Angst zu haben, weil Kiba Azach unschädlich gemacht war und in seiner Hand gefangen saß.
Aber das war gar nicht nötig. Wir verließen Kettari problemlos und bewunderten die uns schon bekannten Wacharibäume und andere ländliche Idyllen.
Auf verschiedenen Wegen spazierten wir vor uns hin, und ich wusste nicht einmal, ob meine Beine den Boden berührten. Es interessierte mich auch nicht. Ein bemerkenswertes Machtgefühl durchflutete mich. Während des Spaziergangs hatte ich den Eindruck, ich könnte tun, was immer mir beliebt. Doch ich hatte keine revolutionären Gedanken. Ich wollte nur mit Schürf Drahtseilbahn fahren. Mochte dann geschehen, was wolle.
»Was ist das?«, fragte Lonely-Lokley erstaunt. Vor uns befand sich die Talstation der Drahtseilbahn, und in der Ferne ragte die mir ebenfalls bekannte Silhouette meiner Stadt in den Bergen auf. Ich sah meinen Begleiter freundlich an: »Erkennst du die Stadt nicht? Hier bist du vor kurzem noch gewesen.«
»Ist das die Stadt aus deinen Träumen?«
»Ja, aber inzwischen auch aus deinen. Komm, fahren wir hoch.«
Die Kabinen der Drahtseilbahn waren für zwei Personen gedacht. Sir Schürf sah wie verzaubert mal nach oben, mal nach unten. Sein Schweigen wirkte nicht so reserviert wie sonst,
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