Das Echo
Hauses erhängt. Eine Rekonstruktion aufgrund von Indizien ließ vermuten, daß Fenton bei seiner Rückkehr aus den USA am 3. Juli ihren Abschiedsbrief auf dem Tisch im Vestibül vorgefunden und daraufhin im ganzen Haus nach ihr gesucht hatte. Es scheint keinen Zweifel daran zu geben, daß er selbst die Tote heruntergenommen und auf das Bett gelegt hat. Ebensowenig kann bezweifelt werden, daß er danach seine Stieftochter anrief und sie bat, noch am selben Abend mit ihrem Mann nach Knightsbridge zu kommen. Er warnte sie nicht vor dem, was sie vorfinden würde, und erwähnte mit keinem Wort, daß er selbst nicht dasein würde, sondern sagte nur, daß er die Tür unverschlossen lassen würde. Ihrer Beschreibung zufolge wirkte er bei dem Gespräch »sehr erschöpft«.
Im Gegensatz zu Lord Lucan, der nach der amtlichen Untersuchung des Todes von Sandra Rivett offiziell unter Anklage gestellt wurde, wurde Peter Fenton von jeglicher Schuld am Tod seiner Frau Verity freigesprochen. Das Untersuchungsgericht erkannte auf »Selbstmord in einem Zustand geistiger Verwirrung«, nachdem ihre Tochter ausgesagt hatte, Verity Fenton sei in der Zeit der Abwesenheit ihres Mannes ungewöhnlich deprimiert gewesen. Dies wurde durch den Abschiedsbrief bestätigt, der folgenden Wortlaut hatte: »Verzeih mir. Ich kann es nicht länger ertragen, Darling. Bitte mach Dir keine Vorwürfe. Deine Treuebrüche sind nichts im Vergleich zu meinen.«
Es blieb jedoch die Frage: Warum ist Peter Fenton verschwunden? Viele hielten es für logisch, daß mit den »Treuebrüchen« außereheliche Affären gemeint waren, und allenthalben wurde gemutmaßt, Fenton sei in die tröstende Umarmung einer Geliebten geflohen. Das erklärt aber weder, wieso sein Wagen verlassen in der Nähe eines Fährhafens am Kanal gefunden wurde, noch, weshalb er sich weiterhin versteckt hielt, nachdem der Urteilsspruch der Geschworenen zum Tod seiner Frau veröffentlicht worden war. Das allgemeine Interesse begann sich auf seinen Arbeitsplatz im Auswärtigen Amt zu konzentrieren und die beiden Posten, die er in Washington (1981-83 und 1985-87) innegehabt hatte, wo er dem Vernehmen nach zu streng geheimen Informationen über die NATO Zugang gehabt hatte.
War es Zufall, daß Fenton nur Wochen nach der Verhaftung Nathan Dribergs 1 in Amerika verschwunden war? Warum hatte er die fünftägige Reise nach Washington allein unternommen, obwohl er gewußt haben mußte, daß seine Frau unter einer schweren Depression litt? Konnte es ein verzweifelter Versuch gewesen sein herauszufinden, ob Driberg reden würde, um danach Verity die Gewißheit geben zu können, daß ihm nichts passieren würde? Denn warum hatte sie von »Treuebruch« geschrieben, bevor sie sich erhängt hatte, wenn nicht, weil sie gewußt hatte, daß ihr Mann ein Spion war? Jetzt wurden nicht mehr Parallelen zu Lord Lucan gezogen, sondern zu Guy Burgess und Donald MacLean, den berüchtigten Spionen im Auswärtigen Amt der dreißiger und vierziger Jahre, die 1951 verschwanden, nachdem Kim Philby sie gewarnt hatte, daß die Ermittler der britischen und amerikanischen Spionageabwehr ihnen auf der Spur seien. Hatte Peter Fenton wie Donald MacLean seine Vertrauensstellung bei unserer Botschaft in Washington dazu benutzt, sein Land zu verraten?
Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren; denn wenn Peter Fenton in der Tat ein Verräter war, dann hat er den Verrat um des Geldes willen begangen, wird also kaum wieder auftauchen wie 1956 Burgess und MacLean in Moskau, die sich auf langjährige Verbundenheit mit dem Kommunismus beriefen. Bei den Gewinnen, die das Driberg-Syndikat angeblich gemacht hat, könnte er Millionen gescheffelt und in der Schweiz deponiert haben, mit denen er sich eine neue Identität hätte finanzieren können. Doch seiner Stieftochter Marilyn Burghley zufolge wäre es falsch anzunehmen, daß er von seinem Verrat profitiert hat. »Peter hat meine Mutter angebetet. Ich habe keinen Moment geglaubt, daß ›Treuebrüche‹ bedeutete, daß er Affären hatte. Und das heißt wohl, daß ich akzeptieren muß, daß er sein Land verraten hat und sie davon wußte. Vielleicht hat er sie gebeten, mit ihm zu verschwinden, und als sie sich weigerte, hat er sie vielleicht beschuldigt, ihn nicht zu lieben. Meiner Ansicht nach muß es zu einer schrecklichen Auseinandersetzung zwischen ihnen gekommen sein, daß sie sich auf diese Weise das Leben genommen hat. Wie immer auch die Wahrheit aussieht, ein Leben ohne sie wäre für
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