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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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die drei oder mehr Meter in die Tiefe reichen und zu deren Herstellung nicht weniger als vierzig Tonnen Boden an die Oberfläche transportiert werden mußten. Die unterirdischen Kammern beherbergen die Pilzgärten. Die Ameisen übertragen eine bestimmte Pilzart in spezielle Kompostbeete, zu deren Vorbereitung sie Blätter in kleine Stückchen zerkauen. Statt unmittelbar auf die Suche nach ihrer eigenen Nahrung zu gehen, suchen die Arbeiterinnen nach Blättern, um daraus Kompost zu machen. Der „Appetit“ einer Kolonie von Blattschneiderameisen auf Blätter ist gewaltig. Dies macht sie zu einem erheblichen Schädling für die Wirtschaft, aber die Blätter sind nicht ihre eigene Nahrung, sondern die ihrer Pilze. Schließlich ernten und verzehren die Ameisen die Pilze und füttern ihre Brut damit. Die Pilze sind beim Aufspalten des Blattmaterials leistungsfähiger, als es der Magen der Ameisen wäre, daher profitieren die Ameisen von dieser Einrichtung. Und obwohl die Pilze geerntet werden, ist es möglich, daß sie ebenfalls davon profitieren: Die Ameisen verbreiten die Pilze nämlich wirkungsvoller, als diese mit ihrem Mechanismus der Sporenausstreuung selbst dazu in der Lage sind. Außerdem „jäten“ die Ameisen die Pilzgärten, das heißt, sie halten sie von anderen Pilzarten frei. Da dadurch die Konkurrenz beseitigt wird, könnte dies den von den Ameisen gezogenen Pilzen nützen. Man könnte sagen, daß eine Art wechselseitiger Altruismus zwischen Ameisen und Pilzen besteht. Es ist bemerkenswert, daß sich bei Termiten, die nicht im geringsten mit ihnen verwandt sind, ein sehr ähnliches System des „Pilzanbaus“ entwickelt hat.
    Ameisen kultivieren nicht nur Pflanzen, sie haben auch ihre eigenen Haustiere. Blattläuse sind hochspezialisierte Pflanzensauger. Ihre Leistungsfähigkeit beim Heraussaugen des Saftes aus den Leitungsbahnen der Pflanzen ist recht groß. Wenn sie anschließend den Saft verdauen, scheiden sie eine Flüssigkeit aus, der lediglich ein Teil ihres Nährwertes entzogen worden ist. An ihrem Hinterende sondern sie ständig Tröpfchen von zuckerreichem „Honigtau“ ab; manche scheiden pro Stunde mehr davon aus, als sie selbst wiegen. Der Honigtau regnet normalerweise auf den Boden herunter – es ist sehr gut möglich, daß es sich bei der als „Manna“ bezeichneten göttlichen Speise des Alten Testaments um Honigtau gehandelt hat. Aber es gibt mehrere Ameisenarten, die ihn auffangen, sobald er die Blattlaus verläßt. Die Ameisen „melken“ die Blattläuse, indem sie mit ihren Fühlern und Beinen über deren Hinterleib streichen.
    Die Blattläuse reagieren darauf; in einigen Fällen halten sie offensichtlich ihre Tröpfchen so lange zurück, bis eine Ameise sie berührt, oder sie halten sogar ein Tröpfchen fest, wenn eine Ameise noch nicht bereit ist, es entgegenzunehmen. Es ist darauf hingewiesen worden, daß einige Blattläuse, um die Ameisen besser anzulocken, einen Hinterleib entwickelt haben, der wie das Gesicht einer Ameise aussieht und sich auch so anfühlt. Was die Blattläuse aus der Beziehung zu gewinnen haben, ist anscheinend Schutz vor ihren natürlichen Feinden.
    Wie unser Milchvieh führen sie ein geschütztes Leben, und Blattlausarten, die häufig von Ameisen kultiviert werden, haben ihre üblichen Verteidigungsmechanismen eingebüßt. In einigen Fällen pflegen die Ameisen die Blattlauseier in ihren eigenen unterirdischen Nestern, füttern die jungen Blattläuse und tragen sie schließlich, wenn sie erwachsen sind, vorsichtig auf die geschützten Weideflächen hinaus.
    Eine Beziehung zum gegenseitigen Nutzen zwischen Angehörigen verschiedener Arten wird als Mutualismus oder Symbiose bezeichnet. Angehörige verschiedener Arten haben einander häufig viel zu bieten, da sie unterschiedliche „Fertigkeiten“ in die Partnerschaft einbringen können. Eine derartige grundlegende Asymmetrie kann zu evolutionär stabilen Strategien gegenseitiger Zusammenarbeit führen. Blattläuse haben die richtige Art von Mundwerkzeugen, um Pflanzensaft zu saugen, aber zum Saugen geeignete Mundwerkzeuge sind nicht gut für die Selbstverteidigung. Ameisen wiederum sind nicht besonders gut darin, Saft aus Pflanzen herauszusaugen, aber sie verstehen sich aufs Kämpfen.
    Ameisengene für das Halten und Schützen von Blattläusen sind in Ameisengenpools begünstigt worden. Umgekehrt sind in Blattlausgenpools Gene für die Zusammenarbeit mit Ameisen gefördert worden.
    Symbiotische Beziehungen

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