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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Hinsicht identisch sind. Wir haben angenommen, daß Falken und Tauben gleich stark sind, gleich gut mit Waffen und Rüstungen ausgestattet und daß sie bei einem Sieg gleich viel gewinnen. Für ein Modell ist dies eine geeignete Annahme, aber sie ist nicht sehr realistisch. Parker und Maynard Smith beschäftigten sich als nächstes mit asymmetrischen Auseinandersetzungen. Wenn sich die Individuen beispielsweise in Größe und Kampffähigkeit unterscheiden und jedes Individuum in der Lage ist, die Größe eines Rivalen im Verhältnis zu seiner eigenen abzuschätzen, beeinflußt dies dann die sich herausbildende ESS? Ganz ohne Zweifel tut es das.
    Es scheint drei Hauptarten von Asymmetrien zu geben. Die erste haben wir gerade erwähnt: Die Individuen können in Körpergröße oder Kampfausrüstung verschieden sein. Zweitens können sie sich darin unterscheiden, wieviel sie bei einem Sieg zu gewinnen haben. Zum Beispiel dürfte ein altes Männchen, das sowieso nicht mehr lange zu leben hat, weniger zu verlieren haben, wenn es verletzt wird, als ein junges Männchen, das den Hauptteil seines reproduktiven Lebens noch vor sich hat.
    Drittens ist es eine seltsame Konsequenz der Theorie, daß eine rein willkürliche, augenscheinlich irrelevante Asymmetrie zu einer ESS führen kann, da sie zum schnellen Beilegen von Streitfällen benutzt werden kann. Beispielsweise wird in der Regel einer der Kämpfer zufällig früher auf dem Kampfplatz ankommen als der andere. Nennen wir sie den Ansässigen beziehungsweise den Eindringling. Der Einfachheit halber gehe ich zunächst davon aus, daß weder der Ansässige noch der Eindringling generell im Vorteil ist. Wie wir später sehen werden, gibt es praktische Gründe, weshalb diese Annahme vielleicht nicht der Realität entspricht, aber darum geht es jetzt nicht. Entscheidend ist folgendes: Selbst wenn es keinen Grund zu der Annahme gäbe, daß die Ansässigen den Eindringlingen gegenüber generell im Vorteil sind, würde sich wahrscheinlich eine von der Asymmetrie als solcher abhängige ESS entwickeln. Eine einfache Analogie ist das Werfen einer Münze, um einen Streit rasch und ohne viel Aufhebens beizulegen.
    Die bedingte Strategie „Wenn du der Ansässige bist, greif an; wenn du der Eindringling bist, zieh dich zurück!“ könnte eine ESS sein. Da wir davon ausgehen, daß die Asymmetrie willkürlich ist, könnte die entgegengesetzte Strategie „Wenn Ansässiger, zieh dich zurück; wenn Eindringling, greif an!“ ebenso stabil sein. Welche der beiden evolutionär stabilen Strategien in einer bestimmten Population zur Anwendung kommt, wäre davon abhängig, welche zufällig zuerst eine Mehrheit erreicht. Wenn einmal eine Mehrheit von Individuen eine dieser beiden bedingten Strategien anwendet, so werden jene bestraft, die von ihr abweichen. Das macht sie definitionsgemäß zu einer ESS.
    Nehmen wir beispielsweise an, alle Individuen spielen „Ansässiger gewinnt, Eindringling läuft davon“. Das bedeutet, sie gewinnen die Hälfte ihrer Kämpfe und verlieren die andere Hälfte. Sie werden niemals verletzt und vergeuden niemals Zeit, da alle Auseinandersetzungen sofort durch die willkürliche Vereinbarung beigelegt werden. Stellen wir uns nun vor, es trete ein aus einer Mutation entstandener Rebell auf. Nehmen wir an, er spielt eine reine Falkenstrategie, greift also immer an und weicht niemals zurück. Er wird gewinnen, wenn sein Gegner ein Eindringling ist. Ist sein Gegner ein Ansässiger, so geht er ein großes Risiko ein, verletzt zu werden.
    Im Durchschnitt wird er eine niedrigere Prämie erzielen als Individuen, die sich entsprechend den willkürlichen Regeln der ESS verhalten. Ein Rebell, der die umgekehrte Strategie „Wenn Ansässiger, lauf fort; wenn Eindringling, greif an“ ausprobiert, wird sogar noch schlechter abschneiden. Nicht nur wird er häufig verletzt werden, er wird auch selten einen Kampf gewinnen. Stellen wir uns nun jedoch vor, durch einige zufällige Ereignisse gelänge es den Individuen, die sich nach dieser umgekehrten Regel verhalten, die Mehrheit zu erlangen. In diesem Fall würde ihre Strategie zur stabilen Norm werden, und nunmehr würde das Abweichen von dieser Strategie   bestraft. Vermutlich könnten wir, wenn wir eine Population viele Generationen lang beobachten würden, eine Reihe gelegentlicher Umschwünge von einem stabilen Zustand in den anderen feststellen.
    Doch im realen Leben existieren wahrscheinlich keine wirklich willkürlichen

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